Die politische Schlacht um den Bahnhof

Am Donnerstag war es mal wieder soweit… Die SVP lud zum Anlass «SVP bi de Lüüt» im Bahnhof Zürich ein. Zu bester Zeit am Abend gegen Ende der Hauptverkehrszeit.

Diese «Provokation» liessen sich die «Gegner» der Partei natürlich nicht entgehen und bliesen zur Halali. Als «Puure-Toni» mit seiner Ansprache begann, wurde ein grosser Tumult gemacht und offenbar wurden auch Gegenstände geworfen, mindestens musste eine Teilnehmerin der Veranstaltung zur Pflege kurz ins Spital. Vermutlich waren nicht nur linke Gegendemonstranten dabei, sondern auch Andreas antikapitalistische, anti-demokratische Junior-Terrortruppe.

Nun kann man natürlich von einer staatsfeindlichen Gruppierung, wie dem RA, nicht die Respektierung von Gesetzen und Ordnung erwarten. Dass sich aber sogar Exponenten der SP mindestens teilweise mit der Aktion solidarisierten, zeigt meines Erachtens den Zustand des politischen Systemes auf. Nicht, dass ich einer, mit der populistischen Drecksschleuder agierenden, SVP hier einen Persilschein ausstellen will. Es sind beide Exponenten links wie rechts, welche offenbar lieber den Anderen schaden, als ein gemeinsames Werk (Schweiz) errichten und behalten wollen.

Nun, warum haben die SBB überhaupt diese Veranstaltung bewilligt. Hat doch das beherzte Eingreifen unserer Freunde und Helfer in der Kampfmontur mit Tränengas sicher auch unbeteiligte Passanten und Konsumenten im Bahnhofstempel tangiert.

Wir erinnern uns (gut, ich erinnere mich), die wannersche Bahnhofhalle war ja bis gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts vollgestopft mit Billettschalter, Gepäckabfertigung und sogar einem Kino. Erst 1996 wurde die Halle von allem Ballast befreit und galt danach (für kurze Zeit) wieder als architektonisches Wunderwerk mit luftiger Aussicht auf «Das philosophische Ei» von Mario Merz oder auf die Nana, dh. den «Ange Protecteur» von Niki de Saint Phalle.

Aber die SBB ist per politischem Auftrag zu ökonomischem Umgang mit der Kohle angehalten und die Immobilien sind je länger, je mehr eine Goldgrube. Was liegt näher, als diese schöne, nun leerstehende Halle mit kommerziell erfolgreichem Budenbetrieb zu nutzen. Sei das ein «Weihnachtsmarkt», ein «Oktoberfest» oder die Aufführung von Verdis «La Traviata» und so weiter.

Nun hat die SBB seit längerem Werbeplakate an den Bahnhöfen. Schon 1979 kam regelmässig ein Mitarbeiter der APG und klebte mit einer lässigen Eleganz und hoher Geschwindigkeit neue Plakate beim Bahnhof Würenlos. Früher war es selbstverständlich, dass da nur «anständige» Werbung geklebt wurde. Also ganz sicher nichts religiöses, aber auch keine politische Aussagen, mE war sogar Autowerbung am Bahnhof früher verpönt.

Nun die Zeit und die Ertragslage wandelte sich und immer mehr Werbung verbreitete sich in den Bahnhöfen. Besonders ärgerlich sind meines Erachtens diese Rollplakate. Aber auch Verteilaktionen mitten im Passantenstrom, zB am Bahnhof Bern, führen zu Aufläufen.

Ja, und dann kamen die religiösen Plakate mit Bibelzitaten der «Agentur C.» im Bahnhof Bern. Vorne beim Zugang zur RBS schauten mich plötzlich finstere Messermörder oder Minarett-Raketen der SVP-Wahlplakate mit dem feissen «Sünneli» im grünen Eck grimmig an.

Als es in Zürich wegen einem anti-israelischen Plakat zu Diskussionen kam, versuchten die SBB es wieder mit einer gewissen Regulierung. Aber oha, die Rechnung ohne den Wirt gemacht! Das Bundesgericht entschied schlussendlich als letzte Instanz, dass die SBB einen öffentlichen Auftrag hätten.

Aber auch das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat 2011 in einer aufsichtsrechtlichen Weisung gegen die Appenzeller Bahnen und die Südostbahn festgehalten, dass die Bahnhöfe in der Schweiz dem «Gemeingebrauch» anheim fielen und dass zudem die Grundrechte der Verfassung zu respektieren seien.

Wie man sieht, sind die befugten Behörden und politischen Instanzen also zu einen grossen Teil an diesem Schlamassel beteiligt.

Somit sind politische Werbung, Verteilaktionen oder sogar solche Auftritte der SVP zu gestatten. Natürlich schön ausgewogen und bezahlt.

Urs Samstag 01 August 2015 - 2:47 pm | | default
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