Auszeit!

Auszeit, die, auch Sabbatical, das

Nun arbeitet der Ursli ja schon ein ganzes Weilchen beim gleichen Arbeitgeber. Der hat sich in der Zeit, seit dem ich damals im Jahr und Monat, in welchem der Ayatolla Chomeini die islamische Republik Iran ausrief, meine Lehrstelle antrat, doch weidlich verändert.

War ich zu Anfang noch ein «Beamter» (mit zB Wohnsitzpflicht am Arbeitsort oder Verbot, in einem Betrieb mit Alkoholausschank zu arbeiten), so wurde das noch kurz vor dem Ende des zwanzigsten Jahrhundert zu einem «Angestellten» mit einem regulären Arbeitsvertrag. Auch die Arbeitsformen, von der «Einteilung» mit verpflichtenden Anfangs-, Pausen- und Endzeiten über die Stempeluhr zur Selbstnotierung im Excel wandelten sich. Und per Ende 2009 wurde mir mitgeteilt, dass mein neuer Job auf den 1.1.2010 grundsätzlich den Verzicht auf die Arbeitszeitnotierung beinhalte.

Erst war ich ein wenig nervös. Es kam mir einerseits befreiend vor, andererseits war ich mir bewusst, dass ich früher Zeiten erlebt hatte, in welchen ich täglich zwölf bis vierzehn Stunden arbeitete. Gut, um die Plusstunden abzubauen, hatte ich damals einfach irgendwann begonnen, um 16 Uhr auszustempeln und trotzdem weiterzuarbeiten. Aber das ist eine andere Geschichte.

Anfänglich schrieb ich mir meine Arbeitszeiten noch auf und kontrollierte mich so ein wenig, aber irgendwie stimmte das Paket Leistungen des Arbeitgebers vs. meine Zeit/Arbeit für mich schon.

Nun hat mein Arbeitgeber die Regelung, dass mit dem heute – nach einem Bundesgerichtsurteil wegen dem Bankenplatz Zürich – freiwilligen Verzicht auf die Zeitaufschreibung in meiner Funktionsstufe nach sieben Jahren eine Auszeit gewährt wird. Das wäre bei mir auf den 1.1.2017 möglich gewesen. Da wir dann gerade (mal wieder) in einer Reorganisation steckten, schob ich die Auszeit um das eine maximal mögliche Jahr auf 2018.

Also legte ich damals im Herbst 2017 meinem Vorgesetzten dieses schöne Formular hin und wünschte mir August und September 2018 als Auszeit, was mir dankenswerterweise gewährt wurde.

Zuletzt so lange weg an einem Stück, war ich 1993 (7 Wochen) und 1994 (8 Wochen). Einmal mit erarbeiteter Pluszeit und einmal mit drei oder vier Wochen unbezahltem Urlaub.

Was plante ich nicht alles in der Auszeit zu tun?

Die Bäcker-Idee

Erst wollte ich meinem Hobby, dem Backen von Brot, frönen. Die Idee war, mich bei einer Bäckerei zu erkundigen, ob ich als «Anzulernender» unterkomme. Natürlich sollte es eine Bäckerei sein, die selber Brotteige herstellt. Keine Konditorei, da mir das filigrane Arbeiten wohl nicht so gelingt.

Aber ich wollte dabei auch keiner jungen Person eine Lehrstelle oder ein Praktikum wegnehmen. Zudem hatte ich auch ein wenig Angst, dass ich die körperliche Arbeit nicht genügend schaffe. Ich wollte ja nicht im Weg herumstehen. Also trat das Thema irgendwann in den Hintergrund.

Das Wandern ist des Müller Lust

Etwas mit und für den Körper tun, das wäre doch was für den Phlegmatiker, zu dem ich geworden bin (doch, doch, ich hatte durchaus eine sportliche Jugend).

Erste Idee, mit einer Reise verbinden! Wer kennt nicht «A Walk in the Woods» (Deutsch: Picknick mit Bären) von Bill Bryson? Wäre ja passend… Aber dann brachte mich Kollege Th. R. auf die Idee, das doch mit der Westküste in Verbindung zu bringen. Also wäre anstelle des Appalachian Trail eher der Pacific Crest Trail (PCT) gefragt.

Ich begann zu recherchieren und wurde erst mutig, dann eher etwas unsicher. Der PCT ist sehr abgelegen und ein grosser Teil des Weges ist sehr hoch gelegen (Sierra Nevada). Man muss also nicht nur das Essen mitschleppen, sondern sich auch sehr gut mit dem Wasser einteilen. Weiterhin muss man sich auch sehr gut um die (ökologisch korrekte) Entsorgung seiner eigenen Hinterlassenschaft kümmern.

Als mir dann der langjährige Kollege und Reisebegleiter H. L. sagte, ich sei ein «dummer, alter Mann, der dann irgendwo von einem Hoger runterfalle» (ungefähr, einigermassen sinngemäss zitiert), war ich erst beleidigt und dann ernüchtert. Wo er recht hat, hat er recht.

Also beschloss ich, die Auszeit zu teilen. Teil 1 sollte Wandern am Rhein (Rheinsteig Wiesbaden bis Bonn) sein, Teil 2 sollte mich in die Staaten führen, wo ich schon länger nicht mehr war.

Was daraus wurde

Ich hatte spät, aber doch noch begonnnen, regelmässig (zweimal wöchentlich) ins Fitness zu gehen. Kombiniert mit einer sonntäglichen Wanderung, sollte das meine Muskulatur aufbauen und meine Ausdauer fördern. Wer dies liest, kennt mich vermutlich und weiss, dass ich keine Traummasse habe (ausser vielleicht die Höhe).

Die Wanderungen zeigten mir rasch, dass ich zwar einigermassen weit gradaus komme, in Steigungen aber regelmässig einbrach. Es wurde zwar von Woche zu Woche etwas besser. Aber die Sommerhitze machte mir echt zu schaffen. Am 1. Juli versuchte ich die Strecke Melchsee-Frutt – Tannalp – Schaftal – Jochpass zu erwandern. Die Muskulatur machte mit und ich hatte auch auf den schmalen Wegen im steilen Gelände nie Angst. Aber der Aufstieg im Schaftal mit rund 240 Höhenmetern auf 2'100 Metern über Meer startend, dazu noch in der Mittagshitze, brachte mich an die Grenzen. Ich schaffte es zwar, brauchte aber auf diesem Abschnitt fast die doppelte Zeit.

Als dann die Auszeit heranrückte, nutzte ich den ersten Sonntag für einen Ausflug nach Pontresina, um der Hitze zu entkommen. Allerdings schlief ich nicht sehr gut und erwachte erkältet. Aus der Wanderung auf die Segantini-Hütte verzichtete ich und machte auf Anraten von Marc A., einem sehr wanderkundigen Menschen, nur eine Flach-Tour bis zur Alp Languard. 

Danach kränkelte ich etwas mehr als eine Woche an der Erkältung und einem fiesen Husten herum. Da es anschliessend auch immer noch so heiss war, strich ich den Rheinsteig auch gleich von der Liste.

Trotzdem ging ich jede Woche auf drei Wanderungen, teilweise alleine, teilweise in Begleitung. Und dazwischen auch noch ein wenig ins Fitness. Die übrigen Tage nutzte ich, wie es gerade kam. Ging mal zum Optiker, kaufte endlich mal einen neuen Toaster und vieles mehr.

Den geschäftlichen Mail-Account löschte ich übrigens beim Start der Auszeit von iPhone und iPad. Ich konnte relativ gut abschalten, auch wenn ich meinen Kollege Hämpu manchmal etwas bedaure. Er wird sich nächstes Jahr revanchieren können!

Und der Rest der Auszeit?

Nun, der zweite Teil meiner Auszeit führt mich mal wieder in die USA. Ich war zwar von den damaligen Wahlen im 2016 enorm enttäuscht und hatte mir geschworen, nun längere Zeit nicht mehr in dieses Land zu reisen. Aber nach zwei Jahren konnte ich nicht anders. Ich musste mal wieder in mein geliebtes Pismo Beach und ins Kon Tiki Inn.

Aber das findet sich dann in Form eines Reisetagebuches in weiteren Artikeln auf diese Blog!

Urs Montag 03 September 2018 - 02:04 am | | default

sechs Kommentare

Wischmop
Wischmop, - 03-09-’18 08:21
Hanspeter Widmer
Hanspeter Widmer, - 03-09-’18 11:50
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