Der Shinkansen kam drei Minuten vor der Weiterfahrt ab und wir standen am richtigen Standort des Wagens, aber natürlich auf der falschen Wagenseite. So mussten wir erst von der 20. zur dritten Reihe durch den Wagen «roifflen», natürlich mit Gegenverkehr. Wir sassen in der selben Reihe aber beide am Gang, dieser Zug war 2x2 bestuhlt und alle gemeinsamen Plätze waren schon ausgebucht gewesen.
Die Fahrt nach Kōbe dauert rund 75 Minuten und durch viele Tunnels, wie fast üblich. In dem Sinne ist es nicht so toll mit der Aussicht, aber man hat bequeme Plätze (auch in der gewöhnlichen Wagenklasse) mit sehr grosser Beinfreiheit und auch die Gepäckablage ist genügend gross für mittlere Rollkoffer, Rucksäcke etc.
Die Zugfahrt endete bei uns im Bahnhof «Shin-Kōbe» (in der App für Platzreservation ist das als ein Wort einzugeben!), dem Shinkansen-Bahnhof am hangseitigen Stadtrand der Stadt. Wir nächtigen hier im ANA Crowne Plaza, welches über eine kurze Passerelle direkt mit dem Bahnhof verbunden ist.
Normalerweise hatten wir meist Zimmer, die recht knapp bemessen sind. Was ja bei den Platzverhältnissen in grossen Städten Japans durchaus verständlich ist. Das Crowne Plaza ist ein ziemlicher Bunker und schon leicht älter, aber das Zimmer hier kostete 200 Franken pro Nacht und ist doch riesig.
Vor allem hat es eine wirklich toll Aussicht aus dem 20. Stock!
Nachdem wir das Zimmer bezogen und unser Gepäck ein wenig ausgebreitet hatten, gingen wir mit der U-Bahn in die Stadt zum Bahnhof Kobe-Sannomiya runter. Die Fahrt kann man mit der Suica-Card (bzw. der Suica App im Wallet des iPhone) bezahlen. Beim Eingang Karte/Handy an den Leser halten, beim Ausgang erneut und der Betrag wird abgebucht. Die kurze Fahrt kostet rund CHF 1.40.
Im Bahnhof genehmigten wir uns ein schönes Bierchen und eine kleine Pizza, die knusprig und recht geniessbar war. Anschliessend schnupperten wir ein wenig auf der Suche nach einem Restaurant für das Nachtessen herum, waren aber erst nicht so erfolgreich. Erst nach der Rückkehr zum Bahnhof Kobe-Sannomiya fanden wir auf der anderen Seite der Gleise die Ausgangsmeile mit unzähligen Gässchen und Izakaya-Bars, aber auch Restaurants.
Wir landeten in einem Restaurant, das leicht koreanisch geprägt war. Es hatte Tische mit Trennwänden zum Rücken und einem halbhohen Sichtschutz mit Tüchern zum Gang. Im Tisch hatte es einen Gasgrill mit eingebautem Dunstabzug, was dem Raumklima massiv entgegen kam. Am Tisch hatte es Lätzchen aus Papier, welche allfällige Fettspritzer und einen Teil des Geruchs auffangen können.
Wir bestellten Reis und ein Dreierlei Kimchi zu Chateaubriand vom Kōbe Rind, vermutlich nicht die allerhöchste Qualität, da noch recht gut bezahlbar. Trotzdem war das Fleisch sehr zart und man konnte es auf dem Grill nach eigenem Gusto mehr oder weniger anbraten.
Danach fanden wir per Zufall ein kleines Café im Bahnhof, welches Espresso feil bot. Leider etwas sauer zu Beginn, war er aber insgesamt doch recht nett. Ein kleines nach Zimt, Kardamom und Lebkuchengewürzen schmeckendes und riechendes Cookie begleitete ihn optimal.
Das Wetter hätte eigentlich eher lau sein sollen, war es aber nicht wirklich. Mindestens am Vormittag gab es noch etwas Sonne und gelegentlich blauen Himmel. Frühstück gab es im Bahnhof «Shin-Kobe», danach ging es mit der Kōbe-Nunobiki Gondelbahn (CWA/Doppelmayr mit Nippon Cable) hoch.
Die Fahrt führt über eine Zwischenstation. Pro Gondel wird immer nur eine «Party» gefahren. Sei es halt eine Einzelperson, obwohl auch vier Personen sehr gut hineinpassen.
Oben angekommen, diese Überraschung. Naja, immerhin trug das Personal keine Trachten… 🤪
Die Gondelbahn gehört zu den «Herb Gardens», welche den halben Berghang zieren. Eine sehr schön gemachte Anlage, die verschiedenen Pflanzen sind mit Schildern beschriftet (und sonst hilft Flora Incognita). Und je nachdem riecht es auch sehr gut.
Eigentlich hatten wir ein Retour-Ticket gekauft, aber wir gingen dann den Weg von der Gipfelstation bis zur Mittelstation zu Fuss, um dort im Café noch ein wenig die Sonne und die Aussicht zu geniessen. Es war, wie wohl fast auf der ganzen Welt, eigentlich viel zu warm, rund 20-22°C.
Leider war die Sicht mit dem Licht der Mittagssonne etwas schwierig.
Am Nachmittag «schuehneten» wir noch in Kōbe herum. Aufgrund der akuten «Unterhopfung» machten wir in einem kleinsten Izakaya halt und bestellten mal wieder lokale Craft Biere. Die Speisekarten für Getränke und Essen waren von Hand in Japanisch geschrieben und stellten sogar die Translator-App vor Herausforderungen. Wir wollten Gyōzas, aber die gab es nicht. Die Translator-App fand aber im Buchstabengewusel auch Fish & Chips. Aber die Bedienung hob wieder beide Hände vor die Augen (schamhaftes «Sorry, haben wir nicht (mehr)»?), doch sie besprach sich mit dem Koch, worauf der nickte. Er verschwand kurz darauf, was Hene mit «der geht das jetzt irgendwo organisieren, glaub's mir» quittierte. Und tatsächlich, nach ein paar Minuten kam er wieder und schob ein kleines Fischfilet in die Fritteuse und zauberte auch die offenbar vorher nicht vorrätigen Pommes hervor.
Danach ging' ins Hafengebiet, wo ebenfalls Hundertschaften von Schulkindern (natürlich adrett in Uniformen) unterschiedlichen Alters herumgeführt wurden. Und junges Paar machte Hochzeitsfotos und auch sonst war viel Betrieb. Die ersten Menschen mit Halloween-Kostümen waren sichtbar.
Beim Eindunkeln waren dann etwas weniger Menschen da, als Hene noch das letzte Licht ausnutzte, um das Hafenschild mit dem Hotel hintendrin zu fotografieren.
Der Hafenturm, tagsüber nicht sehr spektakulär und der filigrane Aufbau auf dem maritimen Museum von Kōbe machten sich sehr schön im letzten Licht des Abends.
Wir wollten mit einem Gelenk-Bus (der erste, den wir in Japan sahen) vom Hafen zurück zum Bahnhof Kobe-Sannomiya, aber der hielt nur ein paar hundert Meter vorher und fuhr dann gleich durch bis «Shin-Kobe». Wobei «Durchfahren» ein grosses Wort ist. Der ÖV hat hier keine spezielle Periodisierung und die Grünphasen dauern ewig.
Eh, egal, wir fuhren umgehend mit der U-Bahn zurück und fanden wenige Meter neben dem Bahnhof ein Lokal im dritten Obergeschoss. Man tritt hier vom Lift direkt ins Restaurant und wird sofort von einer Angestellten begrüsst. Das Lokal hatte nur rund 8 Sitzplätze an drei Teppanyaki, wobei nur vier Personen anwesend waren. Wir bekamen die Speisekarte und schluckten dann erst leer. Aber schliesslich hat das letzte Gewand keine Taschen.
Das Menu bestand aus einem ersten Gang mit zwei hauchdünnen Scheiben rohem Rindfleisch auf fein geraspelten Zwiebeln mit einem Chutney, dazu ein Ngiri mit rohem Rindfleisch. Danach kam eine kleine Tasse mit Kürbissuppe, bevor der Koch auf dem Grill unser Rindfleisch zubereitete. Zu jedem Fleischstück gab es eine Empfehlung, wie zu geniessen (zB mit etwas Wasabi und Sojasauce oder das Filet mit einer Scheibe geröstetem Knoblauch und ein wenig Salz).
Das Gemüse dazu war sehr lecker angebraten und der Reis war angenehm einfach zu Essen. Der Koch lobte unsere Stäbchen-Technik, was wohl den zwei Holländerinnen geschuldet war, welche schon vorher gegessen hatten und sich mit westlichem Besteck begnügten. 😇
Dazu gab es auch noch eine kleine Miso-Suppe und schlussendlich noch ein Dessert mit frischen Früchten und winzig kleinen Stücken Patisserie.
Am Schluss waren wir alleine im Restaurant und wir waren unsicher, ob sie es nach uns auch schlossen. Wir bekamen ganz vielen tiefen Dank mit Verbeugungen und gingen proppenvoll, aber auch rund 300 Franken «ärmer» davon.
Wir landeten wiederum im selben Café wie am Vorabend und guckten eine Zeit lang dem Treiben auf der stark belebten Fussgängerpassage und die vielen leicht(est) bekleideten jungen Personen in Halloween-Bemalung und -Bekleidung zu. Wobei der junge Mann mit nacktem Oberkörper und nur einer Windel schon etwas den Boden aus dem Fass schlug.
Danach ging es zurück ins Hotel, wo ich diesen Artikel fertig schreibe, derweil der Hene bereits «leichte Atemgeräusche» von sich gibt.
Morgen geht es weiter nach Nagoya, die restlichen Hotelübernachtungen haben wir auch schon gebucht, denn das Ende naht, unweigerlich und das ist ja auch in Ordnung so.