#ToTheNorth23, Adieu Yukon

19. September 2023 Lesezeit: 23 Minuten

Whitehorse – Carcross – Teslin Lake

Wir frühstückten, während in der Canadream Autovermietung gleich nebenan im Campground fleissig Truck Camper hergerichtet wurden. Gemäss der Angestellten dort seien es hauptsächlich Einwegmieten, bei denen die Fahrzeuge nach Calgary verbracht würden. Dort würde auch im Winter der Unterhalt gemacht.

Vier Canadream Truck-Camper stehen zwischen den Bäumen auf den Stellplätzen im Campground

Wir beschlossen, kurz in die Stadt runter zu fahren, um noch ein wenig Lebensmittel zu kaufen. Insbesondere Trinkwasser und Saft stand auf dem Plan. Was wir dann alles gekauft haben, bleibt unser Geheimnis. Nach Walmart (Wasser) ging es zum Save On Foods und am Schluss war die vermaledeite Rechnung doch wieder grösser als 100$. 🙈

Downtown Whitehorse, der Save On Foods Supermarkt, davor eine grosse Canada-Fahne im Wind

Frisch betankt, machten wir auch noch einen Abstecher zur Alpine Bakery, um uns ein gut haltbares Roggenbrot, ein frisches Vollkornbrot und ein paar Leckereien zu erstehen. Wir hatten Glück, kurz vor 11:45 Uhr dort zu sein, denn die Bäckerei schloss bis rund 13:30 für den Earth Climate Strike. Support your Youth, stand auf dem Zettel. Beim Rausgehen trafen wir einen Mann aus der Nachbarschaft, der abgeblitzt war und unsere Einkäufe bemerkte. Er meinte nur Achselzuckend: «Sometimes you win, sometimes you loose!».

Frisch versorgt fuhr ich aus der Stadt hinaus und auf dem Alaska Highway in Richtung Südosten los. Kurz nach der Stadt fuhren wir aber auf den Klondike Highway 2 in Richtung Carcross ab. Unterwegs sahen wir einen mit Pannenblinker am rechten Strassenrand stehenden Wagen. Ich bremste ab und kam kurz hinter ihm zum stehen. Im Strassengraben, wo Bauarbeiten für die Telecom (vermutlich Glasfasern verlegen) stattfinden sollten, war die Erde etwas planiert und dort wühlte mit grossem Ernst und Effort ein Grizzly und frass etwas. Ob es Wurzeln oder tierisches Protein war, liess sich nicht genau sagen. Es hielten noch etliche andere Autos oder kehrten weiter vorne. Der Grizzly war leicht im Gegenlicht und liess sich aber von den vielen Zuschauern nicht beeindrucken. Nicht einmal, als ein Einheimischer mit zügigem Tempo voll auf der Hupe stehend, durchfuhr, liess er von seiner Nahrungssuche ab.

Ein Grizzlybär steht im Strassengraben und schaut fragend auf

Etwas später kamen wir zum «Emerald Lake», den Rosette und ich schon 2019 besucht hatten. Damals war das Wetter aber eher grau und das Licht schlecht. Das konnte man dieses Mal nicht behaupten. 🥰

Der von Bäumen im Herbstlaub bestandene, smaragdfarbene Emerald Lake

In Carcross besuchten wir kurz den kleinen Marktplatz und holten uns im hiesigen Café eine kleine Zwischenverpflegung. Der doppelte Espresso war wirklich gut und Adi erfreute sich an einer frisch gebackenen Pizza.

Mit traditionellen Motiven der First Nation bemaltes Café, davor grüne Gartentische/-Stühle

Danach steuerten wir den uns bekannten Campground am Teslin Lake an und fanden tatsächlich den selben Stellplatz zu unserer Zufriedenheit und wir Männer machten uns daran, das hiesige Bier zu dezimieren. Schliesslich darf man Yukon Bier nur im Yukon trinken, nicht? 🥹😇

Adrian und Urs mit einem hopfenhaltigen Getränk am Campfire

Wir hatten noch ein paar Schweinswürste aus lokaler Produktion in Whitehorse, welche wir als Apéro mit ein wenig Brot auf dem Grill rösteten. Als Hauptgang gab es mal wieder ein paar Resten, so dass es ein feines Potpourri wurde.

Der holzbefeuerte Camping-Grill. Darauf zwei Bratwürste und geröstetes Brot

Nach dem Nachtessen ging ich noch kurz durch den Campground und landete am See, wo mich ein letztes zartes Leuchten der Sonne begrüsste. Danach fand ich den Aufstieg, den wir damals beim ersten Besuch benutzt hatten und war wieder bei unserem Stellplatz. Durch den dunklen Wald muss man nur immer sagen: «Bären schlafen Nachts, Bären schlafen Nachts!», dann begegnet einem auch keiner, Ehrenwort, gell Adi! 😜

Teslin Lake – Watson Lake

In der Nacht und am folgenden Tag regnete es immer wieder mal ein wenig und die Fahrt nach Watson Lake war deshalb eher unspektakulär. Watson Lake selber macht nicht so viel her. Wir hatten kurz zu den Campgrounds recherchiert, als wir noch Empfang hatten. Die beiden in der Stadt befindlichen privaten Campgrounds haben eher durchzogene Noten und deshalb fuhren wir zuerst zum öffentlichen Watson Lake Campground. Der Campground wurde zum Glück den Internet-Kritiken, dass die Mücken extrem aggressiv seien, nicht gerecht.
Wir fuhren dann zuerst in die Stadt, besichtigten die privaten Campgrounds von Ferne und beschlossen, danach doch lieber in den State Campground zu fahren. Erst tankten wir den Wagen voll und konnten dort auch gleich den Frischwassertank füllen. Im Stadtpark gibt es eine Möglichkeit, die Abwasser-Tanks zu entleeren, was wir allerdings auf den nächsten Morgen verschoben. Im State Campground hinten gab es noch ein wenig Sonne, so dass wir uns ein wenig in die Campingstühle setzen konnten.

Wege im Campground, links und rechts Bäume. Die Pappeln mit goldgelben Blättern. Im Hintergrund unsere Motorhome

Zuerst dachten wir, dass das Holz eher nass sei, da die Umgebung recht feucht war. Allerdings liessen sich die grossen «Trämel» sehr gut spalten. Während wir den «Camp Robber» zuschauten, welche unseren Philadelphia Creamcheese klauen wollten, luden wir ein ordentliches Feuer, um uns zu wärmen.

Brennende und glühende Holzscheite im Camping-Grill

Watson Lake – Liard Hotsprings

Wir sind nun etwa zwei Tage im Vorsprung zu unserer Grobplanung. Die Zeit mit dem Motorhome, welche erst unendlich lange erschien, ist plötzlich endlich geworden.
In der Nacht bzw. gegen den frühen Morgen hatte es noch einmal ordentlich geregnet und deshalb wurde es nicht ganz so kalt.
Nach dem Frühstück fuhren wir nach Watson Lake und konnten unsere Tanks kostenlos im öffentlichen Park in der Stadtmitte entleeren. Danach ging es noch einmal zur Tankstelle vom Vortag. Auf eine scheue Frage, ob wir noch einmal Trinkwasser tanken dürfen, hiess es freundlich «Just help yourself!» und so ging es gut versorgt auf dem Alaska Highway in Richtung Süden bzw. Osten.
Der AlCan fährt hier etwas Schleifen und man springt ständig zwischen Yukon und British Columbia hin und her. Das Wetter war durchzogen, hin und wieder nieselte es ein wenig, aber auch die Sonne zeigte sich mal und so waren die Farben am Strassenrand wunderprächtig. Mit persönlich gefällt dieses gelb/gold der Pappeln sehr gut.

Der beinahe spiegelglatte Liard River, die Ufer mit herbstfarbenen Bäumen. Der Himmel ist eisgrau

Die Strasse war ordentlich gut im Schuss und gut zu befahren. Erst wirkte sie sehr unspektakulär. Aber dann ging es los. Wald-Bisons am Strassenrand?! 🥰
Und noch mehr Bisons, an den Waldrändern bis zur Strasse hin hatte es mehrere Herden, welche sich da gemütlich die Bäuche voll schlugen und sich überhaupt nicht von den Autos und LKWs, welche teilweise mit hoher Geschwindigkeit vorbeidonnerten, stören liessen.

Eine Herde Bison, der Bulle flehmt mit erhobenem Kopf

Und kaum waren wir ein paar Kilometer weiter unten, hielt vor uns wieder ein Wagen mit blinkenden Pannenlichtern und da war eine Schwarzbären-Mama mit ihren zwei Kids am Futtern. Gut, bei den Bisons waren einige Leute mit Kameras vorsichtig nahe am Auto ausgestiegen, aber bei den Bären hielten sich alle zurück.

Eine Schwarzbärin im Gras

Eigentlich wollten wir bis zum Muncho Lake fahren, aber in Liard River hielten wir für die hier bekannten «Hotsprings» an. Beim Eingang kauften wir ein Tagesticket für drei Personen à 5 Dollar und fuhren zum Tagesparkplatz. Da wir aber gehört hatten, dass einer der Campgrounds am Muncho Lake schon geschlossen hätte, ging ich noch einmal zurück zum Eingang und fragte nach den anderen. Die seien auch geschlossen, hiess es. Also buchten wir gleich um und blieben im Campground für diese Nacht. Wie üblich war der Campground beschildert, dass es Bären hätte und man alles Essen wegschliessen solle. Nur war diesmal der ganze Campground mit einem Elektrozaun eingezäunt, was die Warnung doch etwas pikanter machte. 😅

Die heissen Quellen werden zwar im Reiseführer mit einer kurzen Notiz beschrieben, sind aber auf jeden Fall einen Besuch wert. Der Campground liegt gleich daneben. Der Zugang zu den Hotsprings geht durch ein Tor im Elektrozaun und führt rund 700 Meter über einen Holzsteg durch sumpfiges Land. Die Bären respektieren das sicher. 😬🥹
Die Anlagen bei den heissen Quellen sehen gut unterhalten aus. Es gibt Umkleidebereiche für Männer und für Frauen, sowie offene Fächer, um seine Ware zu verstauen. Der Zugang ins Wasser geht über eine Treppe mit Handläufen. Der Boden der Becken ist gekiest. Ob das natürlich oder aufgeschüttet ist, lässt sich nicht sagen. Das Wasser ist glasklar und es riecht nur leicht schweflig. Im oberen Pool kann man recht nahe zum Zulauf des heissen Wassers schwimmen oder gehen. Das Wasser ist kaum tiefer als 1.20 Meter. Es ist im unteren Bereich kühl, aber nahe der Oberfläche schwimmt das heisse Wasser vom Zulauf auf. Und das ist richtig heiss. Also schwenkt man immer ein wenig im Wasser von unten nach oben und möchte am Liebsten gar nie mehr heraus. Vor allem, wenn es noch ein wenig von oben nieselt.

Die Liard Hotsprings zwischen Bäumen und Sträuchern

Nach knapp einer Stunde hatten wir beinahe Schwimmhäute und machten uns dann langsam auf den Weg zurück. Und wenn man denkt, es kann doch nicht noch besser kommen, sieht man keine 20 Meter neben den Umkleidekabinen und maximal vier Meter vom hölzernen Steg eine Elchkuh und ihr Junges gemütlich Beeren und Blätter von den Sträuchern streifen.

Eine Elchkuh und ihr Junges im Gestrüpp

Die Elchkuh sah uns an und liess sich nicht beirren, kaute gemütlich das Grünzeug und stellte manchmal die Lauscher in alle Richtungen. Normalerweise schirmte sie das Kleine aber gegen uns ab. Ich bin nicht sicher, wie sie reagiert hätte, wenn wir versucht hätten, vom Holzsteg hinunter zu steigen. Lieber keine Experimente mit Elchen, die sind gehörig gefährlich. Gefährlicher als Bären.

Nach dem Nachtessen begann ich mal diesen Beitrag zu tippen und die Bilder zu sichten/bearbeiten, während Rosette und Adi noch einmal zum Steg gingen. Die Hoffnung, die Elchkuh noch einmal zu sehen und die richtige Kamera dabei zu haben, erfüllte sich jedoch nicht. Dafür gab es noch einmal ein tolles Stimmungsbild mit der Spiegelung im Tümpel.

Die goldgelben Wälder spiegeln sich im baumbestandenen Teich bei den Liard Hotsprings

Liard Hotsprings – Fort Nelson

In der Nacht hatte es wieder ein wenig geregnet und war deshalb nicht so kalt. Rosette und Adi gingen dann noch einmal auf den Steg zu den Hotsprings. Die Hoffnung, noch einmal Tiere zu sehen, blieb eine Hoffnung. Allerdings seien schon kurz nach 8 Uhr viele Menschen im Bad gewesen. Einer hätte sich doch tatsächlich dort die Haare gewaschen.

Zum Frühstück gab es mal wieder Pancakes mit Blaubeeren, welche von Adi natürlich in Ahornsirup ersäuft werden mussten. Wir haben ja noch fast einen halben Liter. 😜

Die Fahrt auf dem Alaska Highway in Richtung Südosten verlief erst etwas öde. Ok, nach den gestrigen Highlights mit den vielen Tieren, war die Erwartung ev. auch etwas zu hoch.

Die Strasse windet sich in Richtung Summit Lake hoch und irgendwann sah ich rechts etwas am Strassenrand. Rosette, welche die Augen mehr auf die Umgebung hatte, meinte: «Da, langsam, Tiere!». Und tatsächlich tummelte sich eine Hirschkuh mit einem Jungen an der Strasse und wusste nicht recht, ob nun auf oder über die Strasse. Wir fanden das Geweih etwas speziell, es müsste aber wohl ein White Tail Deer im Winterkleid sein. Ornithologen vor 🤣

Eine Hirschkuh mit schmalem Geweih und weissem Hinterteil springt elegant über Stock und Stein

Abschnittweise wird recht viel am Highway gebaut und es gibt staubige Strecken mit Pilot-Car, wo man teilweise auch mal länger wartet. 

Mehrere Wagen fahren vor uns auf einer einspurigen Strecke im Bau. Man sieht die vorderen Wagen vor lauter Staub gar nicht.

Die Campgrounds am Muncho Lake waren, wie bereits angekündigt, alle geschlossen. Es gibt eine «Muncho Lake Lodge», welche sehr schön gelegen ist und auch recht neu aussah. Dort hätten wir auch Stellplätze gehabt. So kauften wir aber nur sicherheitshalber 75 Liter des recht teures Benzin für 2.34 Canada Dollar den Liter. 

Danach ging es zum Summit Lake hoch, der auf rund 1'267 Meter über Meer liegt. Der Campground hier war auch schon geschlossen. Wir gingen ihn aber trotz der Warnung «Problem Bear in Area» ein wenig besichtigen. 

Der Summit Lake in türkis-/petrolblau, davor ein paar farbige Pappeln

Ich kenne ja eine Person auf Twitter, der mal ein Follower entfolgt ist, weil die Person Bilder einer Toilette postete. Aber hier passt es natürlich schon. So schön mit blauem Himmel, das Outhouse auf dem Summit Lake. 😉🥶

Ein Häuschen mit zwei Toilettenkabinen hinter einem Holzsteg

Rustikal und sauber das Innere. Es war so windig, dass es keine Gerüche zu beklagen gab und Toilettenpapier war auch verfügbar. Natürlich das hier übliche 0.05 Millimeter dünne, einlagige Papier in der grossen Trommel, das man nur in «Fötzeli» herausreissen kann. 🤦🏼‍♂️

Ein Plumpsklo steht in einem grosszügigen Raum, die Wände sind aus unbehandeltem Holz. Die Decke hat Plexiglas-Einlässe und lässt grosszügig Platz für Frischluft

Der Verlauf der Strecke ist eigentlich sehr schön, die Bäume sind im Herbst so toll gefärbt und wenn das Wetter noch etwas mehr blau geliefert hätte, hätte man vor Freude jauchzen können. 🥰🍁

Irgendwo in der Pampa hatten wir plötzlich für ein paar Minuten recht gutes 4G Netz. Niemand weiss, wieso. Die Fahrt zog sich noch recht dahin, auch wegen den Baustellen. Kurz vor Fort Nelson riet uns Google noch zu einem Parker Lake, der hatte allerdings gar keinen Campground, sondern nur zwei Stichstrassen zum See. Dort wollten wir unseren Wagen aber nicht einfach so abstellen. Das Wendemanöver war noch etwas aufwändig, aber Rosette schaffte das mit Bravour.

In Fort Nelson hielten wir dann am «Triple "G" Hideaway RV Park» am Stadtrand. Der ist zwar nahe des Highway und wohl etwas laut, aber er hat ein Restaurant und die Plätze sind eigentlich noch schön unter Bäumen gelegen.

So, der Beitrag ist mal wieder extra lange geworden. Aber es hat ja viele Bilder, für die, welche nicht lesen wollen. 😇

Wir sind «nur» noch rund eine Woche im Motorhome unterwegs, danach… ähm, guckt doch selber! 😜

Karte der beschriebenen Route

Link auf Google Maps

Kartenausschnitt aus Google Maps


Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.