USAEoY2021, ein Lichtblick am bewölkten Horizont?

28. Dezember 2021 Lesezeit: 9 Minuten

Heute, Montagmorgen wachte ich eine Stunde vor dem Wecker auf. Ich versuchte noch etwas zu schlafen, da es draussen noch dunkel schien (an den Rändern des Vorhangs). In der Nacht hatte es ordentlich gegen die Scheiben geschüttet.

Natürlich kam zu wenig Schlaf auf, ich hatte am Vorabend eines der Biere probiert und trotzdem recht gut geschlafen. Alkohol wirkt bei mir nicht wirklich gut auf die Qualität des Schlafs. Der Grund, weshalb ich eher gegen Wochenende mal etwas trinke, damit ich es dort tagsüber kompensieren kann.

Ich machte mich dann an die Morgenroutine. Mein Magen hatte wohl irgend etwas nicht gerne. Den Stress? Das Nichtstun? Auf jeden Fall gurgelte und murmelte es die ganze Zeit. Also nicht, wie bei Unpässlichkeiten, einfach so…  . Ich habe das hin und wieder. Wenn es mich genügend wütend macht, boxe ich mir kräftig zwei oder drei mal in den Magen, damit der dumme Kerl weiss, dass ich ihn auch hasse. Das hilft dann nicht wirklich, aber ich und mein Körper sind uns nicht immer einig. 🤷🏼‍♂️

See a Doctor?

Das übte natürlich nicht gerade eine gute Wirkung auf die Gesamtstimmung aus. Ich versuchte mir nämlich Notizen für ein Telefongespräch mit dem nächsten Urgent Care Med zu machen, um die Situation rund um eine offizielle Bestätigung für die COVID-19-Erkrankung zu klären. Das stresste mich sehr. Ich mag Small Talk in english, ich kann mich auch gut mal so irgendwo mit ein paar Leuten unterhalten. Aber Telefone habe ich ja schon auf Deutsch nicht gerne. Erst recht dann in einer Fremdsprache, mit einer Person auf der anderen Seite, die ins Telefon nuschelt. Oder in den Südstaaten, an einer Land Line in den Bayous auf einer Front Porch sitzt und den dortigen Dialekt spricht. Also schob ich das vor mir her. 🙄

My own local phone number?

Und dann hatte ich die glorreiche Idee, mir eine eSIM mit einer lokalen Telefonnummer zu holen, um einfacher erreichbar zu sein. Die Wahl fiel auf T-Mobile, weil gute Netzabdeckung und Empfehlung. Da lädst Du Dir die «T-Mobile PrePaid eSIM»  App herunter, welche wohl der Erstjahreslehrling in der Maurer-Ausbildung an der DeVry-University nebenher programmiert hat. Das beginnt damit, dass das erste Feld zur Eingabe der E-Mail gar nicht deklariert ist, also man umständlich auf dem Keyboard die Zeichen (zB das @) suchen muss. Geht dann so weiter, wie dass man die Kreditkartennummer nicht via Copy/Paste einfügen kann, dass man Probleme mit fehlenden oder eben nicht fehlenden Leerzeichen bekommt und endet darin, dass man als Billing-Address die Schweiz nicht auswählen kann. Habe es dann mit der Hoteladresse in Pismo probiert, welche ich jeweils bei AT&T problemlos verwenden konnte, aber dann klappte es mit der Kreditkarte nicht. Nach drei Versuchen überliess mir Kollege Christian zuvorkommenderweise seine Daten mit einer DE-Kreditkarte. Zusammen mit seiner CH-PLZ frass das Ding dann die Eingabe und zeigte mir meine neue Nummer an und sandte mir ne Mail. Irgendwo dazwischen blitzte dann mal kurz ein Dialog des iPhones auf, welches mich zum Hinzufügen eines Mobilfunktarifs einlud. Da ich dann gerade am Task-Switchen war, ging der Dialog aber verloren und die Registrierung musste im Verlaufe des Vormittags mit dem Support von T-Mobile (via Twitter, zum Glück) in mehreren Anläufen gefixt werden. Und nun, ja, es funktioniert.

Remo und ich haben am späteren Nachmittag gleich eine Dreiviertelstunde lang die Funktion mit einem Gespräch gefeiert. Dass Sie funktioniert, zeigen auch die die SCAM-Anrufe, welche ich seither kriege. Zum Glück ist mein Telefon silent, dass ich das meist nicht mal mitbekomme.

Überraschung, gerne!

Ich hatte zur Sicherung der Formalitäten gestern Abend eine E-Mail an meinen Vorgesetzten und meine Kollegin/Scrum-Master gesandt mit der Nachricht, dass ich vielleicht hier hängenbleibe oder länger weg sein werde.

Da meine Schwestern mir sagten, ich solle endlich Food bestellen, ich sei im Chat unausstehlich, habe ich das dann getan. Klappte dieses Mal sehr gut, die Ladies am Empfang und wohl auch die Security kennen mich offenbar. Aber es klopfte noch ein drittes Mal nach Essen und Wasser. Draussen stand ein Päckli, das mir Vanessa organisiert hatte, keine Ahnung, wie Sie das so hingekriegt hatte. Denn der grosse Becher Americano drin war noch «süttig» heiss. Er ersetzt zwar keinen Espresso mit Moka Efti-Kaffee, aber er schmeckte kräftig und enthielt sicher genügend Koffein. Und natürlich hatte ich Freude am Umlaut, den der arme Mensch im Lutz Café auf die Tasche malen musste. Ich habe da mal einem life zugeschaut in einem Hotel, der hat sich so angestellt, wie wenn wir mal einen Kribbel in georgisch, thailändisch oder so malen müssten.
Danke, Vanessa, Du weisst ja aus eigener Anschauung, wie es ist, in den USA mit einer Krankheit festzusitzen. 🥺

Papiertüte mit Aufschrift und einem grossen Kaffee und Kuchen

By appointment 

Ich habe dann den Anruf bei den «Physicians immediate care» hingekriegt. Natürlich hat mich die Frau fast nicht verstanden, weil ich im Eifer des Gefechts das Mic des Headsets irgendwo zu weit unten hatte. Und natürlich habe ich sie nicht gut verstanden, weil Land Line und Bayous und so. Aber irgendwie ging es einigermassen durch, bis auf die Phase, wo sie immer behauptete, meine Nummer sei keine US-Nummer. Ich meine: «Three One Two» kann man doch auch mit einem schlechten «Thee H» doch nicht als Zero verstehen?

Auf jeden Fall habe ich nun einen Termin am Donnerstag-Morgen um 8:10 Uhr in rund 15 Minuten Gehdistanz. Den Rest der Registrierung beim Arzt konnte ich dann in einem Online-Formular machen.

Ich hoffe, ich kriege dann eine offizielle Bestätigung, dass ich COVID-19 habe/hatte und diese helfe mir, nach Hause zurückzukehren. 🤞🏻

Meine Symptome gehen von Tag zu Tag zurück. In der Zwischenzeit kann ich auch wieder gut durch die Nase atmen und ich glaube, ich rieche auch langsam wieder etwas.

Überraschungen II

Im Verlauf des späteren Nachmittags erreichte mich fast gleichzeitig wie Remos Tweet auch ein Telefon meiner Care-Person im Hotel. Sie freute sich auch, mir mitteilen zu können, dass das US Center of Disease die Isolations- und Quarantänedauer bei Personen mit COVID-19 Erkrankung auf fünf Tage reduziert hätte. Somit bin ich eigentlich ab sofort wieder frei, nach draussen zu gehen. Meine Symptome haben ja gebessert, der Husten ist zwar noch da, aber die verstopfte Nase hat Fortschritte gemacht. 

Ich habe ihr dann angekündigt, dass ich gedenke, das Hotel bei Gelegenheit in Richtung California zu verlassen. Sie meinte dann nur lachend: «Say, you would really like to leave our nice and cold Chicago for sunny California?!». Sind wirklich nett, die Leute hier. Das Hotelzimmer bleibt danach zwei Tage gesperrt, bevor sie es putzen/aufräumen kommen, meinte sie ebenfalls. 

Also werde ich ab Dienstag dann mal ein wenig in der Stadt herumspazieren, um meinen alten Körper wieder ein wenig in Schwung zu bringen. Die 17 Stockwerke werde ich aber wohl weiterhin lieber mit dem Lift absolvieren.

Weitere Pläne?

Am Freitag-Nachmittag fliege ich mit ein paar restlichen Meilen meines AAdvantage-Vielfliegerkontos für fünf Taler nach Los Angeles und werde dort dann im Hotel übernachten. Auf den Samstag-Morgen habe ich mir einen Mietwagen organisiert und werde dann mit diesem losdüsen. Weiss noch nicht genau, wohin, aber sicher möchte ich dann am Sonntag-Abend in Pismo Beach sein. Ich hoffe, Eure Wünsche und Gedanken helfen mir, dass es wirklich klappt. Im Moment gibt es einfach so viele Unwägbarkeiten.

Und, wann geht es nach Hause? 

Also zuerst spielte ich mit dem Gedanken, noch ein wenig zu verlängern. Aber eigentlich würde es mit obigen Plänen soweit passen, das sich meinen geplanten Flug am Donnerstag, 6. Januar erwischen könnte. 

Das einzige, welches mich mit ein wenig Sorgen erfüllt, ist die Notwendigkeit eines negativen Antigen-Test. Gemäss etlichen Treffern in diesem Internetz, zum Bleistift Marcel Salathé himself, ist er auch am 15 Tag nach der Erkrankung immer noch leicht positiv im Selbsttest. Ich habe zwar gewitzelt und auch tatsächlich alle notwendigen Utensilien eingepackt, aber mitten in der Nacht Telefonkonferenzen mit dem Team und ART zu führen, wäre wohl in Realität nur halb so spassig.

Wir werden sehen, ändern kann ich es nicht.

Wurde mal wieder ein long read und ein wilder Mix von persönlichem und restlichen Themen. Einer oder zwei werden es lesen, und sonst ist es für mich zum Nachlesen, wenn ich dann mal früher oder später alles wieder vergessen habe. 😉

Gebt acht und passt auf Euch auf, der Käfer ist ein Drecksvieh und ein so milder Verlauf, wie bei mir, ist nicht jedem Mensch garantiert.


Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.