EoYUSA2022, Gila Bend – Las Vegas

7. Dezember 2022 Lesezeit: 20 Minuten

Und schon macht sich eine gewisse Bequemlichkeit bemerkbar. Drei Tage nichts geschrieben? Eh, es sind ja Ferien!

Fauler Sonntag in Gila Bend

Die Wetterprognosen waren ja schon am Vorabend nicht berauschend gewesen. Die ganze Nach über regnete es weiter. Zum Glück nicht allzu heftig. In der Wüste, wo es sonst sehr trocken ist, sind ausgedehnte Regenfälle immer heikel, da es schnell zu Überschwemmungen mit Geschiebe kommt, die Strassen blockieren können.

Ich nahm den Gutschein vom Hotel für das Frühstück und machte mich auf den Weg um die Ecke zum «Space Age Restaurant». Ein typischer Diner. Das Personal ist sehr freundlich, die Küche aber reduziert. Das American Breakfast war in Ordnung, die Rösti hätte jetzt noch etwas besser gebraten sein können. Aber ich mochte eh nicht die ganze Portion essen.

American Breakfast. Zwei (grosse!) Rühreier, zwei Stück Speck, kross gebraten. Dazu Rösti, Kaffee und Toast.

Die Space Age Lodge und das Space Age Restaurant, welche zusammengebaut sind. Ursprünglich entstand das Hotel 1965, das Restaurant wurde nach einem Brand 1999 neu erstellt. Die Geschichte in englisch liest sich hier.

Ich finde die Dekoration noch stylisch, aber ich bin ja auch eher ein Trekkie, wenn auch nicht vergiftet. 😉

Die Bar des Restaurants. Die Wand dahinter ist mit einem sehr grossen Porträt der USS Enterprise bemalt. Alles leuchtet ein wenig neonfarbig.

Als ich nach draussen kam, war das Wetter zwar einigermassen trocken, aber bedeckt und die Prognose zeigte wenigstens keine Gewitter mehr für das «Organ Pipe Cactus National Monument».

Vor dem Restaurant, parkierte Autos. Daneben die Strasse. Das grosse Werbeschild für das Hotel mit einem UFA ist sichtbar. Der Himmel ist wolkenverhangen.

Also packte ich meine Siebensachen und stieg in den Wagen. Einen ganzen Sonntag im Zimmer herumhängen war ja auch nicht wirklich sinnvoll.

Die Strecke ist etwas mehr als eine Stunde und führt bis fast an die mexikanische Grenze. Immerhin hiess mich sowohl Swisscom als auch T-Mobile dort willkommen per SMS. 😜

Beim Eingang schwatzte ich ein paar Minuten mit einer Angestellten, welche vor dem Gebäude einen Info-Stand hatte. Sie meinte, dass die Autofahrt in den Park schon möglich sei, aber die Strasse sei nur am Anfang befahrbar, danach würde sie nicht mit meinem Mietwagen weiterfahren. 

Blick auf die wolkenverhangenen Hügel beim Visitor-Center des Organ Pipe Cactus National Monument. Im Vordergrund ein paar Saguaro-Kakteen.

Ich habe den Park schon einmal besucht und wollte nicht bei dem Wetter nochmals reinfahren. Ich ging zum Wagen und holte meine Maske. Im Visitor Center gilt Maskenpflicht. Ich guckte mich um und kaufte ein paar Souvenirs. Danach schwatzte ich noch ein wenig mit der Frau an der Kasse. Wir sprachen über Fussball, namentlich Frauenfussball, da sie Trainerin einer College Mannschaft ist und mein Patenkind ja auch Fussball spielt.

Es hatte einen kleinen Rundweg beim Visitor Center, der einem die schönsten Exemplare von Kakteen gleich vor der Nase präsentiert. Die Früchte dieses Fass-Kaktus wären eigentlich reif gewesen, es war ein wenig verführerisch. Aber ich hätte wohl Schelte bekommen und mir wenn möglich einen Dorn in den Finger gerammt.

Ein länglich runder Fass-Kaktus, wissenschaftlich Ferocactus wislizeni. Er hat dicke, dichte Stacheln. Auf der Oberseite trägt er gelbe, reife Kaktusfrüchte.

Die Cylindropuntia (Cholla) hier haben etwas längere «Ärmchen» als ihre Vettern im Joshua  Tree Nationalpark, ihre Stacheln sind jedoch mindestens gleich gemein. In der englischen Wikipedia bzw. dem Artikel zum Kaktus, findet sich eine Grossaufnahme eines Stachels, der mit Widerhaken bestückt ist.

Ein ganzer Cholla-Kaktus, mit vielen Ärmchen voller Stacheln. Daneben der Gehweg beim Visitor Center.

Auf dem Rückweg machte ich dann noch einen kurzen Halt in Ajo. Dieses verschlafene Städtchen hatte aber am Sonntag alles geschlossen.

Die Geschichte des Ortes ist interessant. Schon sehr früh bauten hier die Ureinwohner Kupfererz ab, um daraus Färbemittel herzustellen. Als dann die Siedler kamen, ging es wieder vergessen, bis 1910 jemand ein Geschäft witterte. Die Mine bestand bis zu einem Arbeitskampf 1985. Sie ist im Tagebau und hinterliess gigantische Schutthaufen.

Die Stadt starb dann praktisch aus, bis eine ehemalige Professorin aus Neuengland im Jahr 2000 hierher zog und eine Gesellschaft gründete. Es liessen sich in der Folge zahlreiche Künstler hier nieder und der Tourismus kam etwas in Schwung.

Der Bahnhof ist seit dem Ende des Kupferbergbaus nicht mehr in Betrieb. Die Strecke von Gila Bend bis Ajo, welche eigentlich mal bis Tucson hätte führen sollen, ist teilweise noch gut sichtbar und es liegen sogar noch Gleise.

Eine schwarzweiss Aufnahme des Bahnhofs von Ajo. Ein lang gestrecktes Gebäude mit einem Arkadengang davor. In der Mitte erhebt sich eine kleine Kuppel. Davor die Strasse und Palmen, welche das Gebäude säumen.

Gegen späten Nachmittag kehrte ich zurück nach Gila Bend und füllte an der Tanke noch einmal randvoll für $ 3.99 die Gallone ein. 

Danach schlich ich noch ein wenig im Dorf herum, schaute die teilweise sehr heruntergekommenen Behausungen an und rekognoszierte das Postbüro, das erst am Montagmorgen um 8 Uhr wieder öffnen würde.

Auf dem Rückweg hoffte ich noch auf Güterzüge, aber beim alten Wasserturm schlich nur ein streunender Hund herum und irgendwo spielte die Musik zu einer mexikanischen Hochzeit.

Eine schwarzweiss Aufnahme des alten, stillgelegten Wasserturms der Eisenbahn.

Nach dem Nachtessen fiel mir ein, das sich die Postkarten ja noch schreiben musste. Wie geht das schon wieder? Papier und Stift und keine Korrekturtaste? Oh Mann, meine Handschrift. 🤦🏼‍♂️

Abreise Gila Bend

Ich stellte den Wecker etwas früher und packte dann fast schon fertig. Ich musste mir wiederum einen Gutschein für ein Frühstück bei der Rezeption holen. Diesmal nicht so üppig!

Kurz nach halb Neun checkte ich aus und fuhr zum Postbüro.

Das einstöckige, kleine Backsteingebäude des Postbüro von Gila Bend. Nach vorne ist eine Hälfte des Gebäudes eine Fensterfront. An der anderen steht der Name und die Postleitzahl in grossen, metallenen Lettern. Die Flagge der USA hängt oben am Mast. Ein Zeichen, dass geöffnet ist.

Als ich ins Gebäude kam, beäugten mich die beiden Angestellten schon neugierig, sie hatten mich beim fotografieren beobachtet. Der Mann am Schalter musste beindruckende Daten eingeben, um die zwei «Briefmarken» zu erstellen. Es waren dann Barcodes, welche er fast nicht auf die Karte brachte. Mit gemeinsamen Kräften unter Zuhilfenahme einer Schere brachten wir sie dann so auf die Karten, dass der Text und die Adresse noch lesbar waren. 👍🏻

Aber er war sichtlich erfreut, mal so einen Spezialfall abwickeln zu können. 

Danach fuhr ich los in Richtung Phoenix. Die Strassen war grösstenteils schnurgerade, aber die Sicht war eher mau. Kurz vor Phoenix hatte es dann sogar mal dichten Nebel, dass ich wie ein Sperber aufpassen musste.

Eine zweispurige Autobahn führt geradeaus in den Nebel. Links und rechts Büsche und Steppe.

Nach Phoenix geht die Strecke fast gerade nach Norden. Das Wetter riss dann langsam auf. Die Strasse war nicht zu stark befahren, so das sich mehrheitlich mit dem Tempomat fahren und die Gegend geniessen konnte. Damit es nicht langweilig wurde, hörte ich mal wieder die alten Alben meiner Jugend vom iPhone über den Autolautsprecher.

Die Strasse führt geradeaus, in der Ferne sieht man einen vorausfahrenden Wagen. Rechts hat es eine metallene Leitplanke. Die Strasse ist gesäumt von Büschen. Der Himmel ist sehr blau mit vielen weissen Wattewolken.

Ich begreife die Leute nicht, die einen Kilometer vor einer angekündigten Überholspur noch bei einer ausgezogenen Sicherheitslinie überholen müssen, obwohl ich doch meistens ein paar Meilen zu schnell fuhr!

In Kingman tankte ich noch einmal, um die günstigen Preise in Arizona auszunutzen. Hier kostete die Gallone, bar bezahlt, nur 3.84$. Dazu noch etwas Wasser und schon wieder ging es weiter.

Alsbald und deutlich früher als ich gedacht hatte, fuhr ich über den «Railroad Pass» und schon sieht man dieses Ungetüm namens Las Vegas in der Wüste liegen.

Blick über das Tal, im Hintergrund sieht man die Hoteltürme und Vororte voller Wohnhäuser von Las Vegas. Dahinter eine Bergkette.

Ich empfinde die Fahrt in eine Grossstadt auch mit Navi immer sehr stressig. Fünf- oder sechsspurige Autobahnen, Ein- und Ausfahrten, dichter Verkehr. Irgendwann erschrak ich, weil es vor mir plötzlich weiss wurde. Ich dachte, ein Auto voraus sei seitlich an eine Betonabsperrung geprallt oder ähnlich. Aber irgend ein lausiger Göppel hatte wohl eine Fehlzündung oder sich verschaltet und eine dichte, halbverbrannte Ölwolke hinterlassen. Igitt.

Natürlich fuhr ich eine Ausfahrt zu früh raus und musste dann ein kleines Stück des Las Vegas Boulevard befahren. Zum Glück war die Einfahrt zum «Treasure Island» gut signalisiert. Eigentlich wollte ich erst das Valet Parking in Anspruch nehmen. Aber irgendwie hatte ich keine Lust, jeweils auf den Wagen zu warten und fuhr deshalb ins Self Parking. Das ging eigentlich ganz gut, es hatte mehr als genug Plätze. Ich hoffe, ich finde den Wagen dann wieder. 😂

Der Weg zu Fuss mit dem ganzen Gepäck zum Hotel war auch nur kurz und eine hilfreiche Person wies mir den verwinkelten Gang zu Reception hinunter. 

Dort hiess es erst mal rund 30 Minuten anstehen. Die in der automatisch versendeten Mail erwähnten Selbstbedienungskiosks gibt es nämlich nirgends zu sehen. Dafür hatte die Receptionistin Freude, dass ich alle Daten schon eingeben hatte.

Dann machte ich mich auf den Weg in den 23. Stock zu meinem Zimmer mit «Strip View». Die Aussicht ist wirklich gut, die nicht so gut gereinigte Scheibe macht sich auf dem Foto fast nicht bemerkbar.

Blick aus dem grossen Fenster des Hotelzimmers. Man sieht im Dämmerlicht die vielen farbigen Neonlichter und Leuchtreklamen der Stadt. Der Himmel ist fast lila, am Horizont noch ein wenig gelb.

Ich suchte mir im Internet ein Sushi-Lokal und wurde im «Wynn» bzw. «Encore» fündig. Ich musste mich im Casino drin zwar herumfragen, bis ich das «Wazuzu» dann endlich fand. Aber das ist ja System, denn man will die Gäste noch ein wenig im Casino binden. Dies in der Hoffnung, dass man etwas Geld liegen lässt.

Da ich noch warten musste, vertrieb ich mir tatsächlich die Wartezeit, bis zu einem freien Tisch an einem Automaten.

Ein länglicher, schmaler Teller mit ach Stückchen einer Sushi-Rolle mit Thun. Schön dekoriert mit ein wenig Kresse. Dazu Ingwer-Scheibchen und ein Klacks Wasabi.

Ich spielte danach noch ein wenig weiter, was ich nicht hätte tun sollen. Denn ich hatte kein Glück bis kurz vor Ende. Aber eben, ich nehme mir ja nur so viel Bargeld mit, wie ich auch verlieren darf. Denn über die Dauer gewinnt immer das Casino. 🤷🏼‍♂️

Etwas frustriert, weil ich mich selber ja kenne, ging ich ins Zimmer zurück und genoss dafür noch ein nettes Bier, das ich mir unterwegs mal gekauft hatte. Dazu gab es Cookies, was der Seele ja auch gut tut.

In Las Vegas

Ich schlief recht lange und gut und trödelte dann wieder bis kurz vor 12 Uhr im Zimmer herum. Das Wetter war frisch und leicht bewölkt.

Ich zog meine Trekkingschuhe an, denn ich wollte ein wenig herumlatschen. Gut so, denn bis gegen späten Nachmittag hatte ich fast zwölftausend Schritte getan. Die Stadt ist riesig, aber wer läuft hier schon. Las Vegas ist voll und ganz motorisiert!

Die beiden Hotels Encore und Wynn mit ihren geschwungenen, goldenen Fassaden. Im Vordergrund eine sehr stark befahrene Kreuzung.

Als ich einen Bahnübergang überquerte, sah ich in der nicht so weiten Ferne die Lichter eines Zuges.

Ich stehe auf dem Bahnübergang einer zweispurigen Eisenbahn. Auf der linken Spur sieht man undeutlich die Konturen eines herannahenden Zugs.

Also stellte ich mich auf die Seite und machte das iPhone parat. Und schon gingen die Schranken und lautem Bimmeln nieder. Natürlich musste noch jeder mit dem Auto schnell durch schlüpfen und dann kam der Zug schon heran gerollt. 

Vier Lokomotiven zogen den Zug mit Containern, aber seht selbst, wenn Ihr wollt. Lautsprecher an, wer gerne die Loks hören will. 🔊

So, das wurde doch wieder ein langer Beitrag.

Bald schon geht es in zwei Etappen an die Küste. Leider sind die Wetterprognosen nicht so gnädig, mal schauen.


EoYUSA2022, Los Angeles – TwentyNine Palm – Gila Bend

4. Dezember 2022 Lesezeit: 20 Minuten

Start Rundreise mit Wagen

Eigentlich hatte ich den Mietwagen auf 8 Uhr reserviert. Und deshalb auch den Wecker so gegen 6:30 Uhr gestellt. So früh stelle ich in den Ferien eigentlich selten bis nie die Wecker. Aber da ich Abends von der Zeitverschiebung her, immer noch recht früh müde werde, passt es und ich kriege mehr als genug Schlaf.

Der Blick aus dem Hotelfenster verhiess nichts aufregendes, der Himmel war kurz nach 7 Uhr noch grau und es nieselte sogar ein wenig. Also plämperlete ich noch ein wenig herum und räumte den Koffer ein. Das Hemd vom Vortag wurde durch einen schwarzen Hoodie von Firestone Walker mit Totenköpfen und Piratenschwertern ersetzt. 😜

Hauptsache bequem. Dann packte ich meine Siebensachen und ging mal in die Lobby auschecken. Beim Ausgang hatte es ein Café. Ich nahm mein Standardfrühstück, wenn verfügbar. Einen Bagel mit Cream Cheese und einen Kaffee.

Auf dem Einwickelpapier liegt ein angebissener, getoasteter Bagel mit Cream Cheese. Daneben die leeren Cream Cheese Döschen.

Danach ging ich zur Autovermietung. Genau, ging… die Alternative wäre ein Umweg mit dem Shuttle zum Flughafen und von dort zur Vermietung oder ein Taxi. Da die AVIS-Autovermietung jedoch nur rund 15-20 Minuten zu Fuss vom Hotel ist, war es ein guter Anfang für den Tag um den Kreislauf ein wenig auf Vordermann zu bringen. 

Das Trottoir war nicht allzu schlecht und es nieselte nur ganz leicht, so dass ich ohne Schirm auskam. Vom Hotel her kommt man erst zur Autoabgabe, die Autovermietung ist dann noch einmal einen halben Kilometer um die Ecke. 

Bei AVIS standen schon etliche Leute an. Ich gucke kurz auf meine App und bemerkte, dass ich als Preferred Kunde offenbar bereits einen Wagen zugewiesen hatte. Ich bin eigentlich schon länger Preferred, das ist einfach eine Registrierung bei AVIS mit Speicherung der Angaben zu Führerausweis etc., nicht mehr. Aber bisher hatte es irgendwie nicht geklappt gehabt mit der Verknüpfung der online Konten. Das konnten wir aber vor einem halben Jahr im Nachgang zu den letzten Ferien fixen.

Also ging ich vor dem Gebäude einen Einweiser fragen. Der sandte mich rüber zu einem eigenen Schalter/Gebäude für die Preferred - Kunden und dort bestätigte man mir, dass ich einfach zum Wagen gehen und damit losfahren könne.

WAS? Keine mehrere Seiten langen Formulare, eine Unterschrift und an vier Ecken noch die Signatur, dass man es gelesen und verstanden hätte? Ich werd wahnsinnig… 🤪

Auf dem Platz K40 stand mein schwarzer Ford Escape im Regen und wartete drauf, dass ich mein Gepäck einlud. Ich machte mich dann etwas ausführlicher mit dem Wagen vertraut, stellte die Spiegel ein und montierte das iPhone, welches mir mit CarPlay und Google Maps für die Navigation dient.

Leider habe ich mein vor rund 10 Jahren beschafftes Garmin Nüvi zu Hause vergessen. Aber das iPhone tut's auch einigermassen. Danach fuhr ich los zum Ausgang, wo der Wagen gescannt wird und jemand noch einmal den Führerausweis kontrolliert. Da hier Latinos und Latinas die Hauptharst der Angestellten ausmacht, war ich nicht überrascht, dass der Mensch nach dem Blick auf den Führerausweis auch über Fussball und die WM sprach. Meinetwegen… 🤷🏼‍♂️

Mein Mietwagen, ein schwarzer Ford Escape im Regen.

Ich fuhr dann aus dem Gelände raus auf die Strasse und Maps brauchte ein wenig, um in die Gänge zu kommen. Danach wies es mich durch das Strassenmeer von Los Angeles und den dichten, aber flüssigen Morgenverkehr aus der Stadt hinaus.

Nach rund drei Stunden Fahrt, die trotz Tempomat halt doch etwas anstrengend ist, im dichten Verkehr, hatte es eine Raststelle entlang der Strasse. Ich fuhr hinaus und vertrat mir kurz die Füsse.

Blick von der Raststätte auf den San Jacinto Peak. Trotz 3'302 Metern über Meer hat es fast zur Hälfte Bäume. Die obere Hälfte des Gipfels ist mit frischem Schnee bedeckt.

Eineinhalb Stunden später bog ich zu meinem Hotel, einem Motel 6, ein. Diese Kette ist für günstige Preise, dünne Wände und ein besonders scheussliches Raumspray bekannt. 😬

Ok, das mit dem Raumspray habe ich jetzt erfunden, ich erinnere mich nicht, ob es in jedem Motel 6 so riecht. Aber das hier, war sehr penetrant. Aber für 107$ war die Unterkunft ok. Der Lüfter im Bad röhrte zwar wie eine Flugzeugturbine, aber das ist auch ein Grund, das Licht schnell wieder auszuschalten.

Da ich sehr früh da war, kaufte ich in einem Shop nebenan noch eine Dose «Barbecue Pringles» (gibt es zum Glück in der CH nicht mehr, das Zeugs macht süchtig und dick) und – oh Wunder – eine kleine Packung frischer Trauben, sowie zwei Flaschen Wasser.

Bei der Rückkehr zum Hotel rief mir eine wildfremde Frau quer über den Parkplatz zu: «I really like your Hoodie!». Etwas, das ich hier noch sympathisch finde. Man gibt wildfremden Leuten ein Kompliment, was hier überhaupt nicht anbiedernd gemeint ist und immer dankend angenommen wird.

In Erinnerung an meinen letzten (oder war es der vorletzte) Aufenthalt hier, wollte ich beim Pizza Hut essen gehen. Aber, oh Weh, der Laden wirkte kahl und leer. Wo früher eine Salatbar war und Leute drinnen sassen und sich zusätzlich viel geriebenen Käse auf die bereits mit viel Käse ausgestatteten Pizzen streuten, standen nur ein paar traurige Stühle und Tische leer herum.

Das schockierte mich schon ein wenig. Aber COVID-19 hat wohl hier noch mehr platt gemacht und auch Essgewohnheiten noch mehr verändert. Ich bestellte mir eine «personal size» Pizza, da die anderen meist deutlich zu gross sind. In meiner Erinnerung war dieser Type Pizza früher aber doch grösser. Naja, viel Hunger hatte ich ja nicht, aber mehr als drei Scheibchen «Peperoni» (so heisst die pikante Salami hier) wären ja auch nicht schlecht gewesen.

Eine kleine, rund 20cm durchmessende, dicke Pizza in der geöffneten Kartonschachtel. Auf einer Seite mit pikanter Salami, auf der anderen Seite mit Gemüse und Schinken. Hätte Hawai'i sein sollen. Daneben steht eine Flasche Wasser.

Ich schlief eigentlich ganz gut, dafür dass das Hotel direkt an einer recht lauten Durchgangsstrasse liegt. 

Twentynine Palms – Joshua Tree N.P. – Gila Bend

Ich stellte den Wecker wiederum früh und trödelte doch herum, bis das erste Tageslicht durch die Vorhänge fiel. Nachdem ich schon fast fertig gepackt hatte, holte ich mir einen Kaffee in der Lobby und wechselte noch ein paar Worte mit der Angestellten. Sie meinte, das Hotel sei bis November recht gut ausgebucht gewesen, aber jetzt werde es wohl ruhig bis Weihnachten. 

Ich sprach sie darauf an, dass es an vielen (allen?) Orten keinen Zimmerservice bei mehrtägigen Aufenthalten mehr gäbe und weshalb das so sei. Sie meinte dann, dass es weniger an den Hotels läge, als an den Reisenden, welche aufgrund der Pandemie lieber kein Personal in den Zimmern hätten. So habe sich das eingebürgert. Dass es wirtschaftlich lohnend ist, muss man nicht explizit erwähnen. Sie meinte, wer einen Service wolle, könne ihn aber gerne bestellen.

Sie nahm noch dankbar meinen Hinweis auf, das sich in anderen Hotels Sticker an den Badezimmerspiegeln gesehen hätte, die das erklären.

Blick vom Hotelzimmer in die bleiche Morgensonne. Palmen säumen das Hotelgelände.

Danach packte ich mein Gepäck wieder in den Wagen und fuhr los.

Beim Eingang zum Joshua Tree Nationalpark klebte ein fettes Schild: «No Cash!», die Angestellte trug eine N95-Maske. Man sieht hier drüben, egal wo, doch deutlich mehr Masken im Alltagsleben, als bei uns.

Wir wechselten ein paar freundliche Worte, während sie mir das Kreditkartengerät herüberreichte, damit ich meinen PIN eingeben konnte. Der Eintritt kostet in der Zwischenzeit schon dreissig Dollar. Auch hier ist die Teuerung sehr stark spürbar. Ich meinte, vor wenigen Jahren noch maximal zwanzig Dollar bezahlt zu haben.

Ich fuhr dann geradewegs durch den Nationalpark. Den Abstecher in Richtung Keys View, wo die besonders schönen, grossen Joshua Trees zu sehen sind, sparte ich mir, angesichts der doch recht langen Etappe nach Gila Bend. Zudem war das Wetter etwas durchzogen und Keys View ist nur bei schönem Wetter sinnvoll.

Unterwegs machte ich zwischendurch kurz halt, um ein Foto zu schiessen. Also so schlecht war das Wetter anfänglich doch nicht. 😉 

Blick von einem Ausstellplatz an der Strasse zurück. Der Himmel ist fahlblau, mit etwas Wolken und Kondensstreifen. Die Hügel sind kahl und trocken.

Interessant, wie in dieser trockenen Einöde, wo es schon lange nicht mehr geregnet hat, doch immer wieder grün zu entdecken gibt und sich sogar Blüten zeigen.

Ein Strauch mit grünen, dicken Blättern hat schöne gelbe Blüten ausgebildet. Wer genau hinschaut, bemerkt eine Biene an den Blüten.

Beim Cholla Cactus Garden musste ich natürlich wieder hinausfahren. Ein Halt hier ist obligatorisch. Auf einer grösseren Fläche findet sich hier die grösste Dichte an diesen speziellen Kakteen.

Sie sehen herzig aus, wie kleine Teddybären, sind aber rechte Arschlöcher. Ok, das müssen sie auch sein, sonst könnten sie hier nicht überleben und sich fortpflanzen. Die einzelnen Kaktus-Triebe können abfallen, zudem sind die Nadeln mit Widerhaken versehen, welche sich tief ins Fleisch bohren können. Wie schnell man sich da durch Unaufmerksamkeit einen Stachel einfangen kann, wissen viele Reisende schmerzhaft zu berichten. 

Ich machte beim Eingang einen Mann und eine junge Frau aus Holland darauf aufmerksam und zeigte ihnen die Notbox, welche dort neben dem Warnschild am Boden verankert ist und eine Zange enthält, um sich allenfalls von Kaktusnadeln zu befreien. 😬

Ein Cholla Kaktusstrauch steht relativ alleine im kargen, sandigen Boden. Er hat unzählige kleine Triebe, deren viele Stacheln sie ein wenig pelzig wirken lassen.

Beim Nahe herantreten und zoomen, ist besondere Achtsamkeit geboten, damit man sich nicht irgendwo einen Kaktus einfängt.

Mir gefällt vor allem der fachliche, korrekte Namen des Kaktus: Cylindropuntia

Zoomaufnahme auf einen Trieb mit vielen, gelb-grünen Früchten.

Besonders eindrucksvoll sind die Stämme der Cylindropuntia. Nachdem die Kakteen verdorrt oder abgestorben sind, bleibt zuerst eine dunkelbraune Masse übrig. Wird diese abgetragen, kommen die fein verästelten, wie verwoben wirkenden Stämme hervor. Diese sind sehr stabil und trotzdem leicht. Ein Wunderwerk der Natur.

Ein Stamm des Kaktus, nachdem er abgestorben ist. Der Stamm besteht aus vielen verflochtenen Fasern und hat regelmässige Löcher, ohne dass seine Stabilität gefährdet wäre.

Danach fuhr ich zum Südende des Parks und machte noch kurz ein Foto des typischen Bezeichnungsschilds.

Eine kleine Mauer mit der Aufschrift «Joshua Tree National Park» und dem Wappen/Signet des N.P.S.

Ich fuhr nicht auf den gleich nach dem Park liegenden Interstate 10, sondern durch den Box Canyon Road, auch als Painted Canyon Road nach Mekka, äh Mecca. Der Name ist mir geblieben, weil ich mal vor Jahren mit einem Fremd-Navi fuhr, das mich partout nicht durch den Joshua Tree lotsen wollte. Da mir der Name des Ortes geblieben war, konnte ich es als Etappe eingeben und von dort wusste ich wie weiter. 😂

Nach einem kleinen Subway-Sandwich, welches ich wie ein Redneck im Auto verzehrte, fuhr ich auf der östlichen Seite des Salton Seas nach Süden. Diese Strecke kannte ich noch nicht. Sie ist empfehlenswert für Bahn-Nerds, denn eine Güterzugslinie führt entlang der Strasse und man sieht dort täglich viele, sehr lange Güterzüge.

Der Salton Sea, der heute noch über 1'000 Quadratkilometer aufweist und der grösste See Kaliforniens ist, ist nicht natürlich entstanden, sondern durch einen Unfall. 1905 brach ein Damm des Colorado Rivers und überflutete rund zwei Jahre diese trockene Senke und schuf den See. Ich empfehle den verlinkten Wikipedia-Artikel.

ich fuhr dann längere Zeit auf eher schmalen Strasse durch das sehr stark landwirtschaftlich genutzte Land gen Süden, bis ich auf den Interstate 8 einbog.

Das Wetter wurde dann schnell schlechter und es setzte sogar Regen ein. Interstate fahren, ist nun wirklich kein Spass, zum Glück habe ich gute Musik und der Verkehr war einigermassen vernünftig.

Sobald ich die Staatengrenze nach Arizona bei Yuma überschritten hatte, sah ich mich nach Benzin um. In Arizona sind die Tarife deutlich besser. In Kalifornien sah ich zum Zeitpunkt der Reise Preise ab US$ 4.50 aufwärts.

Irrtümlich landete ich bei der ersten Ausfahrt bei Chevron, die irgendwie besonders wertvollen Saft bereithalten. Die wollten für das günstigste Benzin 4.99 $ die Gallone. Ein paar Meilen später tankte ich dann bei Shell für 3.99 $ und konnte mit einem Fünfziger grad den Tank, der auf einem Drittel stand, mit 12.5 Gallonen voll machen.

Und dann kam endlich die Ausfahrt 115 zur Pima Street, an welcher mein Etappenziel, die Best Western «Space Age Lodge» liegt. Bei leichtem Regen checkte ich hier für zwei Tage ein und brachte dann mein Gepäck zum Zimmer 106.

Blick auf das im nächtlichen Licht liegende Hotelgebäude mit dem markanten Aufsatz, der wie ein UFO aussieht. Das Licht spiegelt sich in den Pfützen auf dem Parkplatz, wo mehrere Autos parkiert sind.

zu Fuss überquerte ich danach die vierspurige Strasse mit Mittel-Spur zum schräg vis-à-vis liegenden Restaurant «Little Italy». Das lebt von der lokalen Kundschaft, den Touristen und denen die gehört haben, dass es hier eine «Meat Lovers Pizza» gäbe, welche vom Duke of Sussex anlässlich seines Militärtrainings in der nahen Air Force Base mal bestellt und gelobt wurde. 😂

Ich wusste, dass die Pizza eh zu gross würde. Als Ausgleich für den eher kalorienreichen, einseitigen Food, den ich mir bisher angetan hatte, bestellte ich zuerst einen kleinen Salat. Und dann halt die «Garden Pizza», in der Annahme, das sein wenig Gemüse nicht schaden kann.

Dazu bestellte ich ein Glas Merlot (7$) und ein San Pellegrino. Das Glas Merlot war natürlich randhoch voll, sicher eineinhalb Deziliter.

Der Boden der Pizza ist recht gut. Aber dass sie den ganzen Gemüsegarten auf die Pizza geschnippelt hatten, war für mich eher unerwünscht, aber eigentlich vorhersehbar. Hier ist ja alles erst gut, wenn es im Überfluss ist. Schade, die Hälfte hätte auch gereicht. Also des Belags, aber so auch der ganzen Pizza.

Eine etwas mehr als tellergrosse Pizza auf einem Blech, das auf einem Ständer auf dem Tisch steht. Die Pizza ist sehr, sehr reichhaltig mit Paprikas, Oliven, Pilzen und Zwiebeln belegt.

Mit viel zu vollem Magen liege ich nun halb auf dem Bett und tippe diesen Beitrag, während hinter dem Hotel in regelmässigen Abständen schwere und lange Güterzüge vorbeikeuchen. 🥰

Was ich am Sonntag mache? Das Wetter ist unstabil, es regnet immer noch recht kräftig. Ev. fahre ich doch noch gen Süden, um zu schauen, wie es den richtig grossen Kakteen geht. Auch wenn dabei etwas Sonnenschein schön wäre.

E gueti Zyt, bis später! 🙋🏼‍♂️


Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.