EoYUSA2022, Gila Bend – Las Vegas

7. Dezember 2022 - Lesezeit: 20 Minuten

Und schon macht sich eine gewisse Bequemlichkeit bemerkbar. Drei Tage nichts geschrieben? Eh, es sind ja Ferien!

Fauler Sonntag in Gila Bend

Die Wetterprognosen waren ja schon am Vorabend nicht berauschend gewesen. Die ganze Nach über regnete es weiter. Zum Glück nicht allzu heftig. In der Wüste, wo es sonst sehr trocken ist, sind ausgedehnte Regenfälle immer heikel, da es schnell zu Überschwemmungen mit Geschiebe kommt, die Strassen blockieren können.

Ich nahm den Gutschein vom Hotel für das Frühstück und machte mich auf den Weg um die Ecke zum «Space Age Restaurant». Ein typischer Diner. Das Personal ist sehr freundlich, die Küche aber reduziert. Das American Breakfast war in Ordnung, die Rösti hätte jetzt noch etwas besser gebraten sein können. Aber ich mochte eh nicht die ganze Portion essen.

American Breakfast. Zwei (grosse!) Rühreier, zwei Stück Speck, kross gebraten. Dazu Rösti, Kaffee und Toast.

Die Space Age Lodge und das Space Age Restaurant, welche zusammengebaut sind. Ursprünglich entstand das Hotel 1965, das Restaurant wurde nach einem Brand 1999 neu erstellt. Die Geschichte in englisch liest sich hier.

Ich finde die Dekoration noch stylisch, aber ich bin ja auch eher ein Trekkie, wenn auch nicht vergiftet. 😉

Die Bar des Restaurants. Die Wand dahinter ist mit einem sehr grossen Porträt der USS Enterprise bemalt. Alles leuchtet ein wenig neonfarbig.

Als ich nach draussen kam, war das Wetter zwar einigermassen trocken, aber bedeckt und die Prognose zeigte wenigstens keine Gewitter mehr für das «Organ Pipe Cactus National Monument».

Vor dem Restaurant, parkierte Autos. Daneben die Strasse. Das grosse Werbeschild für das Hotel mit einem UFA ist sichtbar. Der Himmel ist wolkenverhangen.

Also packte ich meine Siebensachen und stieg in den Wagen. Einen ganzen Sonntag im Zimmer herumhängen war ja auch nicht wirklich sinnvoll.

Die Strecke ist etwas mehr als eine Stunde und führt bis fast an die mexikanische Grenze. Immerhin hiess mich sowohl Swisscom als auch T-Mobile dort willkommen per SMS. 😜

Beim Eingang schwatzte ich ein paar Minuten mit einer Angestellten, welche vor dem Gebäude einen Info-Stand hatte. Sie meinte, dass die Autofahrt in den Park schon möglich sei, aber die Strasse sei nur am Anfang befahrbar, danach würde sie nicht mit meinem Mietwagen weiterfahren. 

Blick auf die wolkenverhangenen Hügel beim Visitor-Center des Organ Pipe Cactus National Monument. Im Vordergrund ein paar Saguaro-Kakteen.

Ich habe den Park schon einmal besucht und wollte nicht bei dem Wetter nochmals reinfahren. Ich ging zum Wagen und holte meine Maske. Im Visitor Center gilt Maskenpflicht. Ich guckte mich um und kaufte ein paar Souvenirs. Danach schwatzte ich noch ein wenig mit der Frau an der Kasse. Wir sprachen über Fussball, namentlich Frauenfussball, da sie Trainerin einer College Mannschaft ist und mein Patenkind ja auch Fussball spielt.

Es hatte einen kleinen Rundweg beim Visitor Center, der einem die schönsten Exemplare von Kakteen gleich vor der Nase präsentiert. Die Früchte dieses Fass-Kaktus wären eigentlich reif gewesen, es war ein wenig verführerisch. Aber ich hätte wohl Schelte bekommen und mir wenn möglich einen Dorn in den Finger gerammt.

Ein länglich runder Fass-Kaktus, wissenschaftlich Ferocactus wislizeni. Er hat dicke, dichte Stacheln. Auf der Oberseite trägt er gelbe, reife Kaktusfrüchte.

Die Cylindropuntia (Cholla) hier haben etwas längere «Ärmchen» als ihre Vettern im Joshua  Tree Nationalpark, ihre Stacheln sind jedoch mindestens gleich gemein. In der englischen Wikipedia bzw. dem Artikel zum Kaktus, findet sich eine Grossaufnahme eines Stachels, der mit Widerhaken bestückt ist.

Ein ganzer Cholla-Kaktus, mit vielen Ärmchen voller Stacheln. Daneben der Gehweg beim Visitor Center.

Auf dem Rückweg machte ich dann noch einen kurzen Halt in Ajo. Dieses verschlafene Städtchen hatte aber am Sonntag alles geschlossen.

Die Geschichte des Ortes ist interessant. Schon sehr früh bauten hier die Ureinwohner Kupfererz ab, um daraus Färbemittel herzustellen. Als dann die Siedler kamen, ging es wieder vergessen, bis 1910 jemand ein Geschäft witterte. Die Mine bestand bis zu einem Arbeitskampf 1985. Sie ist im Tagebau und hinterliess gigantische Schutthaufen.

Die Stadt starb dann praktisch aus, bis eine ehemalige Professorin aus Neuengland im Jahr 2000 hierher zog und eine Gesellschaft gründete. Es liessen sich in der Folge zahlreiche Künstler hier nieder und der Tourismus kam etwas in Schwung.

Der Bahnhof ist seit dem Ende des Kupferbergbaus nicht mehr in Betrieb. Die Strecke von Gila Bend bis Ajo, welche eigentlich mal bis Tucson hätte führen sollen, ist teilweise noch gut sichtbar und es liegen sogar noch Gleise.

Eine schwarzweiss Aufnahme des Bahnhofs von Ajo. Ein lang gestrecktes Gebäude mit einem Arkadengang davor. In der Mitte erhebt sich eine kleine Kuppel. Davor die Strasse und Palmen, welche das Gebäude säumen.

Gegen späten Nachmittag kehrte ich zurück nach Gila Bend und füllte an der Tanke noch einmal randvoll für $ 3.99 die Gallone ein. 

Danach schlich ich noch ein wenig im Dorf herum, schaute die teilweise sehr heruntergekommenen Behausungen an und rekognoszierte das Postbüro, das erst am Montagmorgen um 8 Uhr wieder öffnen würde.

Auf dem Rückweg hoffte ich noch auf Güterzüge, aber beim alten Wasserturm schlich nur ein streunender Hund herum und irgendwo spielte die Musik zu einer mexikanischen Hochzeit.

Eine schwarzweiss Aufnahme des alten, stillgelegten Wasserturms der Eisenbahn.

Nach dem Nachtessen fiel mir ein, das sich die Postkarten ja noch schreiben musste. Wie geht das schon wieder? Papier und Stift und keine Korrekturtaste? Oh Mann, meine Handschrift. 🤦🏼‍♂️

Abreise Gila Bend

Ich stellte den Wecker etwas früher und packte dann fast schon fertig. Ich musste mir wiederum einen Gutschein für ein Frühstück bei der Rezeption holen. Diesmal nicht so üppig!

Kurz nach halb Neun checkte ich aus und fuhr zum Postbüro.

Das einstöckige, kleine Backsteingebäude des Postbüro von Gila Bend. Nach vorne ist eine Hälfte des Gebäudes eine Fensterfront. An der anderen steht der Name und die Postleitzahl in grossen, metallenen Lettern. Die Flagge der USA hängt oben am Mast. Ein Zeichen, dass geöffnet ist.

Als ich ins Gebäude kam, beäugten mich die beiden Angestellten schon neugierig, sie hatten mich beim fotografieren beobachtet. Der Mann am Schalter musste beindruckende Daten eingeben, um die zwei «Briefmarken» zu erstellen. Es waren dann Barcodes, welche er fast nicht auf die Karte brachte. Mit gemeinsamen Kräften unter Zuhilfenahme einer Schere brachten wir sie dann so auf die Karten, dass der Text und die Adresse noch lesbar waren. 👍🏻

Aber er war sichtlich erfreut, mal so einen Spezialfall abwickeln zu können. 

Danach fuhr ich los in Richtung Phoenix. Die Strassen war grösstenteils schnurgerade, aber die Sicht war eher mau. Kurz vor Phoenix hatte es dann sogar mal dichten Nebel, dass ich wie ein Sperber aufpassen musste.

Eine zweispurige Autobahn führt geradeaus in den Nebel. Links und rechts Büsche und Steppe.

Nach Phoenix geht die Strecke fast gerade nach Norden. Das Wetter riss dann langsam auf. Die Strasse war nicht zu stark befahren, so das sich mehrheitlich mit dem Tempomat fahren und die Gegend geniessen konnte. Damit es nicht langweilig wurde, hörte ich mal wieder die alten Alben meiner Jugend vom iPhone über den Autolautsprecher.

Die Strasse führt geradeaus, in der Ferne sieht man einen vorausfahrenden Wagen. Rechts hat es eine metallene Leitplanke. Die Strasse ist gesäumt von Büschen. Der Himmel ist sehr blau mit vielen weissen Wattewolken.

Ich begreife die Leute nicht, die einen Kilometer vor einer angekündigten Überholspur noch bei einer ausgezogenen Sicherheitslinie überholen müssen, obwohl ich doch meistens ein paar Meilen zu schnell fuhr!

In Kingman tankte ich noch einmal, um die günstigen Preise in Arizona auszunutzen. Hier kostete die Gallone, bar bezahlt, nur 3.84$. Dazu noch etwas Wasser und schon wieder ging es weiter.

Alsbald und deutlich früher als ich gedacht hatte, fuhr ich über den «Railroad Pass» und schon sieht man dieses Ungetüm namens Las Vegas in der Wüste liegen.

Blick über das Tal, im Hintergrund sieht man die Hoteltürme und Vororte voller Wohnhäuser von Las Vegas. Dahinter eine Bergkette.

Ich empfinde die Fahrt in eine Grossstadt auch mit Navi immer sehr stressig. Fünf- oder sechsspurige Autobahnen, Ein- und Ausfahrten, dichter Verkehr. Irgendwann erschrak ich, weil es vor mir plötzlich weiss wurde. Ich dachte, ein Auto voraus sei seitlich an eine Betonabsperrung geprallt oder ähnlich. Aber irgend ein lausiger Göppel hatte wohl eine Fehlzündung oder sich verschaltet und eine dichte, halbverbrannte Ölwolke hinterlassen. Igitt.

Natürlich fuhr ich eine Ausfahrt zu früh raus und musste dann ein kleines Stück des Las Vegas Boulevard befahren. Zum Glück war die Einfahrt zum «Treasure Island» gut signalisiert. Eigentlich wollte ich erst das Valet Parking in Anspruch nehmen. Aber irgendwie hatte ich keine Lust, jeweils auf den Wagen zu warten und fuhr deshalb ins Self Parking. Das ging eigentlich ganz gut, es hatte mehr als genug Plätze. Ich hoffe, ich finde den Wagen dann wieder. 😂

Der Weg zu Fuss mit dem ganzen Gepäck zum Hotel war auch nur kurz und eine hilfreiche Person wies mir den verwinkelten Gang zu Reception hinunter. 

Dort hiess es erst mal rund 30 Minuten anstehen. Die in der automatisch versendeten Mail erwähnten Selbstbedienungskiosks gibt es nämlich nirgends zu sehen. Dafür hatte die Receptionistin Freude, dass ich alle Daten schon eingeben hatte.

Dann machte ich mich auf den Weg in den 23. Stock zu meinem Zimmer mit «Strip View». Die Aussicht ist wirklich gut, die nicht so gut gereinigte Scheibe macht sich auf dem Foto fast nicht bemerkbar.

Blick aus dem grossen Fenster des Hotelzimmers. Man sieht im Dämmerlicht die vielen farbigen Neonlichter und Leuchtreklamen der Stadt. Der Himmel ist fast lila, am Horizont noch ein wenig gelb.

Ich suchte mir im Internet ein Sushi-Lokal und wurde im «Wynn» bzw. «Encore» fündig. Ich musste mich im Casino drin zwar herumfragen, bis ich das «Wazuzu» dann endlich fand. Aber das ist ja System, denn man will die Gäste noch ein wenig im Casino binden. Dies in der Hoffnung, dass man etwas Geld liegen lässt.

Da ich noch warten musste, vertrieb ich mir tatsächlich die Wartezeit, bis zu einem freien Tisch an einem Automaten.

Ein länglicher, schmaler Teller mit ach Stückchen einer Sushi-Rolle mit Thun. Schön dekoriert mit ein wenig Kresse. Dazu Ingwer-Scheibchen und ein Klacks Wasabi.

Ich spielte danach noch ein wenig weiter, was ich nicht hätte tun sollen. Denn ich hatte kein Glück bis kurz vor Ende. Aber eben, ich nehme mir ja nur so viel Bargeld mit, wie ich auch verlieren darf. Denn über die Dauer gewinnt immer das Casino. 🤷🏼‍♂️

Etwas frustriert, weil ich mich selber ja kenne, ging ich ins Zimmer zurück und genoss dafür noch ein nettes Bier, das ich mir unterwegs mal gekauft hatte. Dazu gab es Cookies, was der Seele ja auch gut tut.

In Las Vegas

Ich schlief recht lange und gut und trödelte dann wieder bis kurz vor 12 Uhr im Zimmer herum. Das Wetter war frisch und leicht bewölkt.

Ich zog meine Trekkingschuhe an, denn ich wollte ein wenig herumlatschen. Gut so, denn bis gegen späten Nachmittag hatte ich fast zwölftausend Schritte getan. Die Stadt ist riesig, aber wer läuft hier schon. Las Vegas ist voll und ganz motorisiert!

Die beiden Hotels Encore und Wynn mit ihren geschwungenen, goldenen Fassaden. Im Vordergrund eine sehr stark befahrene Kreuzung.

Als ich einen Bahnübergang überquerte, sah ich in der nicht so weiten Ferne die Lichter eines Zuges.

Ich stehe auf dem Bahnübergang einer zweispurigen Eisenbahn. Auf der linken Spur sieht man undeutlich die Konturen eines herannahenden Zugs.

Also stellte ich mich auf die Seite und machte das iPhone parat. Und schon gingen die Schranken und lautem Bimmeln nieder. Natürlich musste noch jeder mit dem Auto schnell durch schlüpfen und dann kam der Zug schon heran gerollt. 

Vier Lokomotiven zogen den Zug mit Containern, aber seht selbst, wenn Ihr wollt. Lautsprecher an, wer gerne die Loks hören will. 🔊

So, das wurde doch wieder ein langer Beitrag.

Bald schon geht es in zwei Etappen an die Küste. Leider sind die Wetterprognosen nicht so gnädig, mal schauen.

Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.