#ToTheNorth23, Talkeetna - Denali N.P. - Fairbanks

10. September 2023 Lesezeit: 18 Minuten

Talkeetna – Denali N.P.

Die Nacht im Talkeetna Camper Park war, naja.

Es regnete zwischendurch, wurde kühl und entgegen meiner Prognose, dass auf der Strecke Anchorage – Fairbanks wohl keine oder nur selten Güterzüge führen, tutete es Nachts kurz nach 1:30 Uhr zweimal lang, einmal kurz und danach gleich hinter dem Motorhome laut und danach ratterte und rüttelte ein mittellanger Güterzug während ein paar Minuten gleich hinter meinem Kopf durch. Also mindestens empfand ich es so. 😂

Ich schlafe eh recht leicht, wache häufiger auf, habe aber meist kein Problem, schnell wieder einzuschlafen. Die Situation mit zwei anderen Erwachsenen Personen im gleichen Camper ist eh anders, als zu Hause, wo ich mein Schlafzimmer und meine Wohnung für mich alleine habe. Meist wacht man aus dem Halbschlaf auf, wenn sich jemand im Camper dreht und dann bewundert man kurz die Geräusche, welche männiglich von sich gibt. 😜

Nach dem Frühstück fuhren wir kurz durch das Dörfchen und guckten all den (hauptsächlich Kreuzfahrt-/Bus-)Touristen zu, welche in den vielen Shops nach Souvenirs suchten.

Denali Brewpub in Talkeetna

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es nur ein kurzer Jump zum Denali sei, aber die Fahrt zog sich nach dem Frühstück dahin. Wir trafen «erst» um Viertel vor Vier beim Eingang zum Park ein und fuhren zur Campground Registration. «Alexander», der junge Angestellte dort erklärte mir alle dreitausend Optionen und Bedingungen, welche die Fahrt in den Park beinhalten. Wir löhnten noch einmal 45 Taler für drei Personen für den Eintritt in den Nationalpark und bestiegen wieder unseren Göppel. Die Distanz zum Teklanika River Campground ist 45 Kilometer. Aufgrund der Geschwindigkeitsbeschränkung und des Strassenzustands ist die Fahrt mit eineinviertel Stunden veranschlagt. Da die fahrende Person sehr auf mögliche Sichtungen von Tieren fixiert war und das Licht auch noch recht gut war, dauerte es ein wenig länger. Aber wie man sieht, lohnt es sich… ein «Ptarmigan», wie man dem Schneehuhn hier sagt. 🥰

Ein Ptarmigan, wie dem Schneehuhn hier sagt. Es trägt bereits weisses Wintergefieder am Bauch, der Rest ist noch braun gefleckt

Teklanika River Campground, Denali N.P.

Erster Abend

Der Campground liegt ein paar Meter abseits der Strasse, wo auch die Haltestelle für die Shuttle Busse ist. Er hat zwei Loops, welche eher spärlich besetzt waren. Wir hatten links und rechts einen freien Platz und somit recht viel Privatsphäre. Ein paar Camper lassen während der erlaubten Zeit immer irgendwo einen Generator laufen, aber es störte nicht stark.

Wir bedauerten ein wenig die Zelt-Camper, denn es war ordentlich kühl und Regen war in den Tagen und Wochen immer wieder zu erwarten.

Da es schon recht spät war und alle ein wenig «mudrig» (erkältet), machten wir uns direkt ans Kochen. Das Gemeinschaftswerk bestand aus einem Rindsragout an einer feinen Sauce mit Kartoffelstock und etwas Gemüse, dazu und darin, eine Flasche Rotwein. Den Salat, der schon gerüstet war, taten wir wieder in den Kühlschrank, es war etwas zuviel.

Ein Teller mit Rindsragout und einer «gesunden» Portion Kartoffelstock mit Saucen-Seelein.

Da wir inzwischen alle leicht erkältet (und teilweise schon wieder auf dem Weg der Besserung sind), habe ich noch ein wenig Früchte zu einem Fruchtsalat gerüstet. Die Chocolat-Chips-Cookies könnt Ihr Euch einfach wegdenken. 😇😜

Eine Schüssel Fruchtsalat

Zweiter Tag

Die Nacht war nicht so erholsam. Einerseits finden im Denali Nationalpark Bauarbeiten rund um die Bergrutschstelle nahe des Polychrome Passes statt. Der Staat baut dort nun eine permanente Lösung in Form einer Brücke. Die Bauarbeiten dürften noch bis ins 2026 andauern. So rund ab 23 Uhr, nach der Einstellung des regulären Bus- und Zubringerverkehrs, fahren in Konvois Muldenkipper und anderes schweres Gerät die Strassen auf und ab. Der Geräuschpegel ist zwar im Verhältnis zur sonstigen Stille eher hoch, aber als urbane SchweizerInnen doch auszuhalten. 🤷🏼‍♂️

Adi, der bisher noch keine grossen Symptome hatte, überstand die Nacht definitiv in eine Erkältung hinein. Er hatte miserabel geschlafen, was ich auch ein wenig spürte, denn er weckte mich ein paarmal mit einem Pfeifen von meinem Schnarchen. Jetzt hat es uns also alle erwischt. 😬
Wir versuchten zwar auszuschlafen, aber irgendwann hiess es Heizung Marsch. Die Gasheizung des Motorhome erwärmt mittels Umluft in recht kurzer Zeit die Kabine und dann lässt es sich etwas einfacher aus dem Schlafsack kriechen.

Das Frühstück mit Blueberry-Pancakes (und Ahorn-Sirup) machte uns wieder munter. Der neu gekaufte lösliche Kaffee wird wohl gleich wieder entsorgt. Irgend so eine amerikanische Marke, welche ein schwarzes Getränkt erzeugt, das bitter ist, aber sonst nichts. 🤢

Danach machten wir uns fertig für einen kleinen Spaziergang entlang der Strasse, in der Hoffnung, ein paar Tiere zu sehen.

Eine breite Kiesstrasse macht eine sanfte Rechtskurve. Entlang der Bäume stehen Pappeln mit gelbem Laub. Dahinter sind die schneebedeckten Spitzen von ein paar Bergen oder Hügeln zu sehen.

Die rund 8 Kilometer zur Brücke über den Teklanika River runter und zurück war nett, in der Sonne sogar plötzlich sehr warm.  Die Farben der arktischen Tundra mit dem schönen Rot, sowie der gelb-golden leuchtenden und im geringsten Wind schon flirrenden Blätter der amerikanischen Pappeln waren toll. Leider zeigte sich ausser einem Squirrel und ein paar krächzenden Raben keine Tiere.

An der Teklanika River Brücke, Blick auf die Flussebene und die dahinterliegenden Berge

Auf dem Rückweg warteten wir am Teklanika Rest-Stop, bis alle Busse mit den Touristen abgefahren waren. Danach war es schön ruhig und wir sassen noch ein wenig an der Sonne. Ich sprach mit einem gerade heran gefahrenen Park-Ranger ein wenig über die Saison, das Wetter und das mittlere Management, das sich allerhand lustige Ideen ausdenkt, um sich zu verewigen. Wie zum Beispiel den kurzen Abschnitt zwischen dem Sanctuary River Campground und der Savage River Check Station, wo es einen kurzen Abschnitt hat, auf welchem man nicht zwischen ..:00 und ..:10 Uhr fahren darf, um die Schafe zu schützen, welche die Strasse dort angeblich queren. Klar, schliesslich weiss jedes Kind, dass Schafe Schweizer Uhren tragen und sich auch an die Verkehrsregeln halten, gell Heinz! 🤣

Holztafel, welche die Sperrzeit für den Verkehr angibt.

Ich fragte den Ranger, ob wir denn zu spät für die Tiere seien, obwohl wir hier in der Vergangenheit zur selben Zeit schon deutlich mehr gesehen haben. Er meinte, es läge sicher am Wetter, aber auch am enormen Busverkehr, den sie das letzte und auch dieses Jahr hätten. Ob es stimmt, wer weiss?

Nach der Rückkehr in den Campground nutzten Rosette und Adi die Zeit für einen kurzen Nap, um sich vom Schlafmanko der vorherigen Nacht ein wenig zu erholen.

Ich setzte mich im Camping-Stuhl nach draussen und las ein wenig in meinem e-Reader. Die Sonne wärmte eigentlich ganz schön, auch wenn es im Schatten noch kühl blieb. Irgendwann rutschte mir der e-Reader beinahe aus der Hand und ich hatte kurz kalte Finger. Also steckte ich alles in die Taschen meiner Faserpelzjacke und döste ein. 

Es steht zwar, dass der Campground von Bären besucht würde, aber ich glaube kaum, dass der mir Ursus Schnarchus zu nahe gekommen wäre! 😅

Ich wachte auf, als die Sonne kurz hinter den Wolken verschwand. Sofort wurde es empfindlich kühl. Der Stuhl hatte sich ein wenig unbequem versucht, mit meinem rechten Oberschenkel zu arrangieren. Ich massierte die Druckstelle und guckte in das Motorhome, wo sich Rosette und Adi gerade am Wasser kochen waren. Wir tranken Tee, um die Hände zu wärmen und spielten ein paar Runden «Uno».

Gegen Abend machten wir uns eine feine Sugo und genossen die Hartweizen-Spaghetti al dente, was man ja hier im Restaurant selten bekommt. Der Salat vom Vortag schmeckte noch gut. 

Nach dem Nachtessen gingen wir noch kurz zum Teklanika River hinunter. Man weiss ja nie.

Rosette und Urs beim kurzen Abendspaziergang zum Teklanika River

Ausser einer schönen Aussicht auf die eisig wirkende Landschaft mit den verschneiten Bergen und dem Rauschen des Flusses gab es jedoch nicht zu sehen. Ok, ein anderer Camper war da auch am Spazieren und ich liess meinen British-Detector mal wieder richtig raten. Ich witzelte kurz, dass wir jetzt noch ein paar Spässe über die Amis machen könnten und verabschiedete mich aber dann ohne. 😇

Am Ufer des Teklanika River beim Campground. Es ist schon Dämmerung, aber man sieht noch die verblichenen Farben der Gegend und die frisch verschneiten Berge unter silbergrauem Himmel

Wir beschlossen, am Samstag früher aus dem Schlafsäcken zu kommen, um ohne Frühstück zurück zum Parkeingang zu fahren. Dies in der Hoffnung, doch noch ein paar Tiere zu erspähen.

Also ging es recht früh in die Heia, gut verpackt wegen der erwarteten Kälte. Natürlich wieder mit Verkehr in der Nacht, den Aid und Rosette aber bereits nicht mehr mitbekamen.

Denali N.P. – Fairbank/North Pole

Die Nacht war dann gar nicht allzu kalt, denn die Wolkendecke hatte sich geschlossen und in der Nacht fiel sogar ein wenig Regen. Ich hatte den Wecker auf sieben Uhr gestellt, liess den zwei Mitbewohnern aber noch eine Viertelstunde, bis ich die Heizung anwarf. Schnell eine Morgentoilette und wenigstens einen Kaffee. Ist ein Menschenrecht, sagt jeweils Kollege Heinz!

Dann brachen wir das Experiment Denali Nationalpark innerlich ab und fuhren gemächlich zum Ausgang zurück. Natürlich hofften wir auf Tiere, aber unsere Erwartungen waren nach dem gestrigen Tag gering.

Auf einmal sah ich in der Ferne etwas aufblitzen, gleichzeitig sahen wir einen der Tourbusse  in Gegenrichtung etwas weiter vorne mit Warnblinkern am Strassenrand stehen. Eine kleine Herde Karibus zog gemächlich durch die Tundra und zupfte zwischendurch ein paar Blättchen aus.

Rosette war die schnellste und hatte das grosse Objektiv drauf, um die Tiere heranzuzoomen.

Ein Karibu-Bulle mit imposantem Geweih steht in der arktischen Tundra im Denali Nationalpark 

Mit etwas freudigeren Gefühlen ging es gemächlich weiter und wir kreuzten viele weitere Tourbusse und Autos von Rangern, welche patrouillieren.

Die arktische Tundra wäre eigentlich sehr farbig, aber das Wetter machte wieder dicht und so blieb nur das etwas triste Abschiedsbild, Adieu Denali Nationalpark.

Szene unterwegs aus dem Park hinaus. Im Vordergrund ein paar Büsche, dahinter die rote Tundra und am Horizont leicht verhüllt unter grauem Himmel schneebedeckte Berge

Nach einem erfolglosen Besuch der Souvenir-Abteilung des Visitor-Center (wo es wenigstens gratis WLAN gab), fuhren wir nordwärts los bis nach Healy. Dort gab es gegen 13 Uhr im total überfüllten Rose's Cafe, wo die Hälfte der Gäste doppelt so lange Bärte wie ich trug, ein spätes Frühstück. Die Portionen waren «decent», wie man hier pflegt zu sagen und auch lecker. Rosette hatte zwei Rühreier und nur einen Pancake dazu. Aber der war so gross, dass sie ihn alleine nicht aufessen mochte. Mir hatte es die selbst gemachte Chili-Sauce zu den Eiern angetan, endlich mal ein wenig «Heizung». 🥵

Wir reservierten uns dort vor Ort einen Stellplatz am Chena-River KOA in Fairbanks/North Pole und machten nur einen kurzen Umweg über die Shopping-Meile, um uns die üblichen drei/vier Lebensmittel zu organisieren, die wir auf der Liste hatten.

Ihr kennt es… rund 140 Dollar später beluden wir unser Motorhome und fuhren zum Ziel.

Der Campground liegt etwas ausserhalb. Es gibt zwar eine Hauptstrasse, welche etwas Verkehr aufweist und in der Nähe eine Air Force Base. Aber im Gegensatz zu 2019 ist heute (mindestens bis jetzt um 23:30 Uhr) kein grosser Verkehr.

Wir schätzen den Campground, da wir wieder einmal drei Waschmaschinen füllten und prompt zu wenig Quarters hatten. Zum Glück war die Rezeption gerade noch offen als Adi Nachschub holte. Eine Maschine 16 Quarter (=4$), der Tumbler nochmals 2.75$.

Aber vor allem hat es Duschen ohne Zeitbeschränkung und mit genügend heissem Wasser. Ein Genuss, normalerweise. Meine war etwas gar arg hart mit Wasserdruck, dass es fast ein Peeling war. 😉

Das Wetter in Fairbanks spielte mit, es war den Tag über sonnig und fast ein wenig warm. So wird vermutlich auch die Nacht nicht ganz so kühl.

Blick vom Campground auf den Chena River

Heute gab es Reste-Essen, was sehr fein war. Langsam müssen wir einen Menuplan entwerfen, damit wir zum Schluss der Reise nicht zu viele Esswaren übrig haben.

Eigentlich wollte ich ursprünglich noch ein wenig über das Leben und die Ausrüstung des Motorhome schreiben, aber der Beitrag ist bereits viel zu lange geworden. Geniesst Euren Sonntag, man liest sich nun wohl wieder erst in ein paar Tagen.

👋🇺🇸

Karte der beschriebenen Route

Link auf Google Maps

Ausschnitt von Google Maps


Yukon 2019, Denali Nationalpark

13. September 2019 Lesezeit: 16 Minuten

Kantisna Experience Tour im Denali Nationalpark

Der Wecker klingelte brutal früh um 04:45 Uhr. In der Nacht vorher schliefen wir etwas unruhig, da recht viel Betrieb im Riley Creek Campground herrschte.

Ein Frühstück lag nicht wirklich drin. Schnell einen Pulverkaffee gebraut, während wir unsere Rucksäcke bepackten. Kleider in Schichten, inkl. Regenzeugs. 

Gemäss einer Reisebeschreibung sollte es einen kleinen «Lunch» geben, aber das reiche nirgends hin. Also strichen wir uns Sandwiches mit Käse und Schinken und packten diese zusammen mit Tee und Wasser ein. Die Äpfel, welche wir noch mitnehmen wollten, vergassen wir im Eifer des Gefechts.

Der Bus sollte um 06:05 ab dem Busdepot fahren. Gemäss Ticketverkaufsstelle sollten wir aber bereits um 5:45 Uhr dort sein. Also gingen wir um 5:25 Uhr mit Taschenlampen bewehrt in die kalte, stockdunkle Nacht.

Wir holten zügig aus und waren ziemlich genau um 5:35 Uhr am Busdepot, welches bereits geöffnet hatte und somit die Toiletten zugänglich waren.

Schilder mit den Bustouren beim Bus-Depot in der Morgendämmerung

Ausser uns waren nur zwei ältere Herren mit viel Fotoausrüstung da. Man verstand das Gemurmel aber nicht sehr gut.

Wir reihten uns mal an erster Position ein und nach und nach tauchten weitere Fahrgäste auf. Der Bus liess aber auf sich warten. Wir witzelten schon, ob der Fahrer wohl verschlafen habe oder ob ein Motorschaden uns einen Strich durch die Rechnung machen würde.

Mit den anderen Fahrgästen verglichen wir die Wetterprognosen und guckten uns den frühen Morgenhimmel an. Wolken, aber auch klare Abschnitte wechselten sich ab.

Gemäss der ursprünglichen Prognose von ein paar Tagen vorher, sollte es bewölkt sein. Aber die Strasse in den Denali Nationalpark, welche ab Meile 15 (ca Kilometer 25) nur mit den Tour-Bussen oder mit einer Spezialbewilligung befahren werden darf, ist insgesamt fast 150 Kilometer lang und führt durch verschiedene Klima- und Wetterzonen.

Endlich, um ca 6:15 Uhr fuhr der Bus der «Kantisna Experience Tour» vor. Der Busfahrer, Ryan, stellte sich kurz vor und hakte dann die Namen der Fahrgäste beim Einsteigen ab.

Ryan, unser Busfahrer auf seinem gut gefederten Sitz

Da wir so früh da waren, konnten wir uns die Sitze gleich rechts in der ersten Reihe ergattern. Der Fensterplatz meiner Reisebegleitung war zwar etwas eng. Denn dort hing noch der Feuerlöscher und ein Teil des Fussbereichs war wegen dem Radkasten kleiner. Aber so hatten wir nicht nur Aussicht nach rechts, sondern auch nach vorne. Und da die Sitze gleich hinter Ryan auch für Material reserviert war, hatten wir auch freie Sicht nach links! Jackpot!

Wir räumten die Lunchboxen, welche auf jedem Sitz lagen in die Gepäckablage. Es war eine kleine grüne Stofftasche mit Innenisolierung. Sie enthielt eine Wasserflasche, einen Apfel, einen kleinen Käsestick, Nussmischung, ein kleines Päckchen Oreo-Cookies und einen Müesli-Riegel. 

Während Ryan nun den Bus aus dem Depot lenkte, erklärte er uns ein paar Spielregeln. Wenn wer Tiere sieht, «Animal, Animal» rufen. Zudem die Position (als Uhrzeit, zum Beispiel rechts als drei Uhr) ansagen. Wenn er hält, dann kann man die Fenster öffnen. Aber keine Körperteile aus dem Bus, nur Objektive. Kein lautes Schwatzen und Rücksicht auf die anderen Fahrgäste, also diese auch mal zum Fotografieren kommen lassen.

Der Bus keuchte die ersten Steigungen hoch und Ryan informierte jeweils immer, wo wir waren. Wie hoch über Meer und so weiter. Nebenbei streute er jeweils ein paar Anekdoten ein und so war es nie langweilig, aber auch keine Dauerberieselung.

Und schon hallte der erste «Animal, Animal»-Ruf durch den Bus. Ryan bremste ab und wir konnten drei Karibus beobachten, welche sich vom Strassenrand gegen den Wald bewegten.

Karibus entlang der Strasse in den Denali Nationalpark

Der Bus hält alle ein- bis eineinhalb Stunden für Toilettenpausen. Diese sind meist gerade so passend mit zehn bis fünfzehn Minuten. Und so erreichten wir etwa um 7:45 Uhr den Teklanika Rest Stop bei Meile 30 und konnten das erste Mal aussteigen und uns die Beine vertreten. Hier wurden uns auch pro Person ein Wrap überreicht. Die Wahl, ob Truthahn oder Vegi, mussten wir am Anfang treffen.

Aussicht über den Teklanika River beim Rest Stop

Beim Einsteigen sollte man immer prüfen, ob man im richtigen Bus sitzt 😂

Ryan erklärte, dass er eigentlich sonst eher mit den grünen Shuttle-Bussen unterwegs sei. Die braunen Tour-Busse kenne er nicht so gut. Aber er lenkte das Fahrzeug mit viel Umsicht und souverän.

Tour-Busse mit verschiedenen Destinationen am Teklanika River Rest Stop

Über den Sable Pass ging es dann zum «Polychrome Overlook».

Unterwegs erschallte wieder der Ruf «Animal, Animal»! Diesmal war es eine Grizzly-Mutter mit ihren zwei Kleinen. Das Tele machte sich bezahlt.

Grizzlybärin mit ihren zwei Kleinen

Und gleich danach sah man weisse Punkte in den Berghängen. Dall Schafe sind so hoch oben, um ihren Jägern, den Bären und Wölfen zu entgehen. Sie nehmen ihren Wasserbedarf durch Lecken von Steinen und durch die Flechten und Gräser auf, so dass sie eigentlich nie in die Flusstäler herunter müssen. Das Foto ist etwas unscharf, da hätte ein grösseres Tele und ein Stativ herhalten müssen.

Dall-Schafe am Berghang

Hier beim «Polychrome Outlook» zeigen sich je nach Wetter die verschiedenen Farben der Gesteine und man hat einen tollen Ausblick über das rund 200 Meter tiefer liegende Flusstal.

Ryan erklärte uns, dass die Strasse hier aufgrund des langsam auftauenden Permafrost unter dauernder Beobachtung der Geologen sei. Man sah auch, dass hier grössere Erdbewegungen stattgefunden hatten und die Strasse nur provisorisch geflickt war.

Schmale Strasse vor dem Polychrome Overlook, der schwarze Strich ist das Busfenster

Auf dem Hinweg hielten wir nicht am «Polychrome Overlook» sondern fuhren direkt weiter hinunter ins nächste Tal.

Kurz nach 9 Uhr erreichten wir beim Toklat River den nächsten Rest Stop. Hier gab es etwas mehr Aufenthalt, unter anderem hat es hier auch einen kleinen Shop, der Souvenirs und auch Bücher, sowie Karten rund um den Denali Nationalpark vertrieb.

Toklat River Rastplatz, morgens kurz nach 9 Uhr

Gleich bei den Fernrohren lagen auch mächtige Elch- und Karibu-Geweihe herum. Die Gelegenheit, mal jemandem «Hörner aufzusetzen». 😇

Die abgebildeten Personen sind mir natürlich völlig unbekannt. 

Teilnehmer unserer Reisegruppe fotografieren sich mit einem Elchgeweih

Von hier aus sah man auch das zweite mal den Mount Denali, vorher nur ein kleines Spitzchen in den Wolken, hier nun recht klar. Wir waren wirklich glücklich, nachdem die Nacht bedeckt und die Prognose eher durchzogen war, den Berg so gut zu sehen.

Der mächtige Mount Denali, bis 2015 Mount McKinley genannt

Weiter ging es zum «Eielson Visitor Center», welches wir gegen 10:30 Uhr erreichten.

Es ist optisch sehr gut in die Landschaft eingebettet ist. Das Gebäude ist teilautark mit Solarpanels und verfügt über Ranger und Rangerinnen, welche Auskunft über die Gegend geben. Es hat auch Pelze von Tieren wie einem Vielfrass oder einem Hasen, bei welchen man das feine Haar selber fühlen kann.

Ausblick über die Landschaft vom Eielson Visitor Center

Leider sind die Wege ausserhalb des Visitor Centers abgesperrt. Hier haben junge Grizzlybären vor einiger Zeit einem Touristen den Rucksack abgejagt und wurden aufdringlich. Deshalb müssen die Menschen weichen, ansonsten müsste man die Bären töten, was niemand will.

Nun fuhren wir zum Wonderlake, wo uns Doris, eine Rangerin des US Nationalpark-Services begrüsste und zu uns in den Wagen stieg. Sie war den Sommer durch hier auf der Station und geht gegen Mitte September dann wieder zurück in die Zivilisation. Sie begleitete uns durch die letzte Etappe nach Kantishna.

Der Mount Denali, der höchste Gipfel Nordamerikas, mit einem Wolkenhut  

Doris war ein Goldschatz. Voller Begeisterung über die Pioniere und Pionierinnen, welche hier schon gelebt hatten, bevor ein Nationalpark aus dem Gebiet wurde. Sie erklärte uns vieles rund um die Pflanzen- und Tierwelt. Man kann zum Beispiel hier oben alle Beeren essen, wenn man nicht mit einem Bären darüber in Streit gerät! 🤣

Allerdings schmecken nicht alle gleich gut. Es hat Blaubeeren, Cranberries und noch weitere Sorten, die bei uns unbekannt sind.

Dann erreichten wir das Ende der Strasse bei der Meile 92.5.

Strassenschild am «End of the Road» der Strasse durch den Denali Nationalpark

Auf dem Weg zurück kamen wir am kleinen Flughafen der Kantishna Lodge vorbei. Die Versorgung per Lufttaxi ist hier deutlich einfacher, als mit einem Wagen.

Dann besuchten wir das Häuschen von «Fannie Quiegly». Die Frau stammte aus einer tschechischen Auswandererfamilie und hatte ihr Elternhaus in den Staaten unten und arbeitete als Köchin bei den Eisenbahnern. Sie sprach vorher kein einziges Wort englisch und so wurde ihre Sprache als ziemlich blumig beschrieben.

Als der Goldrausch im Yukon und in Alaska losging, gelangte sie in diese Gegend. Sie heiratete einen Joe Quigley und lebte mit ihm hier. Während er Gold suchte, wurde sie als gute Jägerin beschrieben, welche selber Elche erlegte, zerlegte und die Teile aus der Wildnis anschleppte. Die knapp 1.60 Meter grosse Frau war offenbar unglaublich zäh und lebenserfahren. Sie bereitete Kuchen aus Blaubeeren mit Schwarzbär-Fett zu, welche sie in ihrem Permafrost-Kühl-/Gefrierschrank aufbewahren konnte. Nachdem ihr Mann verunfallte und sie später verliess, blieb sie hier hinten in Kantishna ganz alleine und sorgte für sich selbst. Sie hatte einen Gemüsegarten mit Treibhaus und war offenbar sehr gastfreundlich. Sie starb mit 74 Jahren in ihrem Häuschen, vermutlich an einem Herzversagen.

Schild mit Erläuterungen über das Leben von Fannie Quigley

Ich vermute, Doris hätte gerne noch eine Stunde über diese erstaunliche Frau erzählt. Sie diente ihr sicher auch als Vorbild. Aber es ging langsam wieder zurück auf unserer Tour.

Beim Wonderlake verliess uns Doris, nicht ohne ausgiebig beklatscht zu werden. Geld durfte sie als Rangerin nicht annehmen, aber unsere Schweizer Schokolade nahm sie sichtlich gerührt entgegen. 

Ich könnte den Artikel noch ziemlich lange weiterschreiben, aber wir stehen hier in Tok, Alaska, auf dem Rückweg Richtung Kanada und meine Reisebegleitung verliert eventuell bald die Geduld.

Auf dem Weg zurück zum Campground sahen wir nochmals Elche, Karibus und Bären, welche am Fluss herumtollten. Es war ein wunderbarer Tag und das Wetter spielte voll mit.


Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.