Herbstferien mit Hene, Tokio und Heimflug (日本2024)

1. Februar 2025 - Lesezeit: 8 Minuten

Oben angekommen, bezahlten wir den Obolus von 300 Yen (ca 2 Franken) und erhielten eine Art Gartenschaufel mit eiserner Auskleidung, worin eine Handvoll Räucherstäbchen lagen und dann von einer Person angezündet wurden. Mit den rauchenden Stäbchen wurden wir von einer weiteren Person empfangen, welche uns englisch erklärte, wo wir waren.

Es war das Grabmal der 47 Rōnin, welches heute noch von vielen Leuten besucht wird. Man geht von Grab zu Grab und legt ein paar Räucherstäbchen in die Schale zum Fuss des Grabmals und sagt den Namen der dort liegenden Person. Die Geschichte musste ich natürlich gleich nachschlagen. Danach wusste ich auch, wieso einer der Krieger so alt war, während die meisten sehr jung Seppuku begehen durften. Interessant, wie in Japan vierhundertjährige Traditionen noch heute von vielen Menschen verehrt werden bzw. der Ort so häufig besucht wird.

Auf dem weiteren Weg fanden wir dann das erste Mal einen grösseren Lebensmittelladen, einen «Peacock», wo wir ein wenig die Auslagen erkundeten. Die Tintenfisch-Tentakel wollte Hene nicht mitnehmen und beim Gruyère schreckte uns der Preis (rund 7 Franken für 100g) doch ab. 😉

Auf dem weiteren Weg fanden wir auch noch eine Apotheke, wo Hene eine kleine Packung mit Wärmepflastern für seinen lädierten Rücken kaufen konnte.

Auf dem weiteren Weg zum Tokio Metropolitan Government Office kamen wir in den Roppongi Hills noch an diesem Kunstwerk vorbei. Es regnete zum Glück nicht, sonst hätten wir ihn ja nicht gesehen. 

Kunst, Stuhl aus Glas von Tokujin Yoshioka mit dem Titel «Chair disappears in the rain»

Das Gebäude, welches auf Deutsch auch gerne als Rathaus von Tokio bezeichnet wird, hat eine öffentlich zugängliches oberstes Geschoss, wo man neben einem Restaurant auch einen Pianospieler und die Aussicht über Tokio geniessen kann. Wir mussten ein wenig anstehen und unsere Taschen zeigen, ehe wir in den Lift durften.

Aussicht über Tokio unter mehrheitlich grauem Himmel.

Später fuhren wir mit der U-Bahn rund 45 Minuten durch halb Tokio, weil ich ja noch Electric Town aka Akihabara besuchen wollte. Wir streiften aber nur kurz durch die Gassen und Läden. Die Auslage mit den 80 verschiedenen Reiskochern konnten wir nur kurz bestaunen, denn die Läden schlossen schon früh.

Menschenmenge in den Strassen vor hell erleuchteten Werbetafeln

Nach einer kurzen Suche und etwas Wartezeit durften wir in einem Restaurant Platz nehmen um noch einmal ein wenig japanische Küche zu geniessen. Ein Süppchen mit Muscheln, ein paar Ngiri und danach noch etwas Tempura Gemüse (er)füllten unsere Mägen mit Hochgenuss.

Eine längliche Keramik-Platte mit diversen Ngiri Sushi

Auf dem Rückweg konnten wir mit der Bahn im Bahnhof Takanawa Gateway aussteigen, welcher nur ein paar hundert Meter vom Hotel entfernt war. Die Nacht wird hier auch zum Tage mit all diesen vielen Lichtern.

Blick vom Bahnhof auf die vielen Lichter des nächtlichen Tokio

Henes Rücken war immer noch etwas lädiert, aber mit den Wärmepflastern und etwas Ibuprofen war der Schlaf dann doch möglich.

Donnerstag, Tokio

Nachdem wir am Mittwoch doch ziemlich herum«gschuehnet» (gegangen) waren, wollten wir den Donnerstag mit einer Fahrt auf dem Sumida (Fluss) krönen. Wir fuhren mit der Bahn in den Stadtteil Taitō und liefen ein wenig durch die Strassen.

Die Aussicht über den Fluss auf den «goldenen Scheisshaufen», wie die «Flamme» auf dem Hauptquartier der Asahi  Brauerei auch genannt wird, rief uns schmerzlich die eben erfolgte Wahl in den USA in Erinnerung. Da es merklich kühler geworden war, wunderte ich mich über die Frau, welche im Bikini dem Fluss entlang joggte. Bei mir selbst hatte sich ein leichtes Hüsteln eingestellt.

Blick über den Sumida Fluss auf den «goldenen Scheisshaufen» auf dem Asahi Hauptquartier. Dahinter der Skytree von Tokio

Nach dem Gang über die Brücken und nachdem wir uns ein Ticket für die Flussschifffahrt reserviert hatten, landeten wir – wo denn sonst – mal wieder in einem Tempel. Der Senso-Ji Tempel mit dem Asakusa Schrein ist ein sehr beliebter Treffpunkt für die Leute hier. Obwohl an einem Donnerstag-Nachmittag hatte es überall viele Leute.

Turm beim Asakusa-Schrein mit einer goldenen «Antenne»

Interessanterweise sind doch einige Leute in traditioneller Kleidung hier. Ich konnte nicht herausfinden, ob das Verlobungen/Heiraten waren oder einfach Leute, die sich hier fotografieren liessen und den Aufenthalt so zelebrierten.

Paar von hinten. Er trägt einen blauen Anzug und sie einen Kimono.

Es gibt jeweils rund um die Tempel auch viele Läden, wo man sich die entsprechende Kleidung mieten kann. Ich nehme an, man kann dann dort auch gleich seine Strassenkleidung ablegen und später wieder holen.

Die Fahrt auf dem doch sehr vollen Boot den Sumida hinunter war nett. Ich war aber etwas müde und die Erkältung wurde auch etwas stärker spürbar. Ich war froh, dass wir am Odaiba Pier das futuristische Boot und den überall riechbaren Dieseldunst verlassen konnten.

Das futuristische Hotaluna Boot mit Glasfenstern an der Anlegestelle

Wir spazierten durch den Park, bewunderten die Nachbildung der Liberty (wir waren sicher, ein paar Tränen ihre Wangen herunterlaufen zu sehen) und die dahinter liegende «Rainbow Bridge».

Die «Liberty» eine Nachbildung der berühmten Freiheitsstatue von New York

Die Liberty war ein Geschenk um die Jahrtausendwende von Frankreich an Tokio. Wir streiften noch etwas durch den Park, ich verhalf ein paar Touristinnen zu einem schönen Foto von ihnen und der Statue und dann machten wir uns auf den Weg zurück zum Hotel.

Der kleine, rote Roboter am Bahnhof stand etwas teilnahmslos da und frass Hene zum Glück nicht (immer wenn sie so nett aussehen, sind es doch kleine Monster, nicht).

Hene zeigt auf Dinge ist übrigens ein Standardmotto unserer Ferien, hier ausnahmsweise ein leicht verfremdetes Bild von ihm.

Hene zeigt auf einen roten Roboter der wie ein kleiner Zug aussieht und herumsteht

Wenn ich mich nicht täusche, assen wir nach einem von Hakone mitgebrachten Bier auf dem Zimmer später weiter vorne gegen den Bahnhof Shinagawa ein kleines Nachtessen, das ich ausnahmsweise nicht fotografiert habe (man hat es nicht gegessen, wenn man es nicht fotografiert hat!).

Ich konnte Hene überreden, am nächsten Tag mit seinem lädierten Rücken und dem vielen Gepäck nicht die S-Bahn zum Flughafen zu nehmen und reservierte deshalb bei der Reception des Hotels ein Taxi für den nächsten Morgen.

So brach die letzte Nacht in Tokio an. 

Freitag, Heimflug

Der Wecker ging früh, denn unser Rückflug ab Tokio Haneda ging bereits um 9:55 Uhr.

Wir machten uns soweit reisefertig und gingen dann zum Frühstück. Ursprünglich hatten wir den Zug um 7:30 Uhr ab Shinagawa angepeilt, das Taxi mit etwas Reserve aber schon auf die 7:15 Uhr bestellt.

Und tatsächlich, als Hene kurz nach 7 Uhr noch eine Zigi erhitzen ging, stand der Wagen schon draussen. Der freundliche Fahrer half uns das Gepäck zu verstauen und so fuhren wir bereits 7:15 Uhr los durch das morgendliche Tokio. Die Fahrt ging auf eher verschlungenen Wegen und wir wussten ja, dass wir in Japan 100% Vertrauen haben können.

Das Check-In ging recht schnell und bald schon sassen wir in der weitläufigen Lounge und warteten auf das Boarding.

Unser Flug mit All Nippon wurde mit einer Triple Seven der bequemen Langstreckenversion ausgeführt. Wir hatten Mittelplätze gewählt, weil ja sowieso ein grosser Teil der Reise bei Nacht erfolgen würde und wir so nebeneinander sitzen konnten. Unsere Plätze flogen «rückwärts», was aber nur kurz bei Start und Landung irritieren könnte und durch die zusätzlichen Schultergurte merkwürdig war. Dafür hatten wir zum Gang hin elektrische Schiebetüren und auch zwischen unseren Plätzen konnten wir die Abtrennung mit Knopfdruck hochfahren. Privatsphäre, wie sonst bei anderen Gesellschaften in der First Class. Auch Sitzbreite und Länge waren sehr gut.

Die fehlende Aussicht aus dem Fenster konnten wir hervorragend mit recht hochauflösenden Kamerabildern von der Front- und Downward-Camera des Flugzeugs kompensieren, welche ihre Bilder auf den grossen Monitor warfen.

Sitzplatz der NH211 in der Businessclass

Gegen 12 Uhr gab es Mittagessen. Während Hene sich schon wieder langsam Europa tastete, ging ich nochmals in die vollen mit einem japanischen Menu inkl. Amuse Bouche und Vorspeise. Auch hier gab es natürlich eine Miso-Suppe und eine gute Portion Reis dazu.

Ein schwarzes Tablett mit japanischem Essen.

Die Streckenführung ist seit dem russischen Überfall auf die Ukraine und den folgenden Boykotten von Japan in Richtung Norden an Sachalin und Kamtschatka vorbei, an der nördlichen Grenze Alaskas durch die Beringstrasse und über Grönland - Island nach London. So wurde es schnell Nacht und ich versuchte ein wenig zu Schlafen.

Streckenkarte des Flugs NH211 von Japan nach London über den Norden und Alaska.

Irgendwann in der Nacht wollte ich den Sitz hochstellen und drückte ohne Brille einen der vielen Knöpfe, woraufhin die nette Dame von der Cabin Crew innert Sekunden bei mir war und mich fragte, was ich denn noch essen möchte. Ich konnte sie nicht einfach wegschicken und bestellte noch ein belegtes Croissant. 🤷🏼‍♂️

Als wir über Grönland waren, kam mir in den Sinn, die Kamera bzw. den Bildschirm wieder einzuschalten und siehe da, Abends um 9 Uhr Tokioter Zeit ging die Sonne noch einmal über Grönland auf und die nächste Stunde verbrachte ich damit, die endlose Gletscherlandschaft zu bestaunen, deren Berggipfel sich langsam rötlich-golden verfärbten. 

Kamerabild nach unten, zeigt Gletscher und verschneite Berggipfel, welche vom Morgenlicht übergossen werden.

Wir landeten rechtzeitig in London und nach dem kurzen Transit waren wir schon bald im Anschlussflug mit Swiss und Schokolade nach Zürich, wo wir gegen 8 Uhr Abends landeten.

Nach der Fahrt mit der SBB nach Bern gab es einen kurzen Abschied, ehe sich die Wege von Hene und mir bei der Tramhaltestelle trennten.

Es war eine erlebnisreiche, kulinarisch wertvolle (😇) Reise mit vielen, schönen und auch fremdartigen Eindrücken. Sollte ich mal wieder tun, alleine oder zu zweit. 

Mitgebracht habe ich nicht nur viele Eindrücke, sondern auch einen hässlichen Husten, der mich fast zwei Monate langsam abnehmend begleitete… Aber irgend etwas ist ja immer.

Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.