Abschied, das Buch des Lebens

Heute mussten (durften?) wir Abschied nehmen von unserem Vater. 

Alles ging so schnell, nachdem er Mitte Juni einen Schwächeanfall mit einem Sturz erlitt, mussten wir ihn für kurze Zeit ins Regionale Pflegezentrum Baden bringen. Er meinte damals: «Das ist der Ort, an welchem ich geboren wurde!». Und ich entgegnete, dass er aber sicher nicht hier sterben werde!

Am 27. Juni brachten meine jüngere Schwester und ich ihn ins Alterszentrum am Buechberg in Fislisbach. Hier hatte er, als er noch in Niederrohrdorf lebte, während vielen Jahren sein Mittagessen als Gast eingenommen. In Fislisbach, dem Ort, wo er aufgewachsen war, wurde er herzlich aufgenommen. Er war bei vielen Angestellten, aber auch Bewohnern und Gästen noch wohl bekannt und wurde begrüsst.

Mitte Juli meldete ich ihn auf seinen Wunsch per 1. August definitiv im Altersheim an. Schon Mitte Juli hatte ich mit den Gemeinden abgeklärt, ob er sich in Fislisbach als Einwohner anmelden dürfe. Es lag ihm daran, seinen Wohnsitz hierher zu verlegen. Mir lag es daran, da ich wusste, dass er nur in Fislisbach beerdigt werden könnte, wenn er den Wohnsitz auch hier hätte. Ein Thema, nach welchem er sich vor einiger Zeit mal erkundigt hatte.

Noch am 3. August fragte ich mit einer gewissen Unruhe bei der Gemeinde nach, ob die Mutation vollzogen worden sei, was mir dann bestätigt wurde. Unser Vater gewöhnte sich im Altersheim weiter ein. Wir hatten sein Zimmer eingerichtet und meine ältere Schwester, welche im Ort lebt, organisierte ihm die vielen Dinge des täglichen Lebens. Er erhielt regelmässig Besuch von seinen Geschwistern und auch seinen ehemaligen Nachbarinnen.

Er absolvierte auch täglich seine Übungen mit den Pflegerinnen oder dem Physiotherapeuten. Wir hofften, dass diese Übungen ihm wieder ein wenig mehr Autonomie geben könnten. So dass er wieder unabhängig mit dem Rollator im Zimmer oder Altersheim unterwegs sein könnte.

Er war guten Mutes und geistig noch gut beisammen, wenn auch manchmal schnell müde. Wir machten bereits erste Pläne für seinen 90. Geburtstag im Dezember.

Aber sollte nicht so sein, am 10. August, morgens um 2 Uhr hörte sein Herz auf zu schlagen. 

Heute war die Beerdigung und die Trauerfeier. In Begleitung von vielen lieben Bekannten und unserer Verwandschaft nahmen wir Abschied. 

Pfarrer Rafal Lupa machte es zu einem sehr berührenden Ereignis. Sein Gleichnis wird mir in Erinnerung bleiben.

«Jeden Tag schreiben wir eine Seite in unser Buch des Lebens. An guten Tagen sind die Seiten gefüllt mit schönen Buchstaben in goldener Schrift. An schlechten Tag ist unsere Schrift krakelig und mit fleckiger Tinte geschrieben. Das Buch hat noch viele leere Seiten. Wir wissen nicht, wie viele Seiten wir noch beschreiben werden. Aber eines Tages werden wir dieses Buch schliessen.»

«Heute haben wir das Buch von Josef geschlossen. Er ist nicht von uns gegangen. Er ist nur vor uns gegangen!»

Ich bin unendlich traurig und schliesse mit dem Zitat, welches wir in der Todesanzeige verwendet haben.

Niemand ist fort, den man liebt. Liebe ist ewige Gegenwart. – Stefan Zweig 

Die Urne von Josef im Blumenkranz

Urs Freitag 18 August 2017 - 7:02 pm | | default
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vier Kommentare

@duuderino
@duuderino, - 18-08-’17 21:25
Christian Ginsig
Christian Ginsig, - 18-08-’17 23:13
Mättu
Mättu, - 19-08-’17 17:31
Thomas Nägelin
Thomas Nägelin, - 20-08-’17 22:33
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