#ToTheNorth23, Tage auf der Ride The Wind Ranch

29. September 2023 - Lesezeit: 13 Minuten

Rocky Mountain House – Calgary

Die erste Nacht auf der «Ride The Wind Ranch» war ungewohnt. Zwei, im Vergleich zum Schlafsack, schwere Duvets halten einem warm, wenn man die Heizung nicht laufen lässt. Zudem, nach fünf Wochen, alleine, sehr grosse Ruhe und viel Platz.
Komisch, wie schnell man sich an das Leben zur Dritt auf kleinem Raum gewöhnt hatte.

Mein Wecker ging um 5:30 Uhr und kurz vor 6 Uhr Morgens stiegen wir noch einmal in unser Motorhome ein. In dunkler Nacht steuerten wir es in Richtung Calgary. In Rocky Mountain House tankten wir noch ein letztes Mal für 50 Dollar Benzin, so hatten wir ausgerechnet, mit rund 25% Tankfüllung anzukommen, was dem geforderten Mass bei der Vermietung entsprach.
Unterwegs wurde es kurz nach sieben Uhr etwas heller am östlichen Horizont, bevor dann rund 7:30 Uhr die Sonne sich tatsächlich durch die Wolken schlich.

Unterwegs auf dem Highway in Richtung Calgary. Durch die verschmutzte Frontscheibe sieht man die Autobahn und den Horizont, der sich langsam verfärbt

Wir fuhren um 8:50 Uhr mit einem kleinen Schlenker vor die Vermietstation von Canadream in Balzac, einem nördlichen Vorort von Calgary ein. Ich hatte noch gelästert, dass doch an einem Dienstag dort niemand ein Motorhome zurückgäbe. Aber weit, sehr weit gefehlt. Die Station ist riesig und es fuhren fortlaufend andere Motorhome ein und stellten sich in die Reihen.

Gelände der Mietstation von Canadream mit Motorhomes und Menschen unter blauem Himmel

Ein Angestellter scannte das Fahrzeug, fragte uns noch einmal, ob wir alles aus dem Wagen genommen hätten und meinte dann, wir könnten nun in die Station hinein gehen. Wir kontrollierten noch einmal (vergassen aber das Weissbrot in der Mikrowelle, welche uns als Brotkasten diente) und gingen dann in die Station zum Empfang. Dort erklärte man uns, dass wir uns an einen der Tische setzen könnten und wir dann aufgerufen würden.

Wir probierten den Gratis-Kaffee, den wir dann umgehend und leicht angewidert, wie auch verschämt wegschütteten. 🤢
Nach rund 20 Minuten, in welchen wir auch gleich am WLAN mal wieder die Telefone und Apps updaten konnten, wurde ich aufgerufen und fünf Minuten später war alles geritzt (erledigt).

Ein Taxi, welches bereit stand, nahm uns und ein englisches Paar mit zum Flughafen, so konnten wir uns die Rechnung teilen und noch ein wenig witzeln und Geschichten teilen.

Unseren Mietwagen hatten wir erst ab Mittag. So suchten wir uns erst ein Restaurant für ein Frühstück. Im Delta Airport Hotel hatte es eine schöne Lobby mit Restaurant und wir liessen uns wieder mal bedienen.

Frühstücksteller mit zwei Eggs Benedict, fritierten Kartoffeln und Grilltomate

Kurz vor 11 Uhr gingen wir in die gleich daneben liegende Station für Mietwagen und konnten ohne Wartezeit bei Alamo den Mietvertrag abschliessen und danach einen der drei bereit stehenden Chrysler Pacifica auswählen. Wir entschieden uns gegen den knallig roten und nahmen den silberfarbenen Wagen.

Der Mietwagen von schräg hinten links her fotografiert.

Mit dem fuhren wir dann zurück nach Balzac in die CrossIron Mill Mall. Rosette wollte dort etwas shoppen. Wir Männer pflegen nicht ganz die selben Leidenschaft dafür, sahen uns aber ein wenig im Sportartikel-Laden «Bass Pro Shop» um, weil das dazu gehört. Der riesige Laden mit grossem Aquarium mit Lachsen und Forellen, eigenem Wasserfall und sicher um die zwanzig ausgestopften Tieren bietet von Kleidern, Stühlen, Jagdwaffen über Fischerruten und Quad-Fahrzeugen bis zu grösseren Motorbooten alles. 

Ein gefütterter, faltbarer, doppelsitziger Campingstuhl, Adi sitzt darauf. Im Hintergrund viele weitere Artikel im Bass Pro Shop

So gegen 13 Uhr machten wir uns dann wieder auf den Heimweg, dieses Mal via Sundre, und fuhren zur Ranch zurück, wo wir Abends auf dem Gasgrill auf der Veranda bei unseren Cabins grosse Steaks brieten.

Rocky Mountain House

Am Mittwoch machten wir unser Frühstück selbst mit den mitgebrachten Bagels, Toast etc. Speck und Eier, grilliert/gebraten auf dem Grill auf der Veranda. 🤤

Adi auf der Veranda vor dem Cabin, am grossen Grill, grilliert Speck. Rosette fotografiert ihn mit der Spiegelreflexkamera

Die «Ride The Wind Ranch» verfügt über zwei Doppel-Cabins, wobei jedes Zimmer mit einem Doppelbett und einem Schlafsofa ausgerüstet ist. Die Räume haben jeweils einen Kühlschrank, Geschirr und Besteck, eine Kaffeemaschine, Toaster und Heisswasser-Krug für Tee. Sie teilen sich auf der Veranda einen grossen Gasgrill mit einer Kochplatte.

Die liebe- und geschmackvoll dekorierten Cabins sind zwar rund zwanzigjährig, aber man merkt es ihnen nicht an. Die Qualität, welche die Rissis damals aufgebaut haben und die Pflege lassen sie weiterhin als Bijou erscheinen. Die Heizung funktioniert schnell und tadellos. Die Waschräume verfügen über Toilette und Dusche mit genügend Tüchern. 

Zwei Pferde auf der Koppel, entlang des Zaunes auf der grünen Wiese

Am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig ist das extrem weiche Wasser aus der eigenen Quelle der Ranch. Man braucht fast keine Seife/Duschmittel, aber man hat auch immer das Gefühl, die Haut sei noch gar nicht von der Seife befreit. Erhitzt riecht es sehr, sehr leicht nach Schwefel, aber daran gewöhnt man sich sehr schnell. Der Haut tut das Wasser sehr gut, generell geniesst man nach der Zeit im Motorhome natürlich die heisse Dusche als Luxus.

Tisch auf der Veranda, eine Kaffeetasse, ein kleiner Bialetti-Kaffeekrug und ein Kindle-eReader

Am Donnerstag waren wir zum Frühstück im Ranchhouse eingeladen. Wir genossen es sehr, bewirtet zu werden. Aber auch die Gespräche mit Marty und Kathy über das Leben in Canada und die Welt im allgemeinen.

Gegen Mittag gingen wir auf einen «kurzen» Spaziergang um den Crimson Lake. In meiner Erinnerung war er kürzer. Und in der gemeinsamen Erinnerung von Rosette und mir auch deutlich weniger stark am Ufer bebaut. Auch Adi, der eigentlich sehr sportlich ist, fand dann die 10 Kilometer leicht «anstrengend». Er kriegt jeweils gegen Mittag Hunger, was mir mit «etwas» Reserve 😇 auf den Rippen nicht so schnell passiert.

Blick auf den spiegelglatten Crimson Lake unter eisgrauem Himmel. Im Vordergrund ein Busch, dahinter im See die kleine Insel

Leider sahen wir auf den rund 16'000 Schritten keine Tiere, ausser einer Meise, einem Eichhörnchen und vielen Ameisen. Den Rest des Nachmittags lasen oder dösten wir ein wenig in unseren Cabins, da da Wetter auch eher kühl und regnerisch war.

Wir suchten uns dann langsam die Hotels für den Rest der Reise heraus, kamen aber nicht wirklich schnell auf eine gemeinsame Linie.

Zum Nachtessen waren wir wieder ins Ranchhouse geladen, wo wir ein sehr leckeres Ragout mit Kartoffeln, Mais und Salat bekamen. Da Kathy Geburtstag hatte, gab es einen sehr feinen, süssen Rosé-Wein.

Am Freitag waren wir erneut zum Frühstück geladen, es gab unter anderem einen sehr leckeres, frisch gebackenes Butter-Brot. Danach gingen Rosette und Adi noch die Kaninchen füttern, während ich mit Marty ein wenig über das frühere Leben als SBB-Betriebsdisponenten bei der SBB sinnierte. Lustig, wir alle träumen hin und wieder noch von der Zeit, als wir am Stellwerk komplizierte Probleme beheben mussten. Einmal Bähnler:In immer Bähnler. 🤷

Rosette ging nach dem Mittag ihre Bekannten in Sundre besuchen. Am Abend werden wir gemeinsam mit Kathy und Marty ein Geburtstagessen in Rocky geniessen.

Ich hatte diesen Blog-Beitrag begonnen. Adi und ich füllten uns am späteren Nachmittag ein wenig die «Lampe» mit feinem lokalen Bier, sinnierten über die Vergangenheit (wir kennen uns wohl 35 Jahre oder so) und  vielleicht auch ein wenig über die Zukunft. Über das, was war, das was sein hätte sein können und den Sinn des Lebens überhaupt. 🥹

Ich bin ein (ein klein wenig) angesäuselt, während ich den Eintrag hier fertig schreibe.
Grüsse gehen hinaus an die Vergangenheit, unter anderem an Susi, Doris, Ernst, Mario, Regi, Daniela, Conny, Hampi, Gudi, Markus, Renata, hey, war das eine schöne Zeit, als wir noch junge Leute in Baden waren. 🥰

Weitere Pläne

Wir haben nun alle Hotels gebucht und werden am Samstag nach Banff, am Sonntag nach Jasper, danach am Montag nach Kamloops und am Dienstag nach Vancouver fahren. Von dort geht es dann nach Hause und diese langen, sehr langen Ferien werden zu Ende sein. Wir sind alle dankbar, dass wir so einen tollen Arbeitgeber haben, der trotz allen Herausforderungen und Problemen uns das möglich gemacht hat und an unsere Vertreter:Innen, die inzwischen den Laden schmeissen. You are rocking! 🙇

Ob ich noch einmal einen Blog-Beitrag schreibe? 🤨🤷🏼‍♂️
Aktuell würde ich sagen, nein. Aber sag niemals nie, und ich bin ja bekannt dafür, dass ich gerne erzähle. Also, ziemlich sicher schon, ganz sicher, wenn wir zurück sind.

Ich schreibe ja diese Beiträge nicht nur für Euch und die Welt, sondern auch ein wenig für mich selbst, damit ich kein Tagebuch führen muss. So ist es ja auch nicht ganz so persönlich, und doch ein wenig. Hebed's guet. Man liest sich sicher noch einmal. 👍🍁🇨🇦

Karte der beschriebenen Route

Link auf Google Maps.

Kartenausschnitt auf Google Maps

Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.