Kurz nach halb neun Uhr stand ich am Checkout, bekam die Rechnung auf Papier und elektronisch zugestellt und wartete anschliessend draussen auf meinen Wagen.
Beim Eingang zum Hotel hat es Wärmestrahler, was das Warten auf den Valet-Service einfacher machte. Ich schaute den Leuten zu, die an einem Symposium oder einer Präsentation im Hotel waren. Die schleppten riesige Kunststoffkoffer mit sich. Keine Ahnung, was die da alles dabei hatten.
Dann kam mein Wagen und mit Hilfe des Angestellten brachte ich meinen Koffer an die richtige Stelle im Kofferraum. Danach drückte ich dem Angestellten ein Trinkgeld (20 $ wird ungefähr erwartet) in die Hand und fuhr am 8:43 los. Mindestens sagt das mein GPS.
Zum Wegfahren war das auch ganz gut und es wollte mich nur einmal in eine sehr, sehr schmale Gasse locken. Ich hatte am Vorabend geprüft, welche Strecke ich fahren wollte und mich für die Route nördlich des Sankt-Lorenz-Stroms entschieden.
Aber irgendwie waren bei der Verzweigung zu viele Optionen und ich hatte mir den Strassennamen bzw. die Nummer nicht gemerkt. Und da sowohl südwärts als auch ostwärts Montreal angeschrieben war, war ich plötzlich gegen Süden über die Brücke unterwegs. 😏
Drüben versuchte ich ab der Autobahn abzufahren, was gar nicht so einfach ist, weil da wiederum ganz viele grosse Verzweigungen sind. Nach zwei Versuchen landete ich an einem Tim Hortons und ging erst mal zu einem Frühstück mit Kaffee. Ich entdeckte, dass die einen Wrap mit Rührei, Speck und etwas Rösti an einer lecker-pikanten Sauce für umgerechnet knapp 4 Franken anbieten.
So gestärkt versuchte ich es noch einmal und dann klappte es. Ich war unterwegs auf der Autobahn 40 in Richtung Montreal. Nun ist Autobahn-Fahren ja nicht gerade sehr abwechslungsreich. Zum Glück hatte ich genügend und gut geschlafen und kam so recht vorwärts.
Leider sind die Autobahnen hier in Quebec nicht so gut mit Raststätten versehen. Ich meine nicht Verpflegung, sondern einfach nur Orte, zum schnell rauszufahren, zu entspannen oder auf's Klo zu gehen. Auf der ganzen Strecke hatte es eine solche Raststätte und die war erst noch in der Mitte, also über die Überholspur auszufahren. Zudem war die Einfahrt in die Raststätte, wenn man draussen war, so scharf, dass ich sie verpasste und gleich wieder auf die Autobahn fuhr.
Ich fluchte und regte mich auf, was sämtliche Schläfrigkeit wieder vertrieb. Auch gut!
Ab Montreal begann es dann zu regnen und zwar ziemlich übel. Das hält hier natürlich keinen Lastwagen auf, Dir bis 10 Meter an die Stossstange zu fahren. Auch nicht einen, der knapp überholt, Dir 5 Meter vor dem Kühler wieder reinzuziehen. 🤬
Es wurde schnell dunkel, einmal wegen der tief stehenden Sonne bei Normalzeit und einfach weil es so viele Wolken hatte. Da ich sehr angespannt war, kam keine Müdigkeit auf, obwohl ich bald 400 Kilometer auf dem Tacho hatte. Die Temperaturen waren gem. Auto-Display teilweise bei 2°C, aber es regnete so stark, dass man keine Angst vor Schnee und Eis haben musste.
Endlich kam Ottawa in Reichweite und ich war sehr nervös, ob ich die Strasse mit dem Hotel gut finden würde. Immerhin hat es auch hier etliche Einbahn-Strassen und in der Innenstadt ist das Queren der Gegenspur manchmal mühsam.
Aber ich kam fadegrad vom Norden her nach Ottawa rein, bog links auf die Rideau-Street ab und da war das Hotel auch angeschrieben. Da gerade kein Gegenverkehr kam, konnte ich gut über die Spur wechseln und in die Vorfahrt zur Tiefgarage rein.
Da war ich also nach 468 langweiligen Kilometern Autobahn und rund 6 Stunden an der Lobby und wollte einchecken. Die Dame war sehr lieb, aber jemand von Personal reinigte den Teppich mit einem UNGEHEUER LAUTEN STAUBSAUGER. Ich bedeutete ihr, dass ich unter diesen Umständen leider kein Wort verstehen könne, auch wenn sie sich Mühe gäbe.
Nachdem sie ein kurzes Gespräch mit dem Angestellten hatte, gab es Ruhe, der Check-In ging gut und ich bekam die Schlüsselkarte für Tiefgarage und Hotelzimmer.
Das Hotelzimmer ist sehr gross mit einem ebenfalls riesigen Kingsize Bett. In Japan hätte man wohl drei Zimmer daraus gemacht. Aber die Aussicht aus dem Fenster im 11 Stock war wirklich spektakulär. 😂
Ich zog die Nachtvorhänge, denn so etwas brauche ich nun echt nicht.
Danach erkundete ich kurz die Nachbarschaft, wo es das tolle «Happy Goat Coffee Company» hat, in welchem man einen sehr feinen Espresso bekommt. Ich ging noch rüber zum Supermarkt und kaufte mir dort noch etwas Wasser und schaute mir die Auslagen an.
Hier kriegt man also die Burger-Majo, welche Jimmy aka Bruce Willis in einer Szene in «The Whole Nine Yards» so wütend machte. 😂
Das Nachtessen genoss ich gleich neben dem Hotel im «Sushi Village». Eigentlich wollte ich mit ein paar Gyoza starten, orderte aber fälschlicherweise eine Wonton-Suppe, danach ein paar Ngiri und Maki Sushi. Die Suppe wurde umgehend gebracht und war schon ziemlich üppig. Da hätte ich eigentlich gar kein Bier mehr gebraucht für die Flüssigkeit. Und Wonton hatte es auch schon fast für eine ganze Mahlzeit.
Danach kam Robi an meinen Tisch. Ich dachte erst, dass die Angestellten ihn ausladen, aber es ist wirklich so, dass man die Ware aus der Ablage nimmt und auf dem Bildschirm quittiert. Er kriegt dann so lächelnde Katzenaugen und quietscht etwas auf Japanisch (ev. Arrigato?) und verschwindet wieder.
Zum Glück hatte ich nur wenig Sushis bestellt und die Nigiri waren nicht sehr gross, denn das reichte wirklich genügend.
So versorgt, ging's durch die kühle, aber nicht mehr regnerische Nacht ins Hotel.
Der Donnerstag startete mich Sonne, welche mich vor dem Wecker aus dem Bett holte. Der Vorhang ist zwar zugezogen, aber irgendwie schaffen es diese Hotelvorhänge immer, einen Spalt freizulassen, egal wie man daran zieht und zupft.
Ich zog die festen Schuhe an, wickelte den Schal dicht um den Hals und zog die Mütze über die Stirne. Draussen schien die Sonne, aber es zog ein eisiger Wind durch die Strassenschluchten. Ich ging um die Ecke zum Tim Hortons, um mir mein neues Lieblingsfrühstück, den Wrap mit Rührei, Speck und Rösti an einer würzigen Sauce zu holen. Das Lokal wirkte schäbig, schmutzig und hatte keine Sitzgelegenheit. Ich orderte also nur den Wrap.
Als ich nach draussen ging, begrüsste mich ein Schneeschauer mit feinen Schnee-/Eiskristallen, der durch die Gegend wirbelte. Es war aber nur von kurzer Dauer. Den Wrap ass ich, während ich ein wenig um die Häuser spazierte.

Die Szene täuscht aber ein wenig. Die Rideau-Street und auch in den Strassen rundherum ist doch stark von Randständigen belebt. Allerdings hat mich keiner angesprochen oder gebettelt. Es hat auch ein paar Marihuana-Läden und man riecht, dass konsumiert wird. Mich wundert ein wenig, dass diese Leute bei den Temperaturen so schlecht angezogen nicht erfrieren. Andererseits kam mir in einer Strasse auch ein junger Mann, ev. ein Student entgegen, der nur ein T-Shirt trug. Die sind wohl hart im Nehmen, diese Kanadier.
Ich landete noch einmal im «Happy Goat», um einen der wirklich guten Espressi zu trinken und machte mich dann auf den Weg zum Parliament Hill.
Leider ist da oben wirklich alles ein wenig eine Baustelle. Wenn man sich am richtigen Ort aufstellt, kann man besch…ssen und man sieht keine Baukräne (könnte man natürlich auch mit irgendwelchen Tools wegretuschierten). Ok, die Weitwinkel-Aufnahme habe ich auch ein wenig retuschiert, damit der Turm links nicht so schräg liegt.
Am «Centre Block» mit dem 92 Meter hohen «Peace Tower» gibt es aber nichts mehr zu retuschieren. Die Baukräne erfreuen vielleicht ein paar der Leser.
Inzwischen taten mir die Knochen weh wegen der Kälte und dem Wind und so drehte ich um und ging zurück. Unterweg begegneten mir noch diese Frauen hier. Die Skulptur erinnert an Nellie McClung, Henrietta Muir Edwards, Irene Parlby, Louise McKinney und Emily Murphy aus Alberta. Diese «Famous Five» hatten einen Entscheid des höchsten Gerichtshofs Kanadas (Supreme Court) im Jahr 1928, dass Frauen eben keine Personen seien und deshalb nicht in den Senat gewählt werden können, erfolgreich an das oberste Appellationsgericht des Commonwealth gebracht.
Ich landete danach in einem Einkaufs-Center mit vielen Läden und taute ein wenig auf.
Eine Poutine hatte ich immer noch keine, im Food-Court, wo sich viele Familien und Teenager (Schüler in der Mittagspause?) herumtrieben, bestellte ich einen Hot-Dog. Diesmal ohne Majonaise, aber naja, Junk-Food bleibt Junk.
Ich vertrödelte den Rest des Nachmittags im Hotelzimmer und im Internet. Wunderte mich erneut, wie viel Blödsinn der olle Orange den ganzen Tag erzählt, wie er sich völlig daneben benimmt und alle nur zuschauen. Wenn Mary Anne MacLeod noch leben würde, müsste sie ihn jeden Tag anrufen und mit der Stimme von Howards Mutter (aus «the Big Bang Theorie») die Leviten lesen.
Abends ass ich im Hotel, was ich ein wenig bereute. Es war zwar nicht teuer und das Essen war ok. Aber es zog von der Klimaanlage und die Bedienung war zwar nett, aber mit (zu) vielen Wartezeiten verbunden. Dass es nur Standard-Biere gab, war auch ok, dann halt mal nur Wasser.
So, nun geht es also am Freitag zurück nach Montreal. Leider streiken die Angestellten des öffentlichen Verkehrs und es fahren nur zu Stosszeiten Busse und Metro. Doof, denn ich wollte möglichst mit dem ÖV unterwegs sein. Gibt es halt zu Fuss-Erkundungen oder Taxis.
Auf Wiederlesen… oder so.