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Zum Frühstück gab es ein kleines Käsesandwich und mehrere Kaffee aus der DeLonghi Espressomaschine, um Welten besser als Keurig.
Erst kurz nach 10 Uhr machte ich mich auf den Weg. Vom Hotelparkplatz die Strasse dreihundert Meter ostwärts und dann den Blinker stellen.
Was mir hier in Quebec auffällt, sind die vielen Linksabbiege-Verbote bei Rot. Das ist sonst in Nordamerika ja praktisch überall erlaubt, heikle Kreuzungen mal ausgenommen.
Kurz nach der Kreuzung sah ich ein (sehr) junges Paar, das Autostop machte. Erstens drehten sie sich erst gerade um, als ich praktisch auf ihrer Höhe war und zweitens habe ich den Wagen ziemlich breit belegt und hätte erst Platz machen müssen.
Die weitere Fahrt führte mich auf der Strasse 299 durch den «Parc national de la Gaspésie». Die Strasse ist in unterschiedlichem Zustand, meistens mit 90 Kilometer die Stunde befahrbar. Sie steigt langsam an und ist um diese Jahreszeit sehr wenig befahren.
Etwa eine Dreiviertelstunde nach der Abfahrt vom Hotel kurz nach der Gîte du Mont-Albert signalisierte ein Wegweiser, die «Chute Sainte-Anne», aber da war ich schon vorbei. Da ich viel zu viel Zeit hatte, kehrte ich kurz um.
Am Parkplatz angekommen, fuhr auch gleich ein weiterer Wagen hin. Aus dem stiegen, tadaa, das Pärchen, welches Autostop gemacht hatten und der Fahrer, ein Mann mittleren Alters. Sie beugten sich über Karten und gingen schon los, während ich noch meine Trekking-Schuhe aus dem Kofferraum holte und anzog.
Bei den Wasserfällen – naja, spektakulär sind die allenfalls im Frühling bei viel Schmelzwasser – mache ich nur einen kurzen Fotohalt, die drei Leute kamen mir auch schon entgegen.
Ich ging auch zurück zur Abzweigung und überlegte, was ich tun sollte. Ob es weiter oben noch einen grösseren Wasserfall gibt? Oder sonst etwas interessantes? Naja, ein paar Schritte tun sicher gut.
Bei der «Passerelle aux eaux-vives» sah ich dann die jungen Leute wieder ihre Karten studieren, sie waren wohl auf einem der weiteren Wege vorbereitet, denn sie trugen doch recht grosse Rücksäcke.
Ich beschloss auf der anderen Seite ein paar hundert Meter hinunter zu gehen, da dort etwas von einer Lachs-Treppe beschrieben war. Unterwegs sah ich im Dreck Fussabdrücke. Nein, nicht von Nike, Lowa oder Mammut, nein, von einem schwereren Tier. Und kurze Zeit später sah ich den Mann mittleren Alters, der mit seiner Spiegelreflex-Kamera Fotos schoss.
Ich hustete etwas lauter, um ihn nicht zu erschrecken, was natürlich nicht ganz gelang. Wir kamen dann ins Gespräch und er erzählte mir, dass die Spur von einem jungen «Orignal» gewesen sei. Meinen fragenden Blick ergänzte er mit «Moose», ah, Elch, ich hatte es mir beinahe gedacht, also wegen der Spur, nicht wegen dem Ausdruck. «Orignal» ist franko-kanadisch.
Er erklärte mir, dass es in diesen Wäldern viele Elche gäbe und er hoffe, einen zu sehen. Er meinte dann, wenn ich Zeit hätte, könnte er mir einen schönen Ort zeigen und ja, ich hatte ja Zeit. Also gingen wir zurück zum Parkplatz und fuhren dann nach rund vierhundert Metern links weg in die Wälder auf einer gut befahrbaren Naturstrasse rund neuneinhalb Kilometer zu einem Parkplatz, von wo man einen Fussweg zum Aussichtspunkt des Mont Ernest-Laforce gehen kann.
Ich nahm eine Flasche Wasser mit und der Mann zog seinen Rucksack an. Dann machten wir uns auf den einfach zu begehenden Weg. Unterwegs plauderten wir viel und er zeigte mir die Wege, welche die Elche nehmen. Man sah Fussspuren, aber auch niedergetrampeltes Gras, wo sich die Tiere schlafen legen.
Leider waren Bauarbeiten am Weg im Gang und die Bauarbeiter fuhren mit ihren grossen, lauten Quads umher. Mein Begleiter meinte, das sei es wohl gewesen mit den Elchen. Eh, es war eine leichte Wanderung und wir gingen trotzdem weiter. Zwischendurch stieg der Weg auch etwas an, so dass wir Beide etwas warm bekamen.
Claude Bouchard, wie sich mein Begleiter später vorstellte, kann nicht mehr auf seinem Beruf arbeiten, da er grössere Probleme mit dem Rücken hat. Nun ist er freischaffend und stellt seine Fotos auf Instagram und Facebook und verdient damit ein kleines Zubrot. Wer ihn findet, ich bin selber ja nicht in Zuckerbergs Universum zu finden.
Dann waren wir auf der hölzernen Aussichtsplattform fast zuoberst auf dem Berg und hatten grandiose Rundsicht auf die Hügellandschaft bzw. Berge rundherum. Es war bis auf unser Gespräch sonst einfach nur still und schön.
Auf dem ganzen Weg zurück sahen wir leider keine Elche, aber ein paar Vögel. Und wir sprachen, soviel mein Sprachschatz zuliess, über das Leben hier, über Kanada und über die Weltpolitik.
Insgesamt dauerte der Trip rund zwei Stunden und 15 Minuten.
Beim Parkplatz unten gaben wir uns die Hand und wir nannten erst dann unsere Namen, aber es geht ja sonst auch ohne.
Es war eine tolle Gelegenheit für mich die Gegend aus berufener Hand kennenzulernen und eine schöne Abwechslung mit Bewegung in der Natur. Il est un gen très sympa, ce Claude!
Bei der Abzweigung, wo sich unsere Wege trennten, stieg er nochmals aus und gab mir noch einmal die Hand, offenbar hatte es ihm auch sehr viel Spass gemacht, den Weg zu teilen.
Mein Weg führte mich nun weiter gen Süden, dem Etappenort entgegen. Bei rund der Hälfte der Strasse 299 sah ich am Horizont die Wolkenwand kommen.
Und so führte der Weg dann kurze Zeit später unter die graue Decke, welche mich wohl die nächsten Tage begleiten könnte.
Es wurde langsam auch dunkler, als ich die Abzweigung auf die Strasse 122, bereits wieder am Meer bzw. Sankt-Lorenz-Golf erreichte. Hier war der Verkehr dann auch wieder recht dicht bis zu meinem Ziel.
Das Hotel sah auf Hotels.com deutlich moderner und schöner aus, als es dann war. Ich will mich nicht beklagen, der Preis ist absolut in Ordnung. Aber keine Touch-Leser für Kreditkarten, sogar von Hand die Nummer der physischen Kreditkarte in den Computer eintöggelen? Mechanische Zimmerschlüssel? Keine Steckdosen auf den Nachttischchen? Und eine KEURIG, gopf! 😂
Das grösste Übel könnte die Meersicht sein, denn die ist hinter der Hauptstrasse und dort brummen nicht nur Autos, das habe ich ja zu Hause auch. Sondern zwischendurch auch LKWs, welche die Retarderbremse hören lassen. 🙄
Ich ging aber erst ins im Hotel gelegene Pub Saint-Joseph (der Name hätte meinem Paps selig gefallen) und genoss dort im leicht zu kühlen und leicht zu dunklen Raum eine Tagessuppe und danach ein Tatar von zweierlei Lachs mit Pommes und Salat. Da es keine gescheiten hellen Biere hatte, gab es halt ein ausgezeichnetes Porter der Microbrasserie Pit Caribou dazu.
Eh, das wär's. Morgen geht es schon wieder in den Norden. Es ist Regen angesagt, so rund 100%. 🤷🏼♂️