EoYUSA2022, Chicago und die Abreise mit dem Empire Builder

29. November 2022 - Lesezeit: 10 Minuten

Sonntag in Chicago

Ich wachte nach etwas wirren Träumen auf und stellte fest, dass es dieses Mal keine Sonne draussen gab. Somit auch keine Lust, extra noch vor Abreise kurz an den See zu gehen oder ähnliches.

Also trödelte ich im Zimmer herum, legte meine Siebensachen heraus, machte mich frisch und nahm das Thera-Band aus dem Gepäck. Wenn ich es ja schon mal nicht vergesse, schadet es ja auch nicht, es zu benutzen. Meine gelegentlichen Rücken-/Schulter-, sowie Ellenbogenschmerzen reduzieren sich so nämlich schon spürbar.

Ich fand auch noch Zeit, mein Blog upzudaten bzw. den Entwurf der Seite zu bearbeiten. Ich beschloss, mein Gepäck dieses mal so zwischen Koffer und Rucksack aufzuteilen, dass ich ersteren im Regelfall nicht benötigen würde. Das macht es im Zug etwas einfacher. Führte jedoch zu einem unhandlicheren und schwereren Rucksack. Immerhin entsorgte ich auch schon die ersten Kleidungsstücke, wie ich das häufiger auf langen Reisen tue, um dann mehr Platz für Mitbringsel auf der Rückreise zu haben.

10:45 Uhr ging ich also bepackt aus der Türe und checkte draussen in der Hilton App bereits elektronisch aus, was einem den Gang zur Reception erspart. In der Lobby drunten war das WLAN dann schon gesperrt, also funktioniert der Prozess. 😉

Das Hotelrestaurant servierte tatsächlich noch Frühstück und so benutzte ich die Gelegenheit für ein paar Pancakes und Kaffee.

Auf einem weissen Teller liegen zwei grosse Pfannkuchen, bestreut mit Puderzucker und garniert mit vier Stückchen Banane. Rechts dahinter steht eine Tasse Kaffee und ein Glas Grapefruit-Saft. Links hinter dem Teller steht das obligate Porzellankännchen mit Sirup

Nach dem Frühstück bestaunte ich noch einmal die reich verzierte und hohe Decke in der Empfangshalle des Hotels. Und den darin aufgestellten, monströsen Christbaum mit unzähligen Kugeln und Lichtern.

Die grosse Eingangshalle des Palmer House Hilton, sicher rund 8-10 Meter hoch. Die Decke ist sehr reichhaltig und farbig mit Malereien ausgeschmückt. Runde Bögen über den Durchgängen. Darunter der sicher fünf Meter hohe, sehr reichhaltig verzierte Christbaum voller farbiger Kugeln und Lichter

Da der Nieselregen aufgehört hatte und ich immer noch massig Zeit bis zur Abfahrt des Zuges hatte, beschloss ich, mir den steilen Abstieg zu der U-Bahnstation (und die 5$ für das Ticket) zu sparen und zu Fuss zur Union Station zu gehen.

Der Eingang des Hotels zur Monroe Street. Viel Glas und Marmor, goldene Schriftzüge. Dazu ein riesiger Adventskranz mit Schleife und vielen farbigen Christbaumkugeln

Nach einer kurzen Verwirrung fand ich recht schnell den Weg zur Union Station. Die Strecke ist recht kurz, rund eine Viertelstunde plus ein wenig Wartezeiten an den Lichtsignalen. Ich holte recht schnell meine Wollmütze aus der Jackentasche, denn es blies der übliche Wind und es war auch kühler als am Vortag.

Weitwinkel Panoramafoto über die Brücke Adams Street Chicago River. Hochhäuser ragen in den grauen Himmel. Die Strasse ist noch nass vom Nieselregeln der Nacht.

Ich fand den Weg zur im Zugang zur grossen Halle gelegenen Metropolitan Lounge der Amtrak dank Recherche am Vorabend sehr schnell und checkte dort beim Angestellten ein.

Das Angebot ist aber relativ bescheiden, man kann sich an Softdrinks bedienen und es stehen Snacks, wie zB Chips und ähnliches herum. Die Bar war leider noch nicht offen, wobei ich mir ja nicht schon kurz nach 12 Uhr schon ein Bier hinter die Binde giessen wollte.

Ich fläzte mich in einen der bequemen Sessel und versuchte die allgegenwärtigen Bildschirme zu ignorieren, wobei hier noch interessantes Zeugs über College Football lief.

Danach wandte ich mich meinem Blog zu und finalisierte meine Seiten. Nach und nach wurden die Züge in den Westen ausgerufen. Der «Texas Eagle» (leider ohne mich), der «California Zephyr» und auch der «Southwest Chief». Und dann kam auch rund 20 Minuten vor Abfahrt die Ansage des «Empire Builder». Ich hatte aufgepasst und die Ansage aufgenommen. Wie der Kollege Ronny meinte: «Arbeitete der vorher als Auktionator». Leider weiss ich nicht, wie ich hier am einfachsten mp3-Files einbette. Aber vielleicht später.

Dann hiess es im Gänsemarsch die Gänge hinunter und dann links weg zum Gleis 30 gehen. Der «Empire Builder» fährt in die andere Richtung weg, wie die übrigen Züge gen Westen bzw. Südwesten, da er zuerst dem See entlang nach oben in Richtung Norden fährt.

Ich dachte, ich sei genügend schlau, um gleich beim erstbesten Schaffner zu fragen und guckte auf die Wagenbezeichnung. Nach dem dritten Wagen mit komischer Anschrift fragte ich dann aber doch. Oha, die Anschriften am Wagen sind offenbar nicht gültig, also doch zwei Wagen zurück und dann dort meinen Schaffner James begrüssen.

Ich schleppte mein Gepäck die enge Treppe hoch und hievte den Koffer auf die seitliche Ablage, wo er nun hoffentlich gut bis Ende der Reise liegen darf.

Das Roomette Nummer 9 im Wagen 730, es liegt zwar auf der Achse aber im Obergeschoss. Man sieht die beiden Fauteuils links und rechts. Auf einem steht bereits mein Reiserucksack. Weisse Kissen zieren die blauen Polster.

Ziemlich genau um die richtige Uhrzeit fuhr der Empire Builder los und verliess die Stadt in Richtung Norden. Die grauen Vorstädte liess er bald liegen und zog mit bis zu 130 Kilometern pro Stunde los.

Schon bald nach Abfahrt zirkulierte die Speisewagen-Chefin und frage nach Reservationen. Ich dachte nicht gross nach und zog die 18:45 Uhr Karte. Da es aber schon bald recht dunkel und ich etwas müde wurde, bereute ich es schon ein wenig.

Als es dann Zeit war, machte ich mich auf, der Speisewagen ist gleich ein Wagen nebenan. Ich war erstaunt, wie wenig los war. Die Tische waren nur für zwei Personen gedeckt. Keine Ahnung, ob das noch eine Massnahme aus dem offiziellen Ende der Pandemie ist oder ob es einfach weniger Gäste in diesem Zug hat. So wurde ich an einen leeren Tisch gesetzt, was nicht unbedingt meiner Vorstellung entsprach. Wollte ich doch gerne Leute kennenlernen und sie volllabern. 😂

Der leere, weiss gedeckte Tisch im Speisewagen. Die Speisekarte liegt bereit. Zur Linken sieht man Blumen in einer Vase.

Die bestellten Speisen kamen auf optisch gut als Porzellan getarnten Plastiktellern, immerhin war das Besteck aus Blech. Da ich so viel Hunger hatte, hatte ich sogar schon eine der drei Crevetten in die Sauce gestippt, bevor ich sie fotografierte. Der Hauptgang war dann eine Pouletbrust auf Risotto mit weissen und grünen Gartenbohnen, gefolgt vom Dessert, einem viel zu süssen Lemon-Cake.

Man merkt, ich bin schon etwas nostalgisch und trauere der guten Zeit hinterher, als man noch richtiges Porzellan hatte, eine gedruckte Speisekarte mit mehreren Seiten und als die Köche im Untergeschoss noch zu Dritt Kartoffeln pellten und Steaks brieten. Heute kommt alles aus dem Steamer, die Karte ist einheitlich und klein über das ganze Land.

Ich machte mich dann auf zum Schlafwagen zurück, wo mir James die Nachtstellung im Abteil herrichtete. Schon bald legte ich mich in das Bett und versuchte, eine optimale Position zu finden. Zuerst musste ich aber die Temperatur ein wenig zurückstellen, denn es war zu warm im Abteil. Danach fiel ich in einen einigermassen akzeptablen Schlaf, einmal schlief ich sogar mindestens vier Stunden durch. Der Gang zur Toilette ist etwas mühsam, da die auf der oberen Etage defekt ist und man jeweils die enge Treppe nach unten nehmen muss, wo es drei weitere Toiletten und eine Dusche hat.

Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.