#ToTheNorth23, ein «nicht so wirklich Willkommen» in British Columbia

20. September 2023 - Lesezeit: 10 Minuten

Fort Nelson

Der «Triple "G" Hideaway Campground gleich neben dem Highway war eigentlich ein kleiner Geheimtipp. Der Preis für einen Full Hookup (Wasser, Strom und Abwasser am Stellplatz) war knapp 50 $ und die Stellplätze waren zwar etwas verwirrlich in zwei Kreisen angeordnet. Aber sie waren grosszügig bemessen und es gab sogar Camping-Tische und Bäume dazwischen.

Die Toilettenanlagen waren soweit sauber, auch wenn eine von drei Duschen ausser Betrieb war. So wie immer, meinte Adi. Die Dusche kostete einen Loonie (1$) für rund 5 Minuten heisses Wasser, was eigentlich ausreichend ist. Meine Mitreisenden stürzten sich sofort unter das heisse Wasser. Ich sparte es mir für den späteren Abend auf.

Wir gingen im Saloon, welcher auch gleichzeitig die Registrierung ist, essen. Die Gerantin und eine Angestellte bedienten die rund 10-15 Gäste an rustikalen Tischen und noch rustikaleren Stühlen. Einige davon waren wohl Bauarbeiter an einer der vielen Baustellen am Highway.

Wir bestellten eine Portion Potatoe Skins als Vorspeise und dann je einen Burger zum Hauptgang. Dazu tranken wir Männer den Vorrat von IPA-Bieren des Restaurants leer.

Ein grosser Humpen Bier mit Krone, daneben die Aludose mit Aufschrift Shipwreck India Pole Ale

Die Burger als Hauptgang waren wirklich sehr gut und natürlich irrwitzig gross, so dass man die Pommes gar nicht alle essen vermochte. Ich gönnte mir einen Cowboy BBQ Burger mit vielen ordentlich würzigen Jalapeños. 🥵

Ein Teller mit einem grossen Burger und Pommes steht auf dem rot/weiss karierten Tischtuch

Fort Nelson – Fort St. John

Die Nacht war etwas beschwerlich, die grosse Portion machte den Schlaf etwas wirr. Ich träumte eine irrwitzige Szene in welcher ein guter Freund vorkam, dessen Apple Device in meiner Liste der Geräte auftauchte und sich aber in Italien aufhielt. Zudem bewegte sich sein Gerät wie irr, bis ich auf die Idee kam, dass er wohl in einem Privatjet sässe und herumfliege. Sorry, Thomas, lag wohl am Mail wegen den Terrinen. 😜🤷🏼‍♂️

Es wurde nicht ganz so kühl, wie erwartet, denn vor dem Schlafen war draussen sternenklar. Dafür röhrten im Morgengrauen die ersten Baumaschinen und LKW aus der Stadt den Highway hoch zum Tagesjob.

Wir liessen den Tag langsam angehen. Ich ging nach dem Frühstück raus, um den fast leeren Platz zu fotografieren. Dabei beobachtete ich einen jungen Mann, der gerade sein Zelt zusammenlegte. 🥶

Der «Triple "G" Hideaway Campground» mit gelb/goldenen Herbstfarben in den Bäumen

Ich fotografierte noch den Eingang zum Saloon, der mich am Abend doch etwas an Überwindung gekostet hatte. Ich bin es nicht gewohnt, an einer Rifle zu ziehen, welche als Türgriff diente. 😬

Hölzernes Gebäude mit Saloon überschrieben. Die Türgriffe des Eingangs bestehen aus zwei alten Gewehren, welche senkrecht montiert sind

Bei den Toiletten traf ich den jungen Mann wieder, der vorher sein Zelt zusammengelegt hatte. Er hatte sein gut beladenes Fahrrad da stehen. Aus «Gwunder» sprach ich ihn an, denn wir hatten auf der ganzen Reise immer wieder Menschen auf Fahrrädern gesehen. Ich frage ihn, wie viele Meilen oder Kilometer er denn damit im Schnitt so mache.

Ich spürte einen leichten Akzent in seiner Antwort und wir einigten uns, doch auf Schweizerdeutsch weiter zu machen. 😂

Leider habe ich seinen Namen nicht erfragt, aber wir hatten ein interessantes Gespräch. Er macht ein halbes Jahr Pause zwischen zwei Jobs und hat sein Fahrrad in Vancouver gekauft. Damit hat er einen Teil der Strecke gemacht, die wir auch unter die Räder genommen hatten. Vancouver Island - Stewart Cassier Highway - Whitehorse. Dann mit dem Kanu nach Dawson City und jetzt ist er auf dem Weg nach Jasper, wo er den Zug nach Vancouver nehmen wird. Anfang Jahr wird er seinen neuen Job in der Schweiz antreten. So rund 100 Kilometer macht er pro Tag. Die Schwarzbären waren seine grössten Gegner, da die teilweise auf der Strasse waren und keinen Platz machten, erst bei herannahenden Autos flohen sie in den Wald. 😬

Danach war mal wieder ein Einkauf angesagt. Wir fuhren erst zur Tanke, danach ging es kurz zu einem Händler, der Propangas verkaufte. Unser grosser, eingebauter Tank war aufgrund der hin und wieder laufenden Heizung auf etwa 35-40% runter und wir wollten nichts riskieren. So füllten wir bis 60% wieder auf, was uns umgerechnet schlappe 26 Franken kostete.
Im Lebensmittelladen, wie auch im Liquor Store kamen wir unerwarteterweise je auf weniger als 100 Canada Dollar. Man merkt, es geht dem Ende der Reise mit dem Motorhome entgegen.

Wir fuhren danach die Strasse südwärts weiter bis zum Buckinghorse River Provincial Park, wo wir gegen 14 Uhr einen Stopp einlegten. Extra für Andi teilten wir uns hier einen Apple Fritter, sorry gell! 😜

Ein Apple Fritter, in Stücke zerteilt, liegt auf einem kleinen Teller auf dem Tisch

Da es leicht tröpfelte und für die Folgetage eher schöneres Wetter versprochen war, fuhren wir danach weiter. Wir wollten uns in der Nähe von Fort St. John an einem der dort liegenden öffentlichen Campgrounds für einen oder zwei Tage verweilen.

Die Strecke zog sich dahin. Die Strasse ist zwar sehr gut ausgebaut und unterhalten, aber auch sehr dicht befahren und man wird auch trotz doppelter Sicherheitslinie oder unübersichtlicher Strasse und beinahe Höchstgeschwindigkeit immer wieder von PW oder gar grossen und schweren Trucks überholt. Zudem war es gegen späteren Nachmittag auch recht verregnet und früh dunkel.

Allerdings ist British Columbia um diese Jahreszeit eine ziemliche Niete, was die öffentlichen Campgrounds angeht. Wie weiter oben im Muncho Lake, sind die hiesigen Plätze meistens (ab Anfang September) geschlossen. Der Buckinghorse River war eine Ausnahme.

Wir landeten mitten in Fort St. John, weil wir dachten, da müsse es doch etwas geben. Allerdings war der ergoogelte Platz nur ein Kinderspielplatz und so fuhren wir danach leicht gestresst wieder ein paar Kilometer zurück zum Charlie Lake, wo wir nun auf einem privaten Campground stehen, der eher lausiges WLAN hat und recht nahe zum lauten und recht stark befahrenen Highway liegt.

Die Stimmung war somit aufgrund der Fahrt und der Lage etwas am Boden. Adi zauberte schnell eine Portion Spaghetti Bolognese auf den Tisch, die aber nicht ganz verzehrt wurde. Rosette ging früh schlafen, während Adi und ich noch eines oder zwei der frisch erstandenen Bierchen verdrückten.

Ich informierte mich über das Weltgeschehen, was auch nicht gerade erbaulich war und las noch eine sehr traurige Nachricht auf Twitter.

Immerhin habe ich ein süsses Foto der vor kurzem neu geborenen Tochter meiner Scrum-Masterin erhalten, so dass die Bilanz doch nicht ganz verhagelt ist. 🥰

Inzwischen schlafen die Mitreisenden, während ich mit langsam erkaltenden Fingern den Beitrag fertig tippe. Morgen ist auch wieder ein Tag, es kann nur besser werden. Man liest sich, bleibt sauber, geniesst jeden Tag, man weiss ja nie!

🍁🇨🇦

Karte der beschriebenen Route

Link auf Google Maps

Kartenausschnitt aus Google Maps

Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.