USAEoY2021, California dreamin'

2. Januar 2022 - Lesezeit: 16 Minuten

War kurz still hier, die Tage vergingen wie im Flug, haha!

Donnerstag, beim Arzt

Der Donnerstag startete früh, ich hatte ja um 8:10 Uhr einen Termin bei den «Physicians Immediate Care» am South Loop.

Ich hatte beschlossen, zu Fuss zu gehen, dauerte etwa zwanzig Minuten. Die Wabash hat viele Unis, aber auch Industriebrachen, die noch ungenutzt sind.

Industriebrache nahe dem South Loop in Chicago

Die Zeit reichte, um sogar noch einen Espresso in den Hals zu schütten. Danach hatte ich ein schlechtes Gewissen, ob da jemand in meinen Rachen gucken wollte? Ich nahm schnell ein Ricola, um wenigstens einen Teil des Geruchs weg zu machen.

Arzt-/Notfallpraxis «Physicians Immediate Care» in Chicago

Aber meine Sorgen waren eher vergebens. Weil erstens hatte ich etwas Knatsch mit meinen Kreditkarten beim Empfang. Die 250 Dollar für die Untersuchung wollte offenbar weder die Miles & More von Swisscard, noch die Revolut begleichen. Ich zog dann entnervt mein Portemonnaie und übergab der Person beim Check-In das in Cash. Erst später sah ich, dass offenbar beide Kartenherausgeber die Kartenzahlung mit «Betrugsversuch» erkannten und die Karten sperrten. Ist ja zum Glück ein einfacher Klick in der App oder eine SMS, um sie wieder zu entsperren.

Danach kam mich Claudia abholen, sie ist wohl eine medizinische Fachassistentin. Sie führte mich in einen separaten Raum, den sie umgehend wieder verliess. Sie führte dann ein Telefon-Interview mit mir. Zum Glück hatte ich ja jetzt eine US-Telefonnummer, welche mir da etliche Kosten ersparte.

Behandlungsraum in der Notfallpraxis

Zum Glück kann man seine Angaben auch im metrischen System angeben. Keine Ahnung, wie gross ich in Füssen, Inches und so wäre. Und mein Gewicht? Naja, das kenne ich selbst nicht. Es ist sowieso zu hoch.

Danach kam sie noch einmal zurück und mass Blutdruck, Puls und Sauerstoffsättigung. Beim Blutdruck gab es noch einen zweiten Test, weil wir beim ersten Messen zusammen gesprochen hatten, das wirkt offenbar bereits blutdrucksteigernd. 😬

Danach wurde in der Nase gebohrt und ein Antigens-Test gemacht. Nach etwa zehn Minuten kam dann kurz eine Ärztin und fragte mich noch nach meinem Befinden. Sie zeigte mir den positiven Antigen-Test (war ja zu erwarten) und die offizielle Bestätigung vom CDC wegen der nun nur noch fünftägigen Isolation. Ich hoffe, das hilft mir dann wirklich bei der Rückreise.

Tja, das war es dann schon. Ich durfte wieder raus an die kalte Luft. A propos kalte Luft, ich meine ich habe ja auch schon viele Obdachlose gesehen, aber bei der Kälte in «the Windy City»? Ich hoffe, die armen Menschen haben jemanden, der ihnen bei Gelegenheit ein warmes Getränk spendiert. Und ich habe nicht nur Zelte gesehen, sondern auch solche, die sich vor einem Hauseingang im Schlafsack zusammengerollt hatten.

Zelte von Obdachlosen in Chicago

Nach der Rückkehr ins Hotel ging ich dann erst mal frugal ins Hotelrestaurant «Lockwood» frühstücken, so mit Eiern und Speck, wie es sich hier gehört.

Rührei, Speck, Kartoffeln, Früchte und Toast, ein Frühstück im Lockwoods im Palmer House Hilton in Chicago

Da nach so einer Mahlzeit Bewegung angesagt ist, ging ich ein wenig die Ohren abfrieren. Der Weitwinkel mit der Kamerahaltung lässt die Gebäude ein wenig einstürzen, aber für einen kurzen Blick ist es ausreichend. Es war wirklich kalt, zugig und grau. Ich hatte die Trecking-Schuhe an, mit den Halbschuhen wären mir wohl die Füsse abgefroren. Schlussendlich kamen am ganzen Tag fast 10 Kilometer zusammen.

Hochhäuser am Chicago River in Downtown

Abends ass ich noch ein wenig Rest der Suppe vom Vortag und ein paar Chips. Ich war fürchterlich nervös, weil ich ja am Freitag in den Westen aufbrechen wollte. Ich hatte in den Tagen mit Kollegen telefoniert und mir die Fahrt mit dem Zug ausreden lassen. Wäre zwar eh nicht der ursprünglich geplante «Texas Eagle» geworden, weil der schon voll war. Aber auch mit dem «Southwest Chief», welchen ich ja schon einmal mit Stephan gefahren hatte, hätte zwei Tage gebraucht.

Ich hatte dann bei AA einen Prämienflug gebucht, welchen ich auch in First mit meinem Meilenstand gut begleichen konnte. Er kostete mich fünf Dollar fünfzig an Gebühren und hatte eine angenehme Abflugszeit um kurz nach 15 Uhr.

Freitag, to California or not?

Ich wachte früh auf und rollte mich noch ein wenig auf dem Bett ein. Sollte ich da wirklich raus? Das Hotelzimmer war schon etwas meine Bärenhöhle geworden, in welcher ich bald überwintern könnte. 🙈

Das meiste hatte ich schon am Donnerstag gepackt. So kurz nach zehn Uhr dreissig fand ich keinen Grund mehr, im Zimmer zu bleiben. Ich machte mich auf zur Reception, um die doch ziemlich gesalzene Rechnung für die Tage im eher hochpreisigen Hotel zu begleichen. Danach ging es raus, zwei kurze Blocks quer und um die Ecke zur Station «Monroe» der «cta Blue Line» nach O'Hare. 

Mein Gepäck vor den vielen Treppen runter zur Haltestelle Monroe der Blue Line zum Flughafen O'Hare

Ich schaffte es, im dritten Anlauf mit dem iPhone das Ticket zu kaufen (genau an den Leser halten) und wartete dann kurze Zeit auf den nächsten Zug. Er war praktisch leer und wurde unterwegs noch leerer. Offenbar ist Freitagmittag am 31.12. nicht so viel los.

Check-In hatte ich schon online gemacht und musste nur mein Gepäck abgeben. Danach ging es durch die, wie immer mühsame Security. Ist zwar alles Routine, aber trotzdem. Schuhe ausziehen, durch den Nacktscanner gehen etc.

Die Zeit bis zum Onboarding vertrieb ich mir mit Lesen und Dösen. Endlich um 14:35 Uhr ging es los. Kurze Zeit später sass ich auf meinem Platz 1C und hatte mich eingerichtet, während durch den Gang noch endlose Horden von weiteren Passagieren standen. Um ca 14:55 Uhr kam dann plötzlich von hinten ein Mann nach vorne und verliess das Flugzeug wieder. Wir staunten etwas, aber nicht lange. 😳

Kurze Zeit später hiess es, dass jemand (offenbar der) einen positiven COVID-19 - Test bekommen hätte und dass das Flugzeug nun nach Schablone F geräumt und desinfiziert werden müsse. 🤪

Also alle wieder raus, knapp vierzig Minuten warten. Und dann wieder rein. Beim Eingang verteilte die Flight Attendant schön allen Passagieren eine kleine Packung eines Handdesinfektionstüchleins. Der Mann auf der gegenüberliegenden Seite war, wie ich etwas erstaunt, als man davon sprach, es fehle noch ein PAX auf 16C. Aber entweder tauchte der noch auf oder man gab nichts mehr drauf nach dem langen Tag. Auf jeden Fall ging es dann erst auf eine endlose «Taxi-Fahrt», bis wir abheben konnten. 

Der Flug war ereignislos, etwas geschüttelt hin und wieder. Das Essen war erstaunlich reichhaltig. Es gab ein Truten-Sandwich mit Laugenbrot, dazu einen Salat und sogar einen kleinen Hummus-Dip, der sehr gut schmeckte. Mein Nachbar soff etwa sechs der kleinen Rum-Fläschchen zu Cola und ich erfror beinahe, weil das Flugzeug so enorm gekühlt war.

Endlich, so gegen 18:45 Uhr ging es mit zwei Aussetzern ans Fingerdock in LAX.

Auf dieser Reise habe ich es nicht so mit dem Gepäck. In der AA-App war Terminal 4, Laufband 1 angegeben. Aber effektiv kam es in Terminal 5, Laufband 4 oder so. Dort wo die Maschine von irgendwo anders angeschrieben war. Es dauerte natürlich auch sehr lange. Aber eben, Warten gehört zum Fliegen. Ich hatte noch ein nettes Gespräch mit dem jüngeren Mann, der über den Gang auf der anderen Seite gesessen hatte. Der gab mir sogar einen Fist-Bump zum Abschied. Ich mag es, hier mit den Leuten ein wenig zu plaudern.

Danach wartete ich draussen wohl noch ne halbe Stunde auf einen Shuttle, bis ich dann endlich im «Courtyard Marriot» am Century Boulevard war. Für ein Nachtessen reichte es nicht mehr. Ich ass sehr stil- und geschmackloses Dreieck-Sandwich mit Poulet, dazu ein paar Chips und trank etwas Wasser. Der Kiosk hätte zwar sogar Firestone & Walker Biere gehabt, aber da ich ja am 1. Januar früh aus den Federn wollte und eine Autofahrt vor mir hatte, liess ich es bei Wasser bleiben. 

Evian im Zimmer, aber man beachte den Preis. Wassermangel in California?

Endlich in California! 🥰

Zum Jahreswechsel lag ich schon in der Heia und freute mich auf den nächsten Tag.

Samstag, Autofahrn!

Ich stellte den Wecker früh, denn ich wollte eigentlich um 8 Uhr bei Avis sein. Und zu Fuss gehen, da nicht weit, rund fünfzehn bis zwanzig Minuten. War latürnich weiter als gedacht, da ja der Zustand der Trottoirs eher übel ist und vor allem landete ich bei der Auto-Abgabestelle. Hirni, ich! 🤦🏼‍♂️

Ich bekam dann eine Fahrt mit einer Angestellten zur nicht allzu weit entfernten Vermietstation spendiert und füllte dann dort auf einem Touch-Screen tausend Dinge aus, die man früher von Hand auch schon ausfüllen musste. Leider habe ich mir noch ein Versicherung aufschwatzen lassen, weil in den Unterlagen von Avis nicht stand, dass die «Third Party Liability» schon drin gewesen wäre. Henu, sind ein paar Dollar mehr auf der Rechnung.

Die Person am Schalter fragte mich dann, ob ich einen Zeugs, oder einen Sachen oder einen Dingens wolle. Ich habe ja eh keine Ahnung und fragte sie, welchen sie empfehlen täte. Sie sagte dann irgendetwas, das nach Auto tönte und teilte mir mit, der Wagen stünde auf «Victor TwentyOne». Draussen stellte ich dann fest, dass noch ein anderer Wagen vorne dran parkiert war. Der wurde auf meinen Wunsch weggestellt und ich belud meinen Göppel. Einen Subaru Forester, der angeblich grau sei. Könnt Ihr selber gucken.

Mein Mietwagen, ein Subaru Forester, in Los Angeles

Ich montierte dann mein GPS und versuchte mich, mit dem Wagen soweit vertraut zu machen, dass ich losfahren konnte. War einigermassen ok, aber ich getraute mich Anfangs noch nicht, den Tempomat zu bedienen, da es da noch viele andere Signete am Lenkrad hatte.

Irgendwann ging es dann und ich staunte, dass mein Lenkrad automatisch die Spur hielt. Tja, Assistenten überall. Ich fuhr zügig nordwärts und hielt Ausschau nach einem Denny's. Ich musste aber bis Mojave warten.

Dort hielt ich dann am bekannten Ort an und genoss mein erstes «Moon over my Hammies», eigentlich mein Standard-Leibgericht bei Ankunft im Westen. 🤤

Dazu einen Kaffee und Apfelsaft (in Ermangelung des Grapefruit-Safts).

Moon over my Hammies, ein Standardgericht bei Denny's, dem ich nicht widerstehen kann

Nachher fuhr ich zügig weiter auf dem Highway 395 in Richtung meines Etappenziels, Lone Pine am Fusse der Sierra Nevada. Die Berge sind nach einem feuchten Dezember tatsächlich teilweise sogar stark mit Schnee bedeckt.

Strassenschild California Highway 395, dahinter die schneebedeckten Berge der Sierra Nevada

Einen Anblick, den ich mir bei meiner Reise im September 2018 geschworen hatte, mal mit Schnee zu sehen. Die Aufnahme von damals werde ich versuchen, Morgen früh zu wiederholen. Hier einmal vorab die Sierras mit dem spiegelnden Owens Lake in der Bildmitte. 😍

Die Gipfelkette der Sierra Nevada im Schneekleid mit dem spiegelnden Owens Lake im Vordergrund

Ein rechter Long-Read dieses mal. Ich werde dann wieder berichten, wenn ich an der Küste bin.
So long and thank's for the Fish! Ich danke für Eure aufmunternden Worte (auf Twitter, oder auch hier). 👍

Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.