Yukon 2019, am Kluane Lake

18. September 2019 - Lesezeit: 9 Minuten

Am Samstag machte ich das Frühstück. Am Vorabend hatte ich einen Poolish vorbereitet und nach dem Frühstück machte ich einen Teig parat, den ich tagsüber in der unbenutzten Microwelle zur Gare stellte. Meine Reisebegleitung hatte ich schon mal mit dem Registrierungszettel zum Stellplatz 11, welcher weiter unten gleich am See des Campgrounds lag, geschickt.

Anschliessend schlug ich vor, dass wir nochmals retour zum Kaff Destruction Bay fahren sollten, damit wir dort ein paar Minuten Telefon- und Online-Zeit nutzen konnten.  😇

Nach dem Telefon mit Fritz, dem Vater der Reisebegleitung, und nach ein paar WhatsApp, iMessage und Tweets ging es wieder zurück.

Blick vom Alaska Highway auf den Kluane Lake

Wir fuhren am Campground vorbei zum oberen Ende des Kluane Lake. Hier oben hat man einen tollen Blick über den See.

Panoramafoto über den oberen Teil des Kluane Lake

Leider war uns der Blick auf die Schneegipfel der St. Eliasgebirge verwehrt. Dicke Wolken dräuten von Süden heran, kamen aber nicht über die Gipfel.

Wolken dräuen über dem St. Elias-Gebirge

Am oberen Ende des Sees befindet sich der der Sheep Mountain. Leider hatte das Visitor Center am Fuss des Berges schon geschlossen. Das fix montierte Fernrohr half uns, neben dem Feldstecher der Reisebegleitung, die Dall-Schafe hoch oben an den Berghängen zu erkennen.

Diese genügsamen Tiere kommen äusserst selten hinab in die Fläche. Sie erhalten durch die Flechten, welche sie zu sich nehmen sowie durch das Ablecken von nassen Felsen meist genügend Wasser, um sich nicht den Raubtieren in den Tälern stellen zu müssen. Trotzdem überlebt ein Drittel der Lämmer das erste Jahr nicht.

Eine Herde Dall-Schafe am Hang des Sheep Mountain

Nachdem wir vermutlich alle Schäfchen gezählt hatten, fuhren wir ein kurzes Stück retour. Dort startet der «Soldier’s Summit Trail». Ein kurzer Weg, gesäumt von vielen Stelltafeln, welche das Geschehen in der Gegend zum Zeitpunkt des Baus des Alaska Highway 1943 erzählten.

Zu dieser Zeit kamen viele der Ureinwohner des Yukons das erste mal in Kontakt mit unserer Form von Zivilisation. War es früher nur einmal im Jahr möglich, Whitehorse in einer langen Reise mit Schlittenhunden für ein Winter-Potlach zu besuchen, so schaffte man das nun im Auto in einem Tag. Die Weissen brachten aber nicht nur neue Technologien, sondern auch Krankheiten wie die Masern, an denen viele Menschen hier erkrankten oder starben.

Spannend war auch, dass rund ein Drittel der von den USA zum Bau der Strasse eingesetzten Soldaten schwarzer Hautfarbe und mehrheitlich aus dem Süden der USA waren. Diese Menschen wurde damals noch offen diskriminiert, durften sich nicht aus den Armeelagern entfernen. Die meisten von ihnen hatten noch nie im Leben vorher Schnee gesehen oder so kalte Temperaturen erlebt. Die Ureinwohner hatten gar kein Wort für «Schwarze» und nannten diese einfach «eine andere Art von Weissen».

Ich war schon mehrmals am Sheep Mountain, hatte aber diesen Trail noch nie gemacht. Man sollte ihn aber auf keinen Fall verpassen. Neben den, teilweise historischen Audio-Mittschnitten, welche man an den Schautafeln auch anhören kann, wird man oben auch mit einem tollen Rundblick über das Tal belohnt.

Blick vom Soldier's Summit

Nachdem wir noch ein wenig die Sonne in den dort aufgestellten roten Stühlen genossen hatten, fuhren wir zurück zum Campground. Hier würde ich mich gerne mal ein ganzes Jahr der Natur und Gegend widmen. 😍

Willkommensschild des «Congdon Creek»-Campground

Leider hatte der Stellplatz 11 einen Nachteil. Der Platz nebendran war von einem Wohnmobil aus Kalifornien belegt, dessen Besitzer einen Generator laufen liess. Wir ärgerten uns gehörig, denn das Ding lief stundenlang. 😡

Ich machte dann ein Bild des Motorhomes, um es ev. ins Blog zu stellen. Ein paar Minuten später erschien der Mann bei mir und wollte wissen, ob ich ein Problem hätte. Ich wollte nicht mit ihm argumentieren, da mein Englisch für Streitgespräche nicht ausreichend munitioniert ist. Ich murmelte nur etwas, dass ich es schade fände, dass man in der Natur draussen einen Generator brauche und er verschwand dann wieder.

Wiederum ein paar Minuten später fragte mich eine Frau vom einem Camper-Van auf der anderen Seite, ob wir uns gestritten hätten. Ich erklärte ihr die Situation und sie meinte, der Typ hätte schon den gestrigen Tag lang seinen Generator an gehabt. Sie fände es auch unnötig und würde sich nun überlegen, zu ihm rüberzugehen, um ihn oder seine Frau zu bitten, das Ding doch abzustellen.

In der Zwischenzeit hatte ich meinen Brotteig aus der Gare genommen und zwei Baguettes gebastelt. Meine Reisebegleitung hantierte mit Bestandteilen eines Kuchens und ich musste für den Backofen hinten anstehen. 😇

Als ich ein paar Minuten später zur Toilette ging, sah ich die Nachbarin  dann zum «Generator-Man» rübergehen. Auf dem Rückweg ging ich zu ihr und wir führten ein nettes Gespräch. Sie meinte, er hätte auf seinem Recht bestanden, ausser Nachts,  einen Generator an zu haben und er sei eher ein grober Mensch, seine Frau hätte aber Verständnis gezeigt.

Während ich mit meinen Baguettes darauf wartete, endlich an den Backofen zu dürfen,  schaltete er dann trotzdem den Generator aus. Ich ging danach zur Camper-Van-Nachbarin rüber und brachte ihr eine Tafel Schokolade zum Dank für die «Verhandlungen». Ich hatte ihr erklärt, dass ich etwas zu feiern hätte und ihr dankbar sei.

Nachdem unsere Steaks gebraten, die Baguettes aus dem Ofen und der Kuchen angeschnitten war, kam unsere Nachbarin nochmals zu uns rüber.

Geburtstagstorte (Quarktorte mit Vollkornmehl und Früchten)

Sie wollte uns zu einem Glas Wein bei ihnen drüben einladen, was wir dankend annehmen. Wir holten unsere warmen Jacken, packten unsere Campingstühle und stellten sie zu ihnen ans Camping-Feuer.

Der Wein mundete und bald entspann sich ein nettes Gespräch mit Corliss und Gordon. Die Beiden sind pensioniert und leben hauptsächlich in Whitehorse. Im Winter auch in Alberta, wo sie eigentlich her stammen. Sie gaben uns viele Tipps rund um den Yukon und wir erfuhren einiges über das Leben hier.

Sie wollten die Schokolade, welche ich gebracht hatte, unbedingt teilen. Nachdem mir Gordon dann sogar noch eine Büchse «Spruce Pale Ale» der Yukon Brewing Company schenkte, revanchierten wir uns mit einer grossen, dunklen Toblerone, welche hier sonst nicht erhältlich ist. 

Als es dann langsam wirklich dunkel und kalt wurde, verabschiedeten wir uns von den Beiden, nicht ohne noch ihre Visitenkarte überreicht zu bekommen, falls wir uns mal melden wollten. So etwas schätze ich wirklich hier drüben, wie schnell und unkompliziert man mit Menschen persönlich in Kontakt kommt.

Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.