EoYUSA2022, Gila Bend – Las Vegas

7. Dezember 2022 Lesezeit: 8 Minuten

Und schon macht sich eine gewisse Bequemlichkeit bemerkbar. Drei Tage nichts geschrieben? Eh, es sind ja Ferien!

Fauler Sonntag in Gila Bend

Die Wetterprognosen waren ja schon am Vorabend nicht berauschend gewesen. Die ganze Nach über regnete es weiter. Zum Glück nicht allzu heftig. In der Wüste, wo es sonst sehr trocken ist, sind ausgedehnte Regenfälle immer heikel, da es schnell zu Überschwemmungen mit Geschiebe kommt, die Strassen blockieren können.

Ich nahm den Gutschein vom Hotel für das Frühstück und machte mich auf den Weg um die Ecke zum «Space Age Restaurant». Ein typischer Diner. Das Personal ist sehr freundlich, die Küche aber reduziert. Das American Breakfast war in Ordnung, die Rösti hätte jetzt noch etwas besser gebraten sein können. Aber ich mochte eh nicht die ganze Portion essen.

American Breakfast. Zwei (grosse!) Rühreier, zwei Stück Speck, kross gebraten. Dazu Rösti, Kaffee und Toast.

Die Space Age Lodge und das Space Age Restaurant, welche zusammengebaut sind. Ursprünglich entstand das Hotel 1965, das Restaurant wurde nach einem Brand 1999 neu erstellt. Die Geschichte in englisch liest sich hier.

Ich finde die Dekoration noch stylisch, aber ich bin ja auch eher ein Trekkie, wenn auch nicht vergiftet. 😉

Die Bar des Restaurants. Die Wand dahinter ist mit einem sehr grossen Porträt der USS Enterprise bemalt. Alles leuchtet ein wenig neonfarbig.

Als ich nach draussen kam, war das Wetter zwar einigermassen trocken, aber bedeckt und die Prognose zeigte wenigstens keine Gewitter mehr für das «Organ Pipe Cactus National Monument».

Vor dem Restaurant, parkierte Autos. Daneben die Strasse. Das grosse Werbeschild für das Hotel mit einem UFA ist sichtbar. Der Himmel ist wolkenverhangen.

Also packte ich meine Siebensachen und stieg in den Wagen. Einen ganzen Sonntag im Zimmer herumhängen war ja auch nicht wirklich sinnvoll.

Die Strecke ist etwas mehr als eine Stunde und führt bis fast an die mexikanische Grenze. Immerhin hiess mich sowohl Swisscom als auch T-Mobile dort willkommen per SMS. 😜

Beim Eingang schwatzte ich ein paar Minuten mit einer Angestellten, welche vor dem Gebäude einen Info-Stand hatte. Sie meinte, dass die Autofahrt in den Park schon möglich sei, aber die Strasse sei nur am Anfang befahrbar, danach würde sie nicht mit meinem Mietwagen weiterfahren. 

Blick auf die wolkenverhangenen Hügel beim Visitor-Center des Organ Pipe Cactus National Monument. Im Vordergrund ein paar Saguaro-Kakteen.

Ich habe den Park schon einmal besucht und wollte nicht bei dem Wetter nochmals reinfahren. Ich ging zum Wagen und holte meine Maske. Im Visitor Center gilt Maskenpflicht. Ich guckte mich um und kaufte ein paar Souvenirs. Danach schwatzte ich noch ein wenig mit der Frau an der Kasse. Wir sprachen über Fussball, namentlich Frauenfussball, da sie Trainerin einer College Mannschaft ist und mein Patenkind ja auch Fussball spielt.

Es hatte einen kleinen Rundweg beim Visitor Center, der einem die schönsten Exemplare von Kakteen gleich vor der Nase präsentiert. Die Früchte dieses Fass-Kaktus wären eigentlich reif gewesen, es war ein wenig verführerisch. Aber ich hätte wohl Schelte bekommen und mir wenn möglich einen Dorn in den Finger gerammt.

Ein länglich runder Fass-Kaktus, wissenschaftlich Ferocactus wislizeni. Er hat dicke, dichte Stacheln. Auf der Oberseite trägt er gelbe, reife Kaktusfrüchte.

Die Cylindropuntia (Cholla) hier haben etwas längere «Ärmchen» als ihre Vettern im Joshua  Tree Nationalpark, ihre Stacheln sind jedoch mindestens gleich gemein. In der englischen Wikipedia bzw. dem Artikel zum Kaktus, findet sich eine Grossaufnahme eines Stachels, der mit Widerhaken bestückt ist.

Ein ganzer Cholla-Kaktus, mit vielen Ärmchen voller Stacheln. Daneben der Gehweg beim Visitor Center.

Auf dem Rückweg machte ich dann noch einen kurzen Halt in Ajo. Dieses verschlafene Städtchen hatte aber am Sonntag alles geschlossen.

Die Geschichte des Ortes ist interessant. Schon sehr früh bauten hier die Ureinwohner Kupfererz ab, um daraus Färbemittel herzustellen. Als dann die Siedler kamen, ging es wieder vergessen, bis 1910 jemand ein Geschäft witterte. Die Mine bestand bis zu einem Arbeitskampf 1985. Sie ist im Tagebau und hinterliess gigantische Schutthaufen.

Die Stadt starb dann praktisch aus, bis eine ehemalige Professorin aus Neuengland im Jahr 2000 hierher zog und eine Gesellschaft gründete. Es liessen sich in der Folge zahlreiche Künstler hier nieder und der Tourismus kam etwas in Schwung.

Der Bahnhof ist seit dem Ende des Kupferbergbaus nicht mehr in Betrieb. Die Strecke von Gila Bend bis Ajo, welche eigentlich mal bis Tucson hätte führen sollen, ist teilweise noch gut sichtbar und es liegen sogar noch Gleise.

Eine schwarzweiss Aufnahme des Bahnhofs von Ajo. Ein lang gestrecktes Gebäude mit einem Arkadengang davor. In der Mitte erhebt sich eine kleine Kuppel. Davor die Strasse und Palmen, welche das Gebäude säumen.

Gegen späten Nachmittag kehrte ich zurück nach Gila Bend und füllte an der Tanke noch einmal randvoll für $ 3.99 die Gallone ein. 

Danach schlich ich noch ein wenig im Dorf herum, schaute die teilweise sehr heruntergekommenen Behausungen an und rekognoszierte das Postbüro, das erst am Montagmorgen um 8 Uhr wieder öffnen würde.

Auf dem Rückweg hoffte ich noch auf Güterzüge, aber beim alten Wasserturm schlich nur ein streunender Hund herum und irgendwo spielte die Musik zu einer mexikanischen Hochzeit.

Eine schwarzweiss Aufnahme des alten, stillgelegten Wasserturms der Eisenbahn.

Nach dem Nachtessen fiel mir ein, das sich die Postkarten ja noch schreiben musste. Wie geht das schon wieder? Papier und Stift und keine Korrekturtaste? Oh Mann, meine Handschrift. 🤦🏼‍♂️

Abreise Gila Bend

Ich stellte den Wecker etwas früher und packte dann fast schon fertig. Ich musste mir wiederum einen Gutschein für ein Frühstück bei der Rezeption holen. Diesmal nicht so üppig!

Kurz nach halb Neun checkte ich aus und fuhr zum Postbüro.

Das einstöckige, kleine Backsteingebäude des Postbüro von Gila Bend. Nach vorne ist eine Hälfte des Gebäudes eine Fensterfront. An der anderen steht der Name und die Postleitzahl in grossen, metallenen Lettern. Die Flagge der USA hängt oben am Mast. Ein Zeichen, dass geöffnet ist.

Als ich ins Gebäude kam, beäugten mich die beiden Angestellten schon neugierig, sie hatten mich beim fotografieren beobachtet. Der Mann am Schalter musste beindruckende Daten eingeben, um die zwei «Briefmarken» zu erstellen. Es waren dann Barcodes, welche er fast nicht auf die Karte brachte. Mit gemeinsamen Kräften unter Zuhilfenahme einer Schere brachten wir sie dann so auf die Karten, dass der Text und die Adresse noch lesbar waren. 👍🏻

Aber er war sichtlich erfreut, mal so einen Spezialfall abwickeln zu können. 

Danach fuhr ich los in Richtung Phoenix. Die Strassen war grösstenteils schnurgerade, aber die Sicht war eher mau. Kurz vor Phoenix hatte es dann sogar mal dichten Nebel, dass ich wie ein Sperber aufpassen musste.

Eine zweispurige Autobahn führt geradeaus in den Nebel. Links und rechts Büsche und Steppe.

Nach Phoenix geht die Strecke fast gerade nach Norden. Das Wetter riss dann langsam auf. Die Strasse war nicht zu stark befahren, so das sich mehrheitlich mit dem Tempomat fahren und die Gegend geniessen konnte. Damit es nicht langweilig wurde, hörte ich mal wieder die alten Alben meiner Jugend vom iPhone über den Autolautsprecher.

Die Strasse führt geradeaus, in der Ferne sieht man einen vorausfahrenden Wagen. Rechts hat es eine metallene Leitplanke. Die Strasse ist gesäumt von Büschen. Der Himmel ist sehr blau mit vielen weissen Wattewolken.

Ich begreife die Leute nicht, die einen Kilometer vor einer angekündigten Überholspur noch bei einer ausgezogenen Sicherheitslinie überholen müssen, obwohl ich doch meistens ein paar Meilen zu schnell fuhr!

In Kingman tankte ich noch einmal, um die günstigen Preise in Arizona auszunutzen. Hier kostete die Gallone, bar bezahlt, nur 3.84$. Dazu noch etwas Wasser und schon wieder ging es weiter.

Alsbald und deutlich früher als ich gedacht hatte, fuhr ich über den «Railroad Pass» und schon sieht man dieses Ungetüm namens Las Vegas in der Wüste liegen.

Blick über das Tal, im Hintergrund sieht man die Hoteltürme und Vororte voller Wohnhäuser von Las Vegas. Dahinter eine Bergkette.

Ich empfinde die Fahrt in eine Grossstadt auch mit Navi immer sehr stressig. Fünf- oder sechsspurige Autobahnen, Ein- und Ausfahrten, dichter Verkehr. Irgendwann erschrak ich, weil es vor mir plötzlich weiss wurde. Ich dachte, ein Auto voraus sei seitlich an eine Betonabsperrung geprallt oder ähnlich. Aber irgend ein lausiger Göppel hatte wohl eine Fehlzündung oder sich verschaltet und eine dichte, halbverbrannte Ölwolke hinterlassen. Igitt.

Natürlich fuhr ich eine Ausfahrt zu früh raus und musste dann ein kleines Stück des Las Vegas Boulevard befahren. Zum Glück war die Einfahrt zum «Treasure Island» gut signalisiert. Eigentlich wollte ich erst das Valet Parking in Anspruch nehmen. Aber irgendwie hatte ich keine Lust, jeweils auf den Wagen zu warten und fuhr deshalb ins Self Parking. Das ging eigentlich ganz gut, es hatte mehr als genug Plätze. Ich hoffe, ich finde den Wagen dann wieder. 😂

Der Weg zu Fuss mit dem ganzen Gepäck zum Hotel war auch nur kurz und eine hilfreiche Person wies mir den verwinkelten Gang zu Reception hinunter. 

Dort hiess es erst mal rund 30 Minuten anstehen. Die in der automatisch versendeten Mail erwähnten Selbstbedienungskiosks gibt es nämlich nirgends zu sehen. Dafür hatte die Receptionistin Freude, dass ich alle Daten schon eingeben hatte.

Dann machte ich mich auf den Weg in den 23. Stock zu meinem Zimmer mit «Strip View». Die Aussicht ist wirklich gut, die nicht so gut gereinigte Scheibe macht sich auf dem Foto fast nicht bemerkbar.

Blick aus dem grossen Fenster des Hotelzimmers. Man sieht im Dämmerlicht die vielen farbigen Neonlichter und Leuchtreklamen der Stadt. Der Himmel ist fast lila, am Horizont noch ein wenig gelb.

Ich suchte mir im Internet ein Sushi-Lokal und wurde im «Wynn» bzw. «Encore» fündig. Ich musste mich im Casino drin zwar herumfragen, bis ich das «Wazuzu» dann endlich fand. Aber das ist ja System, denn man will die Gäste noch ein wenig im Casino binden. Dies in der Hoffnung, dass man etwas Geld liegen lässt.

Da ich noch warten musste, vertrieb ich mir tatsächlich die Wartezeit, bis zu einem freien Tisch an einem Automaten.

Ein länglicher, schmaler Teller mit ach Stückchen einer Sushi-Rolle mit Thun. Schön dekoriert mit ein wenig Kresse. Dazu Ingwer-Scheibchen und ein Klacks Wasabi.

Ich spielte danach noch ein wenig weiter, was ich nicht hätte tun sollen. Denn ich hatte kein Glück bis kurz vor Ende. Aber eben, ich nehme mir ja nur so viel Bargeld mit, wie ich auch verlieren darf. Denn über die Dauer gewinnt immer das Casino. 🤷🏼‍♂️

Etwas frustriert, weil ich mich selber ja kenne, ging ich ins Zimmer zurück und genoss dafür noch ein nettes Bier, das ich mir unterwegs mal gekauft hatte. Dazu gab es Cookies, was der Seele ja auch gut tut.

In Las Vegas

Ich schlief recht lange und gut und trödelte dann wieder bis kurz vor 12 Uhr im Zimmer herum. Das Wetter war frisch und leicht bewölkt.

Ich zog meine Trekkingschuhe an, denn ich wollte ein wenig herumlatschen. Gut so, denn bis gegen späten Nachmittag hatte ich fast zwölftausend Schritte getan. Die Stadt ist riesig, aber wer läuft hier schon. Las Vegas ist voll und ganz motorisiert!

Die beiden Hotels Encore und Wynn mit ihren geschwungenen, goldenen Fassaden. Im Vordergrund eine sehr stark befahrene Kreuzung.

Als ich einen Bahnübergang überquerte, sah ich in der nicht so weiten Ferne die Lichter eines Zuges.

Ich stehe auf dem Bahnübergang einer zweispurigen Eisenbahn. Auf der linken Spur sieht man undeutlich die Konturen eines herannahenden Zugs.

Also stellte ich mich auf die Seite und machte das iPhone parat. Und schon gingen die Schranken und lautem Bimmeln nieder. Natürlich musste noch jeder mit dem Auto schnell durch schlüpfen und dann kam der Zug schon heran gerollt. 

Vier Lokomotiven zogen den Zug mit Containern, aber seht selbst, wenn Ihr wollt. Lautsprecher an, wer gerne die Loks hören will. 🔊

So, das wurde doch wieder ein langer Beitrag.

Bald schon geht es in zwei Etappen an die Küste. Leider sind die Wetterprognosen nicht so gnädig, mal schauen.


EoYUSA2022, Los Angeles – TwentyNine Palm – Gila Bend

4. Dezember 2022 Lesezeit: 20 Minuten

Start Rundreise mit Wagen

Eigentlich hatte ich den Mietwagen auf 8 Uhr reserviert. Und deshalb auch den Wecker so gegen 6:30 Uhr gestellt. So früh stelle ich in den Ferien eigentlich selten bis nie die Wecker. Aber da ich Abends von der Zeitverschiebung her, immer noch recht früh müde werde, passt es und ich kriege mehr als genug Schlaf.

Der Blick aus dem Hotelfenster verhiess nichts aufregendes, der Himmel war kurz nach 7 Uhr noch grau und es nieselte sogar ein wenig. Also plämperlete ich noch ein wenig herum und räumte den Koffer ein. Das Hemd vom Vortag wurde durch einen schwarzen Hoodie von Firestone Walker mit Totenköpfen und Piratenschwertern ersetzt. 😜

Hauptsache bequem. Dann packte ich meine Siebensachen und ging mal in die Lobby auschecken. Beim Ausgang hatte es ein Café. Ich nahm mein Standardfrühstück, wenn verfügbar. Einen Bagel mit Cream Cheese und einen Kaffee.

Auf dem Einwickelpapier liegt ein angebissener, getoasteter Bagel mit Cream Cheese. Daneben die leeren Cream Cheese Döschen.

Danach ging ich zur Autovermietung. Genau, ging… die Alternative wäre ein Umweg mit dem Shuttle zum Flughafen und von dort zur Vermietung oder ein Taxi. Da die AVIS-Autovermietung jedoch nur rund 15-20 Minuten zu Fuss vom Hotel ist, war es ein guter Anfang für den Tag um den Kreislauf ein wenig auf Vordermann zu bringen. 

Das Trottoir war nicht allzu schlecht und es nieselte nur ganz leicht, so dass ich ohne Schirm auskam. Vom Hotel her kommt man erst zur Autoabgabe, die Autovermietung ist dann noch einmal einen halben Kilometer um die Ecke. 

Bei AVIS standen schon etliche Leute an. Ich gucke kurz auf meine App und bemerkte, dass ich als Preferred Kunde offenbar bereits einen Wagen zugewiesen hatte. Ich bin eigentlich schon länger Preferred, das ist einfach eine Registrierung bei AVIS mit Speicherung der Angaben zu Führerausweis etc., nicht mehr. Aber bisher hatte es irgendwie nicht geklappt gehabt mit der Verknüpfung der online Konten. Das konnten wir aber vor einem halben Jahr im Nachgang zu den letzten Ferien fixen.

Also ging ich vor dem Gebäude einen Einweiser fragen. Der sandte mich rüber zu einem eigenen Schalter/Gebäude für die Preferred - Kunden und dort bestätigte man mir, dass ich einfach zum Wagen gehen und damit losfahren könne.

WAS? Keine mehrere Seiten langen Formulare, eine Unterschrift und an vier Ecken noch die Signatur, dass man es gelesen und verstanden hätte? Ich werd wahnsinnig… 🤪

Auf dem Platz K40 stand mein schwarzer Ford Escape im Regen und wartete drauf, dass ich mein Gepäck einlud. Ich machte mich dann etwas ausführlicher mit dem Wagen vertraut, stellte die Spiegel ein und montierte das iPhone, welches mir mit CarPlay und Google Maps für die Navigation dient.

Leider habe ich mein vor rund 10 Jahren beschafftes Garmin Nüvi zu Hause vergessen. Aber das iPhone tut's auch einigermassen. Danach fuhr ich los zum Ausgang, wo der Wagen gescannt wird und jemand noch einmal den Führerausweis kontrolliert. Da hier Latinos und Latinas die Hauptharst der Angestellten ausmacht, war ich nicht überrascht, dass der Mensch nach dem Blick auf den Führerausweis auch über Fussball und die WM sprach. Meinetwegen… 🤷🏼‍♂️

Mein Mietwagen, ein schwarzer Ford Escape im Regen.

Ich fuhr dann aus dem Gelände raus auf die Strasse und Maps brauchte ein wenig, um in die Gänge zu kommen. Danach wies es mich durch das Strassenmeer von Los Angeles und den dichten, aber flüssigen Morgenverkehr aus der Stadt hinaus.

Nach rund drei Stunden Fahrt, die trotz Tempomat halt doch etwas anstrengend ist, im dichten Verkehr, hatte es eine Raststelle entlang der Strasse. Ich fuhr hinaus und vertrat mir kurz die Füsse.

Blick von der Raststätte auf den San Jacinto Peak. Trotz 3'302 Metern über Meer hat es fast zur Hälfte Bäume. Die obere Hälfte des Gipfels ist mit frischem Schnee bedeckt.

Eineinhalb Stunden später bog ich zu meinem Hotel, einem Motel 6, ein. Diese Kette ist für günstige Preise, dünne Wände und ein besonders scheussliches Raumspray bekannt. 😬

Ok, das mit dem Raumspray habe ich jetzt erfunden, ich erinnere mich nicht, ob es in jedem Motel 6 so riecht. Aber das hier, war sehr penetrant. Aber für 107$ war die Unterkunft ok. Der Lüfter im Bad röhrte zwar wie eine Flugzeugturbine, aber das ist auch ein Grund, das Licht schnell wieder auszuschalten.

Da ich sehr früh da war, kaufte ich in einem Shop nebenan noch eine Dose «Barbecue Pringles» (gibt es zum Glück in der CH nicht mehr, das Zeugs macht süchtig und dick) und – oh Wunder – eine kleine Packung frischer Trauben, sowie zwei Flaschen Wasser.

Bei der Rückkehr zum Hotel rief mir eine wildfremde Frau quer über den Parkplatz zu: «I really like your Hoodie!». Etwas, das ich hier noch sympathisch finde. Man gibt wildfremden Leuten ein Kompliment, was hier überhaupt nicht anbiedernd gemeint ist und immer dankend angenommen wird.

In Erinnerung an meinen letzten (oder war es der vorletzte) Aufenthalt hier, wollte ich beim Pizza Hut essen gehen. Aber, oh Weh, der Laden wirkte kahl und leer. Wo früher eine Salatbar war und Leute drinnen sassen und sich zusätzlich viel geriebenen Käse auf die bereits mit viel Käse ausgestatteten Pizzen streuten, standen nur ein paar traurige Stühle und Tische leer herum.

Das schockierte mich schon ein wenig. Aber COVID-19 hat wohl hier noch mehr platt gemacht und auch Essgewohnheiten noch mehr verändert. Ich bestellte mir eine «personal size» Pizza, da die anderen meist deutlich zu gross sind. In meiner Erinnerung war dieser Type Pizza früher aber doch grösser. Naja, viel Hunger hatte ich ja nicht, aber mehr als drei Scheibchen «Peperoni» (so heisst die pikante Salami hier) wären ja auch nicht schlecht gewesen.

Eine kleine, rund 20cm durchmessende, dicke Pizza in der geöffneten Kartonschachtel. Auf einer Seite mit pikanter Salami, auf der anderen Seite mit Gemüse und Schinken. Hätte Hawai'i sein sollen. Daneben steht eine Flasche Wasser.

Ich schlief eigentlich ganz gut, dafür dass das Hotel direkt an einer recht lauten Durchgangsstrasse liegt. 

Twentynine Palms – Joshua Tree N.P. – Gila Bend

Ich stellte den Wecker wiederum früh und trödelte doch herum, bis das erste Tageslicht durch die Vorhänge fiel. Nachdem ich schon fast fertig gepackt hatte, holte ich mir einen Kaffee in der Lobby und wechselte noch ein paar Worte mit der Angestellten. Sie meinte, das Hotel sei bis November recht gut ausgebucht gewesen, aber jetzt werde es wohl ruhig bis Weihnachten. 

Ich sprach sie darauf an, dass es an vielen (allen?) Orten keinen Zimmerservice bei mehrtägigen Aufenthalten mehr gäbe und weshalb das so sei. Sie meinte dann, dass es weniger an den Hotels läge, als an den Reisenden, welche aufgrund der Pandemie lieber kein Personal in den Zimmern hätten. So habe sich das eingebürgert. Dass es wirtschaftlich lohnend ist, muss man nicht explizit erwähnen. Sie meinte, wer einen Service wolle, könne ihn aber gerne bestellen.

Sie nahm noch dankbar meinen Hinweis auf, das sich in anderen Hotels Sticker an den Badezimmerspiegeln gesehen hätte, die das erklären.

Blick vom Hotelzimmer in die bleiche Morgensonne. Palmen säumen das Hotelgelände.

Danach packte ich mein Gepäck wieder in den Wagen und fuhr los.

Beim Eingang zum Joshua Tree Nationalpark klebte ein fettes Schild: «No Cash!», die Angestellte trug eine N95-Maske. Man sieht hier drüben, egal wo, doch deutlich mehr Masken im Alltagsleben, als bei uns.

Wir wechselten ein paar freundliche Worte, während sie mir das Kreditkartengerät herüberreichte, damit ich meinen PIN eingeben konnte. Der Eintritt kostet in der Zwischenzeit schon dreissig Dollar. Auch hier ist die Teuerung sehr stark spürbar. Ich meinte, vor wenigen Jahren noch maximal zwanzig Dollar bezahlt zu haben.

Ich fuhr dann geradewegs durch den Nationalpark. Den Abstecher in Richtung Keys View, wo die besonders schönen, grossen Joshua Trees zu sehen sind, sparte ich mir, angesichts der doch recht langen Etappe nach Gila Bend. Zudem war das Wetter etwas durchzogen und Keys View ist nur bei schönem Wetter sinnvoll.

Unterwegs machte ich zwischendurch kurz halt, um ein Foto zu schiessen. Also so schlecht war das Wetter anfänglich doch nicht. 😉 

Blick von einem Ausstellplatz an der Strasse zurück. Der Himmel ist fahlblau, mit etwas Wolken und Kondensstreifen. Die Hügel sind kahl und trocken.

Interessant, wie in dieser trockenen Einöde, wo es schon lange nicht mehr geregnet hat, doch immer wieder grün zu entdecken gibt und sich sogar Blüten zeigen.

Ein Strauch mit grünen, dicken Blättern hat schöne gelbe Blüten ausgebildet. Wer genau hinschaut, bemerkt eine Biene an den Blüten.

Beim Cholla Cactus Garden musste ich natürlich wieder hinausfahren. Ein Halt hier ist obligatorisch. Auf einer grösseren Fläche findet sich hier die grösste Dichte an diesen speziellen Kakteen.

Sie sehen herzig aus, wie kleine Teddybären, sind aber rechte Arschlöcher. Ok, das müssen sie auch sein, sonst könnten sie hier nicht überleben und sich fortpflanzen. Die einzelnen Kaktus-Triebe können abfallen, zudem sind die Nadeln mit Widerhaken versehen, welche sich tief ins Fleisch bohren können. Wie schnell man sich da durch Unaufmerksamkeit einen Stachel einfangen kann, wissen viele Reisende schmerzhaft zu berichten. 

Ich machte beim Eingang einen Mann und eine junge Frau aus Holland darauf aufmerksam und zeigte ihnen die Notbox, welche dort neben dem Warnschild am Boden verankert ist und eine Zange enthält, um sich allenfalls von Kaktusnadeln zu befreien. 😬

Ein Cholla Kaktusstrauch steht relativ alleine im kargen, sandigen Boden. Er hat unzählige kleine Triebe, deren viele Stacheln sie ein wenig pelzig wirken lassen.

Beim Nahe herantreten und zoomen, ist besondere Achtsamkeit geboten, damit man sich nicht irgendwo einen Kaktus einfängt.

Mir gefällt vor allem der fachliche, korrekte Namen des Kaktus: Cylindropuntia

Zoomaufnahme auf einen Trieb mit vielen, gelb-grünen Früchten.

Besonders eindrucksvoll sind die Stämme der Cylindropuntia. Nachdem die Kakteen verdorrt oder abgestorben sind, bleibt zuerst eine dunkelbraune Masse übrig. Wird diese abgetragen, kommen die fein verästelten, wie verwoben wirkenden Stämme hervor. Diese sind sehr stabil und trotzdem leicht. Ein Wunderwerk der Natur.

Ein Stamm des Kaktus, nachdem er abgestorben ist. Der Stamm besteht aus vielen verflochtenen Fasern und hat regelmässige Löcher, ohne dass seine Stabilität gefährdet wäre.

Danach fuhr ich zum Südende des Parks und machte noch kurz ein Foto des typischen Bezeichnungsschilds.

Eine kleine Mauer mit der Aufschrift «Joshua Tree National Park» und dem Wappen/Signet des N.P.S.

Ich fuhr nicht auf den gleich nach dem Park liegenden Interstate 10, sondern durch den Box Canyon Road, auch als Painted Canyon Road nach Mekka, äh Mecca. Der Name ist mir geblieben, weil ich mal vor Jahren mit einem Fremd-Navi fuhr, das mich partout nicht durch den Joshua Tree lotsen wollte. Da mir der Name des Ortes geblieben war, konnte ich es als Etappe eingeben und von dort wusste ich wie weiter. 😂

Nach einem kleinen Subway-Sandwich, welches ich wie ein Redneck im Auto verzehrte, fuhr ich auf der östlichen Seite des Salton Seas nach Süden. Diese Strecke kannte ich noch nicht. Sie ist empfehlenswert für Bahn-Nerds, denn eine Güterzugslinie führt entlang der Strasse und man sieht dort täglich viele, sehr lange Güterzüge.

Der Salton Sea, der heute noch über 1'000 Quadratkilometer aufweist und der grösste See Kaliforniens ist, ist nicht natürlich entstanden, sondern durch einen Unfall. 1905 brach ein Damm des Colorado Rivers und überflutete rund zwei Jahre diese trockene Senke und schuf den See. Ich empfehle den verlinkten Wikipedia-Artikel.

ich fuhr dann längere Zeit auf eher schmalen Strasse durch das sehr stark landwirtschaftlich genutzte Land gen Süden, bis ich auf den Interstate 8 einbog.

Das Wetter wurde dann schnell schlechter und es setzte sogar Regen ein. Interstate fahren, ist nun wirklich kein Spass, zum Glück habe ich gute Musik und der Verkehr war einigermassen vernünftig.

Sobald ich die Staatengrenze nach Arizona bei Yuma überschritten hatte, sah ich mich nach Benzin um. In Arizona sind die Tarife deutlich besser. In Kalifornien sah ich zum Zeitpunkt der Reise Preise ab US$ 4.50 aufwärts.

Irrtümlich landete ich bei der ersten Ausfahrt bei Chevron, die irgendwie besonders wertvollen Saft bereithalten. Die wollten für das günstigste Benzin 4.99 $ die Gallone. Ein paar Meilen später tankte ich dann bei Shell für 3.99 $ und konnte mit einem Fünfziger grad den Tank, der auf einem Drittel stand, mit 12.5 Gallonen voll machen.

Und dann kam endlich die Ausfahrt 115 zur Pima Street, an welcher mein Etappenziel, die Best Western «Space Age Lodge» liegt. Bei leichtem Regen checkte ich hier für zwei Tage ein und brachte dann mein Gepäck zum Zimmer 106.

Blick auf das im nächtlichen Licht liegende Hotelgebäude mit dem markanten Aufsatz, der wie ein UFO aussieht. Das Licht spiegelt sich in den Pfützen auf dem Parkplatz, wo mehrere Autos parkiert sind.

zu Fuss überquerte ich danach die vierspurige Strasse mit Mittel-Spur zum schräg vis-à-vis liegenden Restaurant «Little Italy». Das lebt von der lokalen Kundschaft, den Touristen und denen die gehört haben, dass es hier eine «Meat Lovers Pizza» gäbe, welche vom Duke of Sussex anlässlich seines Militärtrainings in der nahen Air Force Base mal bestellt und gelobt wurde. 😂

Ich wusste, dass die Pizza eh zu gross würde. Als Ausgleich für den eher kalorienreichen, einseitigen Food, den ich mir bisher angetan hatte, bestellte ich zuerst einen kleinen Salat. Und dann halt die «Garden Pizza», in der Annahme, das sein wenig Gemüse nicht schaden kann.

Dazu bestellte ich ein Glas Merlot (7$) und ein San Pellegrino. Das Glas Merlot war natürlich randhoch voll, sicher eineinhalb Deziliter.

Der Boden der Pizza ist recht gut. Aber dass sie den ganzen Gemüsegarten auf die Pizza geschnippelt hatten, war für mich eher unerwünscht, aber eigentlich vorhersehbar. Hier ist ja alles erst gut, wenn es im Überfluss ist. Schade, die Hälfte hätte auch gereicht. Also des Belags, aber so auch der ganzen Pizza.

Eine etwas mehr als tellergrosse Pizza auf einem Blech, das auf einem Ständer auf dem Tisch steht. Die Pizza ist sehr, sehr reichhaltig mit Paprikas, Oliven, Pilzen und Zwiebeln belegt.

Mit viel zu vollem Magen liege ich nun halb auf dem Bett und tippe diesen Beitrag, während hinter dem Hotel in regelmässigen Abständen schwere und lange Güterzüge vorbeikeuchen. 🥰

Was ich am Sonntag mache? Das Wetter ist unstabil, es regnet immer noch recht kräftig. Ev. fahre ich doch noch gen Süden, um zu schauen, wie es den richtig grossen Kakteen geht. Auch wenn dabei etwas Sonnenschein schön wäre.

E gueti Zyt, bis später! 🙋🏼‍♂️


EoYUSA2022, Seattle nach Los Angeles

2. Dezember 2022 Lesezeit: 12 Minuten

Abreise Seattle

Der Abflug nach Los Angeles war um 11:40 Uhr geplant. Das Check-In hatte ich schon am Vorabend in der App von American Airlines gemacht. Da es hiess, man solle zwei Stunden vorher am Flughafen sein und nachdem ich schon von teilweise chaotischen Situationen gelesen hatte, nahm ich es ernst und kalkulierte auch noch genügend Zeit für die Anreise ein. Also ging der Wecker um 6:30 Uhr und schon 7:45 Uhr stand ich vor dem Hotel und schaute in den kühlen, grauen Morgen.

Die Trottoirs waren mit einem grünen Salzgranulat bedeckt, was mich soweit beruhigte, als die Wege ziemlich steil nach unten gehen. Ich hatte keine Lust, mich da zu Boden legen zu müssen. 🤪

Ein letzter Blick aus dem grossen Hotelzimmerfenster auf die Stadt bei grauem Himmel

Den Billettautomaten kannte ich ja schon vom Vortag, also hatte ich schnell die 3 $ Obolus entrichtet und war mit dem Lift unterwegs zum Perron. Dort hatte ich nicht mal richtig Zeit mich umzusehen, als schon ein Tram der Linie 1 einfuhr.

Ein Billettautomat aus glänzendem Metall steht an der unterirdischen Haltestelle. Der Touch-Screen zeigt noch «ORCA», das Logo des örtlichen Verkehrsverbundes.

Am Schalter bei American Airlines, wo ich meinen Koffer einchecken wollte, hiess es erst noch warten. Dafür kam ich mit einem kräftig gebauten Mann, der ein paar Jahre jünger als ich schien, ins Gespräch. Er hatte am Vorabend offenbar seinen Flug ins Orange County gecancelt gekriegt und hoffte jetzt auf eine Alternative.

Am Schalter ging es sehr schnell und schon war mein Koffer mit einer roten «Priority» Marke und der Etikette gezettelt unterwegs in die Eingeweide des Flughafens.

Die Security war auch noch nicht so wirklich ausgelastet und obwohl mein Hand-Gepäck noch separat durchsucht wurde (Der Kindle in Dokumententasche und Fläschchen Desinfektionsmittel erweckten Aufmerksamkeit), stand ich kurz nach 9 Uhr schon in der grossen Abflughalle.

Ich organisierte mir einen doppelten Espresso (und nein, die Revolut-Kreditkarte wurde auch hier nirgends akzeptiert) und setzte mich ein wenig hin.

Blick durch die Glasfront mit Metallsegmenten, die eine Art Gitter formen. Dahinter blauer Himmel mit Wolken. Ein Flugzeug hebt eben von der Piste ab. Die Leute im Vordergrund trinken und essen

Ich hörte mir den von Kollege Fime empfohlenen Podcast von John Gruber an und so ging die Zeit doch schnell herum. Danach verschob ich zum Gate D 10, wo unser Flugzeug alsbald ankam und eine Ladung Passagiere ausspieh.

Ich entdeckte den Mann vom Check-In-Schalter wieder. Er erklärte mir, dass er Standby gebucht sei und hoffe, da in den Flieger rein zu kommen. Tatsächlich wurde er ein paar Minuten später aufgerufen und bekam seine Bestätigung.

Wir unterhielten uns angeregt und kamen auf das Thema Missgeschicke beim Fliegen zu sprechen. Ich erzählte ihm, dass ich ja mal einen Tag zu früh in die Ferien geflogen sei und er lachte, während er mir seine Geschichte vom Flitterwochenurlaub erzählte. Auf dem Ticket sei 12 Uhr gestanden und er sei mit seiner Frau um 10 Uhr am Schalter gestanden, nur um zu erfahren, dass der Flug in die Karibik vor 10 Stunden, nachts um 12 Uhr abgeflogen sei. 😳

Weiter erfuhr ich, dass er zwar schon einmal in Europa und auch vier Tage in diesem very beautiful Switzerland gewesen war, aber noch nie in Alaska. Und dass auf seiner Bucketlist noch der Fang eines Marlins stünde. Naja, jedem das seine.

Und schon hiess es boarden. Ich ging als einer der ersten in das Flugzeug, da es mal wieder eng mit dem Bordgepäck werden könnte. Ich hatte zwar nur meinen grossen Rucksack und die Umhängetasche, aber wenn Kreti und Pleti schon alle Ablagen gefüllt haben, ist es trotzdem mühsam. Der Platz 1A war sehr geräumig und ich hatte sowohl Beinfreiheit als auch seitlich genug Platz. Da ich noch Meilen von früheren Flügen mit AA hatte, kostete mich der Flug nur rund 160 Dollar.

Um 11:25 Uhr wurden schon die Türen geschlossen und ich dachte, es ginge jeden Moment los.

Eine Maschine der American Airlines steht parallel zu unserem Flugzeug.

Aber falsch gedacht. Nach kurzer Zeit gab es eine unklare Durchsage, dass etwas nicht gut sei und schon wurde das Gate wieder angedockt und die Türe geöffnet. Ein Techniker erschien und brittelte etwas am Bordcomputer. Oder ähnlich. Auf jeden Fall ging dann irgendwann das Licht und auch die Turbinen aus. Nach rund 10 Minuten zeigten die Reparaturen aber einen Erfolg und alles ging wieder an. Der Techniker verschwand und kurz vor 12 Uhr konnten wir das Dock verlassen.

Diesen Held der Arbeit, der bei 1°C mit Winterstiefeln, Handschuhen und in kurzen Hosen die Flugzeuge einweist, musste ich natürlich fotografieren. Hatte ich mich doch grad vorher mit einer Person auf Mastodon über solche Unsitten unterhalten. 😂

Ein Einweiser steht auf dem Rollfeld. Er trägt eine Jacke mit Kapuze, eine gelbe Warnweste, warme Winterstiefel und kurze Hosen

Der Start ging nach ein paar Kilometern herumrollen und kerosinschwangere Luft einatmen, schnell von statten und wir wurden mit einer schönen Aussicht über die Buchten vor Seattle entschädigt. 

Blick aus dem eben gestarteten Flugzeug über die Bucht vor Seattle. Vorne viele Häuschen und eine grosse Autobahn.

Das Personal war sehr freundlich, auch wenn ich die Dame etwas schlecht verstand, da es sehr laut war und ich immer noch den Podcast hörte. Mann, mehr als 2h aber sehr spannend.

Die Verpflegung war dann etwas, nun ja, unterschiedlich zur gewohnten Art. Immerhin bekommt man in der ersten Klasse etwas. Der Salat war noch ganz fein. Der Dip (das Ding, das wie ein Dessert aussieht) war, eh, merkwürdig aber essbar. Und dass es dazu einen nicht mal schlechten Salami gab, war verwunderlich. Nur wäre der besser in einem knusprigen Brötchen gewesen.

Das Menu in der ersten Klasse. In einer Kartonbox serviert. Ein Schälchen Salat, ein Dip mit Gouda - Käse und abgepackte Cracker, sowie Salami

Die Zeit verging wirklich schnell und als ich mit dem Podcast durch war und auch noch kurz mal die Augen geschlossen hatte, schwenkten wir schon in Richtung Los Angeles ein.

Wir landeten irgendwo weit draussen, wo wir erst in einem Hilfsgebäude zu einem Bus umsteigen mussten, der uns dann ins Terminal 5 brachte. Zu meinem grossen Erstaunen kam auch das Gepäck sehr schnell dort an und mein Koffer kam mit den ersten paar anderen auf das Band.

Ich schnappte ihn mir und ging nach draussen. Aber die Hotelshuttles waren einen Stock höher. Als ich dort dann ankam, musste ich wiederum nur rund 10 Minuten warten und schon ging es los zum gebuchten Hotel Hilton LAX. 

Da ich auch hier online eingecheckt hatte, konnte ich direkt aufs Zimmer.

Blick vom 14. Stock des Hilton Hotels am Flughafen auf die Rollbahn. Viele technische Gebäude. Die Sonne steht schon tief und beleuchtet den Himmel dramatisch

Ich überlegte kurz, ob ich ins benachbarte Marriott in das dortige Steakhouse essen gehen sollte, aber angesichts der Preise verging mir der Appetit.

Das Denny's ist nicht weit und so spazierte ich dort hin. Das Sandwich war ein wenig fettig und der Käse schmeckte mir auch nicht, aber das Fleisch war ok. Und die Pommes sehr reichhaltig, so dass ich ein paar zurückliess.

Dafür gab es hier Firestone Walker vom Zapfhahn. Dass es gleich so ein Humpen werden würde, war mir nicht klar. Aber auch der Krug hatte einen Boden. Cheers! 🍻

Ein grosser Humpen mit perlendem Bier und einer kleinen, eher dünnen Krone.

Auf dem Heimweg fiel mir dann siedend heiss ein, was ich doch zu Hause vergessen hatte. Mein Garmin Nüvi, das mich schon seit Jahren begleitet, liegt immer noch auf dem Nachttischen zu Hause. 🤦🏼‍♂️

Henu, dann navigiere ich halt mit dem iPhone und Google.

Die nächsten paar Tage bin ich also mit dem Mietwagen unterwegs. Stay tuned!


EoYUSA2022, Ankunft des Empire Builder und ein Tag Seattle

1. Dezember 2022 Lesezeit: 20 Minuten

Letzte Nacht im Zug

Ich schlief, trotz schlingerndem Zug recht gut. Wach wurde ich schon vor dem Wecker. Die Landschaft draussen war noch in Grautönen. Wir fuhren durch enge Schluchten und durch die Wälder.

Ich war etwas durcheinander, waren wir jetzt schon in der Pacific Time Zone oder noch in Montana? Ah, da ist ja noch Idaho. Warum auch immer ich das in meinem Kopf weiter zur Mitte hin verorten wollte?

Mein Abteil (Roomette) im Amtrak «Empire Builder». Meine Füsse zeigen in Fahrrichtung nach vorne. Links sieht man das Fenster. Ich bin unter dem Leintuch und mit einem Microfaser-ähnlichen, warmen Decke zugedeckt. Zur Rechten sieht man Hemd und Hose aufgehängt.

Ich wusste, dass der Speisewagen eigentlich eher früh Schluss machen wollte. Nach Plan sollten wir ja auch vor dem Mittagessen in Seattle ankommen. Aber das war ja mit bereits vorhandenen Verspätung, auch unter Reserven gegen Schluss der Reise, nicht mehr aufholbar.

Winterlandschaft in der Nähe von Sandpoint, Idaho. Der Himmel ist am Horizont schwefelgelb. Im Vordergrund viel Schnee und ein paar Büsche und Bäume

Ich machte mich frisch und hörte dann gerade, dass der Speisewagen schon zum letzten Service aufrief. Wir passierten gerade Sandpoint und überquerten den Lake Pend Oreille. 

Der Zug fährt über die Eisenbahnbrücke am Lake Pend Oreille. Man sieht die Brücke mit der andren Spur im Vordergrund, dahinter den See und am Horizont die Landschaft und Berge am Ufer

Ich beeilte mich und zog mich rasch an. Im Speisewagen war ich mal wieder alleine an einem Tisch. Ich wählte den «Signature Amtrak French Toast». In meiner Erinnerung war der früher eher mit Puderzucker. Nun kam er mit Erdbeeren und einer unnötigen und viel zu grossen Portion Schlagrahm. 

Ein Teller mit French Toast, garniert mit Erdbeeren und sehr, sehr viel Schlagrahm. Links daneben, vier Scheiben kross gebratenen Speck

Das erinnert mich nun grad an meine erste Reise mit meinen Eltern in die USA im Jahr 1993, als wir am ersten Morgen in Salt Lake City Frühstück assen und ich eine Belgian Waffle mit Erdbeeren bestellte. Die war doch mit zwei Zentimeter Schlagrahm bedeckt und meine Mutter fragte mich, ob man denn hier Erdbeertorte zum Frühstück ässe.

Der Zug kann dann irgendwann mit fast sieben Stunden Verspätung in Spokane, Washington State an. Dort wird Wasser und Diesel aufgefüllt. Die Aussentemperatur war bei -11°C. Da das Wetter hier aber sonnig war, wagte ich mich nach draussen.

Die vorderen Doppelstockwagen des Empire Builder am schneebedeckten Perron in Spokane. Ein Angestellter mit gelber Warnweste schleppt einen Wasserschlauch zu den Wagen, um sie zu betanken

Ich ging auch ein wenig auf und ab, um den Körper in Bewegung zu bringen. Denn es war nicht nur kalt, sondern es ging auch noch ein wenig Wind und so fror ich trotz dicker Jacke etwas. Natürlich nutzte ich die Zeit auch, um mit dem Bahnpersonal ein wenig zu fachsimpeln.

Zwei Bilder, nebeneinander montiert. Links die alte Burlington Northern Lok und eine neuere Amtrak-Maschine. Rechts Bild, die zwei neueren, eigentlich seit Chicago zum Zug gehörenden Maschinen von Amtrak

Der «Empire Builder» wird in Spokane getrennt. Die letzten zwei oder drei Wagen bleiben und fahren danach weiter nach Portland. Der vordere Zugteil fährt nach Seattle, ohne den Aussichtswagen. 

Die automatische, schneebedeckte Kupplung zwischen den Doppelstockwagen. Die Luft- und Stromleitungen sind bereits von Hand getrennt

Man nutzte die geplante Aufenthaltszeit nicht ganz und fuhr trotzdem mit über sechs Stunden Verspätung aus Spokane auf die letzte Etappe. Da der Zug eigentlich um 11:29 Uhr in Seattle ankommen sollte, hatte ich nicht damit gerechnet, dass der Speisewagen über Mittag offen hätte. Aber zu meinem leichten Erstaunen, hatte man Erbarmen mit uns und servierte nochmals einen Lunch.

Ich bekam dieses Mal wieder eine Tischpartnerin. Die ältere Frau war ebenfalls aus einer Farmerfamilie. Ihr Mann, dessen Grossvater aus Deutschland einwanderte, hatte rund 50 Milchkühe. Wir unterhielten uns also zuerst ein wenig über das Vieh. Ich zeigte ihr auch Bilder von den mir eher bekannten grauen, kleineren Kühen in den Alpen der Zentralschweiz. Sie hatten natürlich eher Swiss Red, also die grösseren vom Schweizer Fleckvieh abstammenden Kühe.

Aber über die Wirtschaft und das Leben kamen wir auch auf Politik zu sprechen. Sonst ja ein heikles Thema, wie ich selbst anmerkte. Aber sie war offen. Sie wähle natürlich die Republikaner, auch wenn sie mit der ollen Nummer 45 nicht viel anfangen kann. Ich versuchte sachte, ein wenig Gegengewicht zu geben. Aber sie meinte, sie verstünde nicht, was all diese Leute, die jetzt in die USA kämen, denn hier wollten. Früher hätten die Leute ja die amerikanische Kultur aufnehmen wollen, aber heutzutage blieben die unter sich. So habe es im Stadtbüro, wo sie ihre Pension anmeldete, ausschliesslich Menschen aus arabischen Staaten (Religionsbezug gelöscht 😬) und die würden jetzt über ihre Pension entscheiden.

Sie denke (wie viele andere Menschen hier), dass immer mehr Geld nach Washington fliesse, dort in den Taschen der Politikern verschwände und nichts ausser schikanösen Vorschriften zurückkämen. Auch verstünde sie nicht, wieso man so viel nach Übersee sende und man dort dann die USA trotzdem hassen täte. 

Ich erzählte ihr dann über die Flüchtlingssituation in Europa und dass es halt besser wäre, den Menschen dort, wo sie herkämen, ein gutes Leben zu ermöglichen. Denn freiwillig flüchte ja niemand von seinem zu Hause ins Ungewisse.

Wir wendeten uns dann dem Gesundheitswesen zu. Sie erzählte mir, dass sie diese Opioid-Krise nicht verstünde. Sie bekäme auch ein Medikament aus dieser Gruppe, nähme es aber nur, wenn sie starke Schmerzen hätte. Die neuen Vorschriften zur Bekämpfung der Sucht führe nun dazu, dass sie nur einen Vorrat für zwei Wochen in der Apotheke bekäme. Bei den Wegen, welche die Leute hier zurücklegen müssen, eine berechtigte Sorge. Ich erzählte ihr zum Ausgleich über den Umgang mit Heroinsucht in der Schweiz, was sie sehr interessant fand. Sie findet es zwar merkwürdig, dass Hanf hier legalisiert wird, bekommt aber auch ein leichtes Präparat verschrieben. 🤷🏼‍♂️

Mein Lunch, ein Angus-Burger mit Pommes Chips, daneben noch ein Teller mit Stew, eher ein Chili. Neben meinem Teller steht ein Glas Ginger Ale mit viel zu viel Eis. Die Frau vis-à-vis isst ebenfalls das Stew mit Reis

Wir verliessen dann den Speisewagen, da der Kellner (aus dem Tibet stammend, wusste, dass es in der Schweiz viele Exil-Tibeter  und -Tibeterinnen hat) und seine Chefin den Laden dichtmachen wollten.

Ein Kurvenbild aus dem Fenster. Man sieht die vier Loks und den Speisewagen in einer sehr scharfen Linkskurve

Ich sehnte langsam das Ende der Reise herbei. Es wurde schnell dunkel, während wir weiter westwärts zuckelten. Endlich erreichten wir die Pazifik-Küste im Dunkel und Regen. Von Everett ging es dann der Küste entlang nach Seattle. Vorbei an vielen hell erleuchteten, stattlichen Häusern mit schönen Inneneinrichtungen. Man wohnt hier offenbar gut.

Kurz nach 18 Uhr trafen wir dann mit einer totalen Verspätung von 6 Stunden und 39 Minuten in der King Street Station von Seattle ein. Ein für mich neuer Rekord. Well done, Amtrak! 😜

Angesichts des schitteren Wetters, ein Sturm sandte seine ersten, kräftigen Schauer über die Stadt, beschloss ich ein Taxi zu nehmen.

Der Fahrer stellte sich als Kameruner heraus und wollte mit mir über Embolo und sein Siegestor für eine seiner beiden Heimaten sprechen. Zum Glück habe ich das ganze ja ein wenig über Nachrichten und Schlagzeilen mitbekommen. Einig waren wir uns, dass die FIFA ein korrupter Drecksladen sei und dass wir deren Präsident am liebsten rauswerfen würden.

Das Check-In im Hotel war schnell hinter mir und schon fuhr ich mit dem schnellen Lift hoch in den 32. Stock zu meinem Zimmer. 

Das Hotelzimmer im 32. Stock des Crown Plaza im Finanzdistrikt in Seattle. Man sieht einen sehr grossen Raum mit einem King-size Bett. Auffallend ist das riesige Fenster zur Stadt hin

Das Versprechen der Reservierung: «King Bed Premium Space Needle View» traf voll zu. Wobei man die Space Needle im Lichtermeer schon etwas suchen musste. 

Blick aus dem Fenster auf das nächtliche Seattle. Man sieht die vielen Lichter der umgebenden Hochhäuser vor dem Nachthimmel

Ich ging dann noch ins Hotelrestaurant auf ein gegrilltes Sandwich mit tollen Pommes und einem etwas merkwürdigen Bier, welches ich dann nicht bezahlen musste.

Und endlich konnte ich in mein grosses, breites Bett sinken und ohne Schütteln und Rütteln schlafen. 👍

Mittwoch in Seattle

Der Wecker war nur zur Bestätigung, ich vorher schon in einen leichten Schlaf gewechselt. Ich kriege ja eher genügend Zeit, da ich früh in die Heia gehe.

Der Himmel war grau, der Sturm trieb immer noch neue Regenwolken vom Meer herein. Ich hielt Ausschau nach der Space Needle und konnte sie mit dem iPhone ganz gut heranzoomen.

Morgendlicher Blick aus dem Fenster. Die Space Needle wurde herangezoomt. Sie ist hinter den Hochhäusern des Finanzdistrikts mit ihren schlanken Säulen und dem markanten, UFO-förmigen Aussichtsdeck sichtbar

Nach einer sehr, sehr langen, heissen Dusche trödelte ich im Zimmer herum. Ich räumte ein wenig das Gepäck um und widmete mich meiner Timeline auf Twitter und Mastodon.

Kurz nach Mittag wagte ich mich dann doch noch heraus und suchte den Weg zur Tramhaltestelle. Sehr einfach, nur die Strasse runter und schon steht man an der Rolltreppe der doch etwas verborgenen, unterirdischen Tramhaltestelle «University Street». Google wollte mich noch durch eine versiffte Querstrasse einen Umweg von rund 400 Metern lotsen, keine Ahnung, was das Ding rechnet. 

Am Automaten wollte natürlich meine «Revolut»-Kreditkarte wieder nicht. Das Ding ist echt nutzlos hier in den USA. Nur gerade bei der Post und der T-Mobile wurde die Karte akzeptiert, überall sonst hiess es Karte unbekannt. Also bezahlte ich die sechs Dollar für das Tagesticket zum Flughafen mit einer der drei anderen Karten, die ich dabei habe.

Die unterirdische Haltestelle University Street. Sie war ursprünglich für Busse konzipiert und wirkt nun mit den zwei Tramgleisen eher überdimensioniert. Es nähert sich gerade ein Tram der Linie 1. Auf dem Perron warten wenige Reisende.

Die Fahrt zum Flughafen dauert rund 40 Minuten, danach geht man noch rund 10-15 Minuten zu Fuss durch die Parkgarage und die Fussgängerbrücke bis zu den Schaltern. Draussen herrschte Schneetreiben bei kräftigem Wind.

Ich wollte nur mal schauen, wie die Anreise funktioniert, Abflug ist ja erst am Donnerstag. Und so konnte ich ein wenig in der Wärme des Trams die Stadt anschauen.

Der Check-In - Schalter von American Airlines im Seattle Tacoma Flughafen. Mit Christbaum und Adventskränzen.

Auf dem Rückweg stieg ich eine Station vor dem Baseballstadion aus. Auf dem Hinweg hatte ich da nämlich eine Filiale von Denny's erspäht.

Und so sass ich nach zehn Minuten Marsch durch die graue Vorstadt in einem «Boot» und liess die Bedienung gar nicht gross zu Wort kommen.

Eine Tasse Kaffee von Denny's in Grossaufnahme, daneben ein Schälchen mit Kaffeerahm. Dahinter, unscharf, das typische weinrote Kunstleder der Sitzbänke.

Zur heissen Tasse erstaunlich trinkbaren Kaffees brachte sie ziemlich rasch ein «Moons over My Hammy™». Erst nach diesem Traditionsgericht fühle ich mich so richtig angekommen in den USA. 😂🥰

Ein Teller auf einer Seite mit Rösti, daneben die zwei Hälften des goldbraun gebratenen Toasts mit einer Füllung aus Schinken, Rührei und Schmelzkäse. Daneben eine Tasse Kaffee und ein Glas Grapefruit-Saft.

Da ich mich etwas unpässlich fühlte, fuhr ich danach umgehend ins Hotel zurück, wo ich nun seit mehreren Stunden an diesem Artikel schrieb und die Bilder dazu bearbeitete.

Auch dieses Mal zweimal, aber ich habe nun herausgefunden, wo es jeweils klemmt. Kommt davon, wenn man am Quellcode herumfummeln muss, um die Javascript-Bildergallerie zu füttern und irgendwo ein «>» oder «<» zu viel reintut. 🤦🏼‍♂️

Warum ich mir das überhaupt antue? Wegen den wenigen, geneigten Lesern? 🤔

Nicht (nur), nein, ich nutze es halt auch gerne, um in Erinnerungen zu stöbern, anderen Menschen tipps zu geben. Denn, wenn die Artikel mal von Google indexiert wurden, sind sie recht einfach abrufbar. Einfach in der Google Suchbox eingeben: «site:urs-mueller.ch [Suchbegriff(e)]»

So, das wars mal wieder. Am Donnerstag geht es in den Süden, nach Los Angeles, dort ist das Wetter zwar auch eher grau, aber es ist doch rund 15 Grad wärmer.

Hebed's guet und bis schpöter.


EoYUSA2022, Unterwegs mit dem Empire Builder

29. November 2022 Lesezeit: 10 Minuten

Tagesbeginn

Die Nacht endete so gegen 6 Uhr, als es langsam etwas heller wurde draussen. Wir fuhren teilweise parallel zu einer gut befahrenen Strasse. Da ich nicht so richtig glaubte, dass die Uhrzeit auf dem Handy stimmte, guckte ich im Internet nach. Nein, alles ok, wir waren immer noch in der selben Zeitzone, wie Chicago.

Mit einem etwas merkwürdigen Traum im Hinterkopf kam ich langsam in die Gänge. Ins Untergeschoss, sich frisch machen. Dann in der doch etwas engen Roomette anziehen.

James war etwas knurrig, als ich ihn zum Betten machen bestellte. Er hätte sonstwas noch zu tun und ob es ok sei, wenn er danach käme. Kein Stress, mir lief ja nichts davon.

Bei Tagesbeginn, bzw. als es langsam heller wurde. Bei Grand Forks, North Dakota, schneebedeckte Wiese, dahinter recken Bäume ihre dürren Äste in den grauen, kalten Winterhimmel.

Der Zug fuhr durch die Landschaft, welche grösstenteils flach und unspektakulär ist.

Blick vom Zug die Strasse in Rugby, North Dakota hinunter. Graue und sandsteinbraune Gebäude, ein paar Fahrzeuge warten vor der geschlossenen Barriere

Später ging ich dann zum Frühstück. Was, keine Bilder? Nun, ich hatte die Gelegenheit, mich zu einem Josh zu setzen. Ein älterer (noch älter als ich) Mann, der auf dem Heimweg vom Besuch seiner Töchter und Enkel in Wisconsin war. Er war Farmer mit Nebenamt Versicherungsvertreter, wobei er letzteres aufgegeben habe. Aber er habe noch ein paar Tiere auf der Farm. Das Farmhaus hätte sein Grossvater gebaut, damals war es so gross, wie jetzt seine Küche. Ich habe mich nicht getraut zu fragen, ob er denn jemand habe, der ihm als Farmer nachfolge.  😬

Es stellte sich dann heraus, dass er noch so rund 200 Mutterkühe habe. Ah, ein kleiner Betrieb! 😜

Wir redeten über alles mögliche, bis ich dann auch aufgegessen hatte und dann liessen wir die Speisewagen-Crew den Dining Car aufräumen. 

Mittag

Wir hatten während der Nacht schon rund 30 Minuten Verspätung eingefahren, bis wir dann kurz vor Minot, North Dakota stehen blieben. Irgend etwas wurde am Zug gemacht, es gab Rangiermanöver von vorne, welche die Wagen etwas zusammenstiessen. Erst nach rund 40 Minuten fuhren wir in den Bahnhof ein.

Das Bahnhofsgebäude in Minot, North Dakota. Der mittlere Teil hat einen Spitzgiebel. Das Gebäude ist aus Backsteinen. Darüber ein blauer Himmel mit Schäfchenwolken.

Eine Gelegenheit, mal die Jacke anzuziehen und sich draussen ein wenig umzusehen.

Blick von meinem Wagen zurück zum Zugschluss. Man sieht die fünf Doppelstockwagen und Leute auf dem Bahnsteig

Wir standen eine Ewigkeit herum, auch andere Fahrgäste waren draussen. Darunter Josh, der mir sagte, das sie irgendwelche Probleme mit den Loks hätten. Tatsächlich waren nicht nur die üblichen zwei Amtrak-Loks vorgespannt, sondern noch eine weitere, neuere Lok und ein älterer Typ von Burlington Northern. Irgendwann schalteten sie noch die gesamte Energieversorgung des Zuges ab, was dann Heizung und Klima, aber auch den Speisewagen betraf.

Das vordere Zugsteil mit vier Lokomotiven unterschiedlicher Bauart, dahinter der Gepäckwagen. Ganz vorne steht die Signalbrücke mit den beiden Ausfahrsignalen.

Irgendwann wurde es mir zu kalt und zugig, draussen war es etwa minus vier Grad Celsius und so ging ich wieder in mein Abteil. Als es dann auch wieder Strom gab, ging ich zum Speisewagen.

Der war auf einer Hälfte schon ordentlich belegt und so wies man mich zur anderen. Dort bekam ich wieder einen einzelnen Tisch und studierte die Karte. Es wurde dann ein «Monte Cristo grilled Sandwich», welches lauwarm serviert wurde. Offenbar hatte die Küche noch nicht wirklich genug Energie. Während das Essen serviert wurde, begann sich auch diese Hälfte des Speisewagens zu füllen und so setzte man mir noch Corleen an den Tisch. Sie war eine ältere Ärztin, eigentlich auch schon pensioniert, aber immer noch aktiv in der Beratung und Qualitätssicherung. 

Zum Glück habe ich ja auch so gewisse Grundkenntnisse und es wurde eine interessante Diskussion über das Gesundheitswesen. Da am Nachbartisch auch ältere, pensionierte Mediziner sassen, die sich in die Diskussion einbrachten, da sie offenbar die Orte von der Corleen sprach, kannten, war es entspannt und ich kam dazu, mein Essen nicht gerade eiskalt werden zu lassen.

Ein gegrilltes Sandwich mit Pommes Chips im Kartonteller. Dahinter ein Becher und eine Dose Bier

Es dauerte und dauerte, bis wir es fast nicht mehr glaubten, zwischendurch viel wieder der Strom aus. Schlussendlich gab die Lok zwei kurze Signale und der Zug setzte sich mit etwas mehr als 4 Stunden Verspätung wieder in Bewegung.

Wir fuhren dann durch Schneeschauer oder Flugschnee der Sonne entgegen.

In Stanley, North Dakota, der halbe Bahnsteig ist sichtbar, dahinter die Kurzzeitparkplätze. Der Himmel ist beinahe gelblich, Schneeschauer trüben das Bild

Die Landschaft hier ist winterlich karg, das Gras eingetrocknet und gelb. Hin und wieder steht ein Getreidesilo mit Gleisanschluss an der Strecke. Dann kamen auch Ölpumpen in Blickweite und in der Ferne sah man durch die Schneeschauer, wie Gas abgefackelt wird.

Ockerfarbene Landschaft, kahl und karg. Wenig vertrocknetes Gras. Weit hinten sieht man das Leuchten des abgefackelten Naturgas

Und als ob wir nicht schon genug Verspätung hätten, blieb der Zug in der Nähe von Culbertson wieder stehen. Offenbar war vor uns auf der Strecke ein Schienenbruch, der erst von Burlington Northern, der Güterzugsgesellschaft, der die Gleise gehören, repariert werden musste.

Und so addierte sich die Verspätung bereits auf etwas mehr als sechs Stunden auf. 😬

Im Speisewagen ass ich spät und wieder alleine. Die Empanada mit Erdbeeren (auf der Karte stand Himbeeren) und dazu ein anständiges Steak, das sogar medium war, auf einem Bett aus Kartoffelstock und mit den obligaten Bohnen.

Den Dessert im Verhältnis zur Kalorienmenge separat. Ein Mousse au Chocolat mit etwa drölfzillionen Kalorien. Ich brachte nicht mal alles runter! 😬

Das Nachtessen in drei aneinandergehängten Bildern. Wie im Text oberhalb beschrieben

Und schon wieder hiess es bettfertig machen, denn ich war müde… vom nichts tun. Und mich über das Blog ärgern, weil es mich zwang, einen Artikel von Grund auf neu zu schreiben. Alles nur, weil ich ungeduldig war und eine Fehlermeldung überhäufte.


EoYUSA2022, Chicago und die Abreise mit dem Empire Builder

29. November 2022 Lesezeit: 10 Minuten

Sonntag in Chicago

Ich wachte nach etwas wirren Träumen auf und stellte fest, dass es dieses Mal keine Sonne draussen gab. Somit auch keine Lust, extra noch vor Abreise kurz an den See zu gehen oder ähnliches.

Also trödelte ich im Zimmer herum, legte meine Siebensachen heraus, machte mich frisch und nahm das Thera-Band aus dem Gepäck. Wenn ich es ja schon mal nicht vergesse, schadet es ja auch nicht, es zu benutzen. Meine gelegentlichen Rücken-/Schulter-, sowie Ellenbogenschmerzen reduzieren sich so nämlich schon spürbar.

Ich fand auch noch Zeit, mein Blog upzudaten bzw. den Entwurf der Seite zu bearbeiten. Ich beschloss, mein Gepäck dieses mal so zwischen Koffer und Rucksack aufzuteilen, dass ich ersteren im Regelfall nicht benötigen würde. Das macht es im Zug etwas einfacher. Führte jedoch zu einem unhandlicheren und schwereren Rucksack. Immerhin entsorgte ich auch schon die ersten Kleidungsstücke, wie ich das häufiger auf langen Reisen tue, um dann mehr Platz für Mitbringsel auf der Rückreise zu haben.

10:45 Uhr ging ich also bepackt aus der Türe und checkte draussen in der Hilton App bereits elektronisch aus, was einem den Gang zur Reception erspart. In der Lobby drunten war das WLAN dann schon gesperrt, also funktioniert der Prozess. 😉

Das Hotelrestaurant servierte tatsächlich noch Frühstück und so benutzte ich die Gelegenheit für ein paar Pancakes und Kaffee.

Auf einem weissen Teller liegen zwei grosse Pfannkuchen, bestreut mit Puderzucker und garniert mit vier Stückchen Banane. Rechts dahinter steht eine Tasse Kaffee und ein Glas Grapefruit-Saft. Links hinter dem Teller steht das obligate Porzellankännchen mit Sirup

Nach dem Frühstück bestaunte ich noch einmal die reich verzierte und hohe Decke in der Empfangshalle des Hotels. Und den darin aufgestellten, monströsen Christbaum mit unzähligen Kugeln und Lichtern.

Die grosse Eingangshalle des Palmer House Hilton, sicher rund 8-10 Meter hoch. Die Decke ist sehr reichhaltig und farbig mit Malereien ausgeschmückt. Runde Bögen über den Durchgängen. Darunter der sicher fünf Meter hohe, sehr reichhaltig verzierte Christbaum voller farbiger Kugeln und Lichter

Da der Nieselregen aufgehört hatte und ich immer noch massig Zeit bis zur Abfahrt des Zuges hatte, beschloss ich, mir den steilen Abstieg zu der U-Bahnstation (und die 5$ für das Ticket) zu sparen und zu Fuss zur Union Station zu gehen.

Der Eingang des Hotels zur Monroe Street. Viel Glas und Marmor, goldene Schriftzüge. Dazu ein riesiger Adventskranz mit Schleife und vielen farbigen Christbaumkugeln

Nach einer kurzen Verwirrung fand ich recht schnell den Weg zur Union Station. Die Strecke ist recht kurz, rund eine Viertelstunde plus ein wenig Wartezeiten an den Lichtsignalen. Ich holte recht schnell meine Wollmütze aus der Jackentasche, denn es blies der übliche Wind und es war auch kühler als am Vortag.

Weitwinkel Panoramafoto über die Brücke Adams Street Chicago River. Hochhäuser ragen in den grauen Himmel. Die Strasse ist noch nass vom Nieselregeln der Nacht.

Ich fand den Weg zur im Zugang zur grossen Halle gelegenen Metropolitan Lounge der Amtrak dank Recherche am Vorabend sehr schnell und checkte dort beim Angestellten ein.

Das Angebot ist aber relativ bescheiden, man kann sich an Softdrinks bedienen und es stehen Snacks, wie zB Chips und ähnliches herum. Die Bar war leider noch nicht offen, wobei ich mir ja nicht schon kurz nach 12 Uhr schon ein Bier hinter die Binde giessen wollte.

Ich fläzte mich in einen der bequemen Sessel und versuchte die allgegenwärtigen Bildschirme zu ignorieren, wobei hier noch interessantes Zeugs über College Football lief.

Danach wandte ich mich meinem Blog zu und finalisierte meine Seiten. Nach und nach wurden die Züge in den Westen ausgerufen. Der «Texas Eagle» (leider ohne mich), der «California Zephyr» und auch der «Southwest Chief». Und dann kam auch rund 20 Minuten vor Abfahrt die Ansage des «Empire Builder». Ich hatte aufgepasst und die Ansage aufgenommen. Wie der Kollege Ronny meinte: «Arbeitete der vorher als Auktionator». Leider weiss ich nicht, wie ich hier am einfachsten mp3-Files einbette. Aber vielleicht später.

Dann hiess es im Gänsemarsch die Gänge hinunter und dann links weg zum Gleis 30 gehen. Der «Empire Builder» fährt in die andere Richtung weg, wie die übrigen Züge gen Westen bzw. Südwesten, da er zuerst dem See entlang nach oben in Richtung Norden fährt.

Ich dachte, ich sei genügend schlau, um gleich beim erstbesten Schaffner zu fragen und guckte auf die Wagenbezeichnung. Nach dem dritten Wagen mit komischer Anschrift fragte ich dann aber doch. Oha, die Anschriften am Wagen sind offenbar nicht gültig, also doch zwei Wagen zurück und dann dort meinen Schaffner James begrüssen.

Ich schleppte mein Gepäck die enge Treppe hoch und hievte den Koffer auf die seitliche Ablage, wo er nun hoffentlich gut bis Ende der Reise liegen darf.

Das Roomette Nummer 9 im Wagen 730, es liegt zwar auf der Achse aber im Obergeschoss. Man sieht die beiden Fauteuils links und rechts. Auf einem steht bereits mein Reiserucksack. Weisse Kissen zieren die blauen Polster.

Ziemlich genau um die richtige Uhrzeit fuhr der Empire Builder los und verliess die Stadt in Richtung Norden. Die grauen Vorstädte liess er bald liegen und zog mit bis zu 130 Kilometern pro Stunde los.

Schon bald nach Abfahrt zirkulierte die Speisewagen-Chefin und frage nach Reservationen. Ich dachte nicht gross nach und zog die 18:45 Uhr Karte. Da es aber schon bald recht dunkel und ich etwas müde wurde, bereute ich es schon ein wenig.

Als es dann Zeit war, machte ich mich auf, der Speisewagen ist gleich ein Wagen nebenan. Ich war erstaunt, wie wenig los war. Die Tische waren nur für zwei Personen gedeckt. Keine Ahnung, ob das noch eine Massnahme aus dem offiziellen Ende der Pandemie ist oder ob es einfach weniger Gäste in diesem Zug hat. So wurde ich an einen leeren Tisch gesetzt, was nicht unbedingt meiner Vorstellung entsprach. Wollte ich doch gerne Leute kennenlernen und sie volllabern. 😂

Der leere, weiss gedeckte Tisch im Speisewagen. Die Speisekarte liegt bereit. Zur Linken sieht man Blumen in einer Vase.

Die bestellten Speisen kamen auf optisch gut als Porzellan getarnten Plastiktellern, immerhin war das Besteck aus Blech. Da ich so viel Hunger hatte, hatte ich sogar schon eine der drei Crevetten in die Sauce gestippt, bevor ich sie fotografierte. Der Hauptgang war dann eine Pouletbrust auf Risotto mit weissen und grünen Gartenbohnen, gefolgt vom Dessert, einem viel zu süssen Lemon-Cake.

Man merkt, ich bin schon etwas nostalgisch und trauere der guten Zeit hinterher, als man noch richtiges Porzellan hatte, eine gedruckte Speisekarte mit mehreren Seiten und als die Köche im Untergeschoss noch zu Dritt Kartoffeln pellten und Steaks brieten. Heute kommt alles aus dem Steamer, die Karte ist einheitlich und klein über das ganze Land.

Ich machte mich dann auf zum Schlafwagen zurück, wo mir James die Nachtstellung im Abteil herrichtete. Schon bald legte ich mich in das Bett und versuchte, eine optimale Position zu finden. Zuerst musste ich aber die Temperatur ein wenig zurückstellen, denn es war zu warm im Abteil. Danach fiel ich in einen einigermassen akzeptablen Schlaf, einmal schlief ich sogar mindestens vier Stunden durch. Der Gang zur Toilette ist etwas mühsam, da die auf der oberen Etage defekt ist und man jeweils die enge Treppe nach unten nehmen muss, wo es drei weitere Toiletten und eine Dusche hat.


Über

Limmattaler Aargauer seit 1996 in Bern lebend. Sich häufig fürchterlich über Nichtigkeiten aufregender Mensch. Glaube manchmal trotzdem noch an das Gute. In der IT arbeitender Bähnler, der hier völlig private Meinungen von sich gibt.