Hedi und Sepp
Am Sonntagabend ging es in der Sendung Input von SRF3 um Gotte und Götti (Taufpaten). Die Sendung gibt es auch als Podcast zum nachhören.
Ich habe dann zurückgedacht, wie das bei uns damals war. Meine grosse Schwester, welche aus der ersten Ehe meines Vaters stammt, hatte einen Götti aus der Linie ihrer Mutter und eine Gotte, die sie nie richtig kennenlernte. Meine jüngere Schwester hatte den jüngeren Bruder meines Vaters als Götti und seine jüngste Schwester (der er selber Götti ist) als Gotte.
Bei mir hiessen sie Hedi und Sepp. Hedi war die Frau von Onkel Hans. Sie war eine kleine Person, mit schwarzen Haaren und blitzenden, schwarzen Augen. Sie rauchte nicht wenig und hatte eine richtig rauhe Stimme. Und sie lachte gerne. Obwohl wir nur rund 8 Kilometer voneinander weg wohnten, sah man sich nicht so viel. Sie hatte ja selber zwei Kinder, meine Cousinen und zudem wohnte der Grossätti, der Vater meines Vaters bei ihnen.
In der kleinen Wohnung war es entsprechend eng, was bei uns zu Hause umgekehrt auch genau so war. Später, so ab rund der dritten Klasse, ging es im Winter manchmal nach Waldshut in den Schwarzwald zum Skifahren. Das war für mich schon fast eine Weltreise. Wir hatten ja selbst kein Auto. Und im engen Wagen, mit dem stets über die anderen Autofahrer fluchenden Grossätti auf dem Beifahrersitz und Onkel Hans am Steuer, wurde es mir doch mindestens einmal auf dem Hin- oder Rückweg schlecht und man musste rechts ranfahren.
Aber auf den Geburstag oder zu Weihnachten sah man sich immer mal wieder und es gab auch ein Geschenk. Natürlich praktisches Zeugs, Etuis für die Schule, Kleidungsstücke etc.
Im gleichen Masse, wie ich selber grösser (und dann langsam breiter) wurde, schien Hedi zu schrumpfen. Das Rauchen hatte sie sich irgendwann abgewöhnt, aber wir kamen uns doch nie wirklich nahe. Später wurde sie nach einem Tumor pflegebedürftig und war danach nicht mehr ansprechbar. Ich schäme mich manchmal, dass ich sie nicht noch besucht hatte, als es noch möglich war.
Sepp hingegen ist ein anderes Kaliber. Er war der Sohn aus erster Ehe unseres «Grossmami» (welche eigentlich nur die Grossmutter meiner älteren Schwester war) und zog früh nach Basel, wo er in der «Schuggerei» arbeitete und die Laufbahnleiter erklomm, bis er irgendwann Leiter des «Lohnhofs» wurde.
Sepp war damals ein grosser, kräftiger Mann und hatte immer einen Spruch auf der Lippe, in der Zwischenzeit auch mit Baasler Dialäggt. Wir besuchten uns eher selten, was an der Distanz lag, aber auch an der nicht so einfachen familiären Situation zwischen ihm und «Grossmami». Seine Geschenke waren eher etwas grosszügiger, was aber wohl einfach an den finanziellen Möglichkeiten lag. Leider riss der Kontakt sehr schnell ab und kam nie mehr in die Gänge. Wenn ich mich nicht täusche, leben er und Erna immer noch irgendwo in Basel und in der Ferienwohnung im Berner Oberland.
Ich beklage mich nicht, wir hatten ja keine grossen Erwartungen an Gotte und Götti. Um so mehr hat es mich gefreut, als mich meine jüngere Schwester seinerzeit anfragte, ob ich Götti ihrer Erstgeborenen werden möchte. Aber das wäre ein Thema für einen anderen Beitrag.
Die Fotos hat mein Vater damals 1972 ohne Blitz aus der Hand im dunklen Restaurant geschossen. Sie wurden später von meinem Schwager aus den Dias gescannt, deshalb die lausige Qualität.
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