Die verflixte Wortwahl in der Presse
Schwule sollen alle drei Monate zum HIV-Test!
So titelte der Tagesanzeiger seinen Artikel der sda vom 12.06.2015.
Worum geht es da überhaupt? Nun eigentlich um nichts Neues! Das BAV hat im März 2015 in seiner Love-Life-Kampagne informiert, dass man sich bei Grippe-Syndromen ausserhalb der eigentlichen Grippe-Saison auf HIV testen lassen solle.
Nun haben ein paar Wissenschaftler vom Unispital Zürich darauf hingewiesen, dass diese Symptome alleine keine gute Indikation sei und man sich bei risikoreichem Sexualverhalten grundsätzlich regelmässig testen lassen solle. An und für sich keine neue Information! Auch, dass in dieser Risikogruppe Schwule eine Mehrheit ausmachen, ist nicht wirklich neu.
Ich habe mir erlaubt, nachzufragen, wer diesen Artikel erstellt habe.
@derbund @Jackobli Diese SDA-Meldung hat Kollege Rehmann publiziert.
— Tages-Anzeiger (@tagesanzeiger) 12. Juni 2015
Die sda hat sich dann kurz darauf verwehrt, für den Titel verantwortlich zu sein.
@hansjaaggi @Jackobli Hinweis: Die sda hat Meldung mit anderem Titel ausgeliefert. Dieser Titel entspricht m.E. nicht Inhalt des Textes.
— Juerg Ruettimann (@JuergRuettimann) 12. Juni 2015
Aber warum titelt der Tagi-Journalist diese sda-Meldung nur so? Andere Medien, wie das Bieler Tagblatt schaffen es auch ohne diskriminierende Titel:
Das @bielertagblatt schafft, was Newsnetz nicht hinbekommt: Die Kernaussage einer SDA-Meldung richtig widerzugeben. http://t.co/JDSG3Voe8G
— ... and behold (@andbhold) 12. Juni 2015
Auch nach direkter Reklamation via Twitter beim Tagi und über die Melde-Funktion im Artikel steht der Artikel auch heute noch mit diesem Titel im Netz.
Zudem versagte die Kommentar-Zensur völlig, gewisse Wortmeldungen, welche ich mir kopiert habe, wurden erst nach Stunden entfernt. Es ist immer wieder erstaunlich, wieviele Menschen (hauptsächlich Männer) abstruseste Vorstellungen über das Sexualverhalten von Schwulen im Normalfall haben (Verwechslung von Homosexualität mit Pädosexualität, Themen wie Cruising und Klappensex).
Ich finde Journalisten sollten sich über die Kraft ihrer Worte besonders im Klaren sein. Auch wenn es sich «nur» um die Publikation eines sda-Artikels handelt.
Mich machen solche Worte besonders wütend, weil auch ich in meinem Bekanntenkreis genügend Schwule kenne, welche wie der eine Leserbriefschreiber, seit Jahren in Beziehungen leben und auch sonst verantwortungsvolle Menschen sind.
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