Ursula von Graffenried oder Alec Wyss?
Nun sind die Gemeinderatswahlen 2016 (Exekutive) der Stadt Bern ja Ende November wie erwartet ohne absolute Mehrheit für eine(n) Nachfolger(in) des aktuellen Stadtpräsidenten, Alexander Tschäppät durch.
Links hat mit insgesamt 4 von 5 Sitzen bekanntlich gesiegt, wobei der Rechte ja auch eher ein Mann der Mitte ist. Das Proporz-Wahlrecht hat hier sehr starke Machtverhältnisse geschaffen.
Und nun steht die zweite Runde der Stadtpräsidiumswahlen an. Zur Wahl stehen, Ladies first, Ursula Wyss (SP) und Alec von Graffenried (GFL). Also eine Linke und ein ziemlich Linker.
Die Bürgerlichen haben sich angesichts der desaströsen Ausgangslage im ersten Wahlgang wie erwartet zurückgezogen und unterstützen alle Kandidierenden, ausser die Wunschkandidatin der SP, Ursula Wyss. Logisch, sie hätten wohl auch einen Papagei unterstützt, wenn er zur Wahl gestanden wäre. Einfach alles nur nicht Ursula Wyss.
Bei den Linken ist die Situation auch klar. Ursula Wyss wurde ja schon vor mehren Jahren als die «natürliche» Nachfolgerin von Tschäppät gehandelt. Dass die GFL der Stadt Bern nun Alec von Graffenried aufstellte und der im ersten Wahlgang sogar mehr Stimmen als Ursula Wyss geholt hat, hat für sehr viel böses Blut im linksgrünen Lager gesorgt.
Nun kommen wir zum Titel des Beitrags… ich muss sagen, dass mich das Begleitgeräusch der anstehenden Wahl im Moment ziemlich nervt.
Da sind einerseits die unzähligen Leserbriefe, welche Ursula Wyss in einer Art und Weise verunglimpfen, dass es einem übel werden könnte. Dass sie «im Zusammenhang mit den durchtriebenen, hinterhältigen Aktivitäten in der Blocherabwahl, noch in bester Erinnerung ist», ist ja grad noch nett. Dass die «Jupe-Trägerin» ja sowieso gewählt sei, kann man noch als Geschlechterneid (die Schreiberin ist eine Frau) durchgehen lassen. Dass sie eine «Salonsozialdemokratin» sei, kann man akzeptieren. Warum die «rote Frau» einen «schlechten ökologischen Fussabdruck» haben soll, verstehe ich nicht. Woher da ein Peter Huber wissen will, dass sie «unzähligen Flugmeilen auf ihrem privaten Konto» haben soll? Warum «Die Persönlichkeit von Wyss einfach zu schwierig, woran sie indessen selber schuld» sein soll?
Alec von Graffenried kommt insgesamt besser weg, ausser dass er ein Mann ist. Das geht ja eigentlich gar nicht. Pure «Misogynie», wenn man einen Mann wählen würde. Zudem wird er ja auch von der SVP empfohlen, deshalb ist man eigentlich ein Sympathisant der SVP, wenn man Alec von Graffenried wählt! Zudem ist der AvG ein Bernburger, «wählt keinen Burger in ein so zentrales Mandat!» (erinnert ein wenig… ach lassen wir's).
Aber zurück zu den Tatsachen, es steht eine Rotgrüne und ein Grünroter zur Wahl. Also Frau gegen Mann?
Beide haben politische Erfahrungen und eine Familie, wissen also wie man mit trötzeligen Kindern (=Parlament und Ämter) umgeht.
Während AvG etwas mehr Exekutiverfahrung hat (Regierungsstatthalter), hat er sich jedoch vor zwei Jahren wegen «zu grosser Belastung aus» dem Nationalrat zurückgezogen. Andererseits hat er Erfahrungen in der Privatwirtschaft und gilt eher als «Vermittler», was als Stadtpräsident sicher eine wertvolle Eigenschaft wäre. Auch wenn 80% der Regierung linksgrün sind, darf man die anderen Bürger der Stadt und die wichtige Beziehung zum Kanton nicht dogmatisch angehen.
Ursula Wyss hingegen hat eine ziemlich akademische Laufbahn hinter sich, was sich ja heute für die meisten SPler so gehört… Aber als Direktorin der Abteilung Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün hat sie nun allerdings schon mehrere Jahre Erfahrung in der Stadtregierung und ist sicher bestens vernetzt. Und sie ist eine Frau, eigentlich wäre es ja mal Zeit für eine Frau…
Wen werde ich nun wählen? Ich weiss es ehrlich noch nicht.
AvG kenne ich gar nicht. Bei UW muss ich meine Lieblingsfeindschaft mit «Bernmobil» vergessen und darf ihre «Velo-BesessenheitAffinität» nicht überbewerten.
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