Meine Sicht auf das Geldspiel

Wie haltet Ihr es so mit dem Geldspiel?

Hier meine «Beichte»…

Ich hatte als Jugendlicher meine erste Begegnungen damit. Mein Vater spielte manchmal (erfolglos) Lotto in der Schweiz und über einen Grenzgänger-Arbeitskollegen in DE. Hin und wieder kaufte er sich ein Los und gewann manchmal den Einsatz zurück, selten auch mal eine Fünzigernote. 

Mir selbst wurde vom Gotti auf einem Ski-Ausflug mal ein Einfränkler zugesteckt, den ich in so einen leuchtenden, blinkenden und dudelnden Kasten einwerfen konnte. Mich faszinierten die Kisten sehr.

Später schwänzten wir manchmal die Religionsstunde und nutzen die Zeit um im «Augarten» in Ennetturgi unser Taschengeld in den Flipperkasten zu investieren. Da stand auch ein «Snapspot»-Geldspielautomat, der bei einem Franken Einsatz einen Maximalgewinn von 20 Franken versprach. 

Geldspielautomat «Snapspot» aus den 1970ern

Während der Lehre hatten wir den kaufmännischen Teil der Ausbildung an der Kanti Freudenberg in der Enge. Und Kollege «Sugi», der damals ein leidenschaftlicher Zocker war, zeigte mir in der grossen Stadt die lautesten und verrauchtesten Spielsalons mit all diesen Arcade-Games. Aber auch mit diesen vielen verheissungsvoll blinkenden Geräten mit klingenden Namen wie «TrioMint», «Barcrest Joker», «Big 20 Joker», «Crazy Joker», «Jolly Joker», «Admiral Take Off», «Admiral Quattro» oder dem «Admiral Super Chip».

Geldspielautomat «Big 20 Joker»

Diese Kisten schluckten je nach Kanton und Aufstellung bis zu 5 Franken pro Spiel, hatten bereits Speicher (um Gewinne nicht sofort auszahlen zu müssen), man konnte mit der «Risiko-Taste» steigern (oder meist verlieren) und via Bonus-Spiele Einzelgewinne bis zu mehreren hundert Franken realisieren.

Aber meist hiess es ja nicht «gewinnen», sondern verlieren. Gewinnen tun ja bei Geldspielen immer nur die Wirte, Casino-Besitzer oder wer auch immer die Geräte aufstellt.

So war das logischerweise auch bei mir. Ich hatte zwar einen guten «Stifti-Lohn» (im ersten Lehrjahr bereits rund 500 Franken) und gab auch meinen Eltern davon Kost und Logis ab, aber bereits damals floss ein signifikanter Teil davon in diese Automaten.

Und so trieb ich mich auch nach der Rekrutenschule, als ich in Uetikon am See, später in Glattbrugg arbeitete und wohnte, regelmässig in den Spielsalons herum. Immer in der Hoffnung auf diese Glückssträhne… immer mit dem schlechten Gewissen und Wissen, dass es eigentlich nur eine Spielrichtung gibt. Immer mit einer gewissen Portion Wut. Nicht auf die Automaten, wie andere Leute, die mal eine Scheibe zerschlugen, sondern immer gegen mich selbst. Dass ich diesen verfluchten Mist nicht sein lassen konnte.

Auch immer mit dem Blick auf das Elend der Anderen. Die alten Frauen, welche einsam vor dem Automaten sassen und Fränkler um Fränkler ihre Rente verdaddelten. Die losen Spielgemeinschaften, bei welchen man Gewinn und Verlust teilte. Meist ohne grosse Worte, den Blick nur auf den Automaten und die Risiko-Taste. Vor sich eine Flasche Cola und immer eine Zigarette im Mundwinkel. Traurige Gestalten, zwischendurch triumphierend, wenn mal ein grösserer Gewinn angezeigt wurde. Aber meist verschwand der Saldo in kurzer Zeit wieder vom Display, während die Knöpfe wieder und wieder gedrückt wurden.

Ich spielte nur in meiner Umgebung, selten fuhr ich mal nach Konstanz, wo es ein Automaten-Casino gleich beim Bahnhof gab. Dort hatte ich mal einen Einzelgewinn von 2'500 DM, allerdings auch erst, nachdem ich rund 700 DM investiert hatte. Danach fuhr ich sofort nach Hause.

Und irgendwann an einem Abend nach einem grauen Wochentag kam ich aus einem Spielsalon in Seebach und realisierte, dass es erst der 20. des Monats war und mein Bankkonto den Saldo Null hatte. 

Zum Glück wurde mir damals die Krankenkasse und die Wohnungsmiete (da Wohnhaus des Arbeitgebers) vom Lohn abgezogen, so dass ich keine grossen aktuellen Zahlungen hatte.

Ich ging (mehr als üblich) deprimiert nach Hause und am nächsten Tag nahm ich einen Block und einen Stift (es gab damals noch keinen PC) und begann mir ein Budget aufzustellen. Ich rechnete mir aus, wieviel nach allen Rückstellungen vom Lohn übrig blieb. Wieviel davon ich künftig sparen wollte und wieviel ich mir für meine Süchte, wie eben das Rauchen und das Spielen, reservieren wollte.

Diese Aufstellung half mir, mich zu disziplinieren. Selbstverständlich stimmte ich damals «Ja» für ein Verbot der Geldspielautomaten im Kanton Zürich. 

Vor allem half mir, dass ich wenige Monate später eine neue Arbeitsstelle in Baden, im Aargau, annahm. Dort gab das Gesetz vor, dass nur in Spielsalons Geldspielautomaten stehen durften und auch da nur zwei Maschinen pro Salon. 

Casinos gab es damals ja nur im Ausland, die Eintrittshürden Distanz, Kleidung und Angst vor dem Kontrollverlust war gross genug, nie dorthin zu fahren. So bekam ich meine Sucht soweit in den Griff, dass ich irgendwann gar nicht mehr spielte.

Heute gibt es vielleicht alle paar Jahre die Gelegenheit, im fernen Ausland (Las Vegas, Macau etc.) gegen Ferienende (sicher ist sicher) einigermassen kontrolliert einen Hunderter zu verspielen. Immer mit einer gehörigen Angst vor einem erneuten Kontrollverlust und entsprechender Vorsicht.

Casino, Las Vegas, Gewinnanzeige
Auszahlungsbeleg Casino Flamingo Las Vegas

Ich gehe davon aus, dass ich in diesen Jahren in meiner Jugend total knapp eine sechsstellige Summe verspielte. Tut weh, wenn man denkt, was man mit diesem Geld gescheiter hätte anstellen können.

Und jetzt ist wohl auch klar, was ich vom «Geldspielgesetz» halte, oder? Naja, das ist etwas kompliziert, deshalb schreibe ich es in einen neuen Beitrag, der bald folgt.

Urs Samstag 05 Mai 2018 - 10:50 am | | default

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